Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (2.v.l), sein französischer Amtskollege Sébastien Lecornu (2.v.r) sowie weitere Ministerinnen und Minister unterzeichnen das Gründungsdokument der Ukraine-Koalition. Foto: Ansgar Haase/dpa

Russland finanziert seinen Krieg gegen die Ukraine mit Geld aus dem Öl- und Gasexport. Deshalb zielt die Ukraine auf Raffinerien und Treibstofflager. Die News im Überblick.

Kiew/Brüssel - Die Ukraine hofft nach Beratungen mit ihren Unterstützern bald auf mehr Flugabwehrwaffen, Artilleriemunition, Drohnen und erste westliche Kampfflugzeuge. Das teilte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow auf Facebook mit.

Zuvor hatten bei der Nato die Partner des von Russland angegriffenen Landes im sogenannten Ramstein-Format beraten. Deutschland wird nach Worten von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zusammen mit Frankreich ein Bündnis anführen, das die Luftverteidigung der Ukraine verbessern soll.

In der Nacht setzte ein ukrainischer Drohnentreffer ein großes Treibstofflager in der grenznahen russischen Region Kursk in Brand, wie russische Behörden mitteilten. Verletzte habe es nicht gegeben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beriet in Kiew mit seiner Führung, wie die Ukraine russische Aufklärungsdrohnen besser bekämpfen könne. Die Ukraine verteidigt sich seit fast zwei Jahren gegen eine russische Invasion. In der kommenden Woche am 24. Februar ist der Jahrestag des Kriegsbeginns.

Warten auf die F-16

Das Ramstein-Format unter Leitung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin tagte in Brüssel vor einem heutigen Treffen der Nato-Verteidigungsminister. Bei der Einführung des US-Kampfjets F-16 in der Ukraine liege man "im Zeitplan", teilte Umjerow ohne nähere Details mit. Derzeit werden ukrainische Piloten und die Bodenmannschaften für das Flugzeug ausgebildet.

Die Niederlande und Dänemark werden Jets an die Ukraine abgeben, die in diesem Jahr dort erwartet werden. Umjerow berichtete auch von einer Allianz zur Lieferung von Drohnen, geführt von Lettland, und einer Allianz für Minenräumung, geführt von Litauen.

Berlin und Paris leiten Allianz für Luftverteidigung

Eine weitere dieser sogenannten Fähigkeitskoalitionen führen Deutschland und Frankreich, und zwar für Luftverteidigung. Pistorius und sein französischer Kollege Sébastien Lecornu unterschrieben in Brüssel die Gründungsdokumente. Das Bündnis soll langfristig eine effiziente Unterstützung für die Ukraine im Bereich der bodengestützten Luftverteidigung sicherstellen.

Nach der Soforthilfe gehe es jetzt um Langzeitfähigkeiten, erklärte Pistorius. Luftverteidigung sei eine Grundvoraussetzung für den Erfolg der ukrainischen Streitkräfte in deren Kampf gegen den russischen Aggressor. Deutschland wird Pistorius zufolge auch eine geplante Koalition für gepanzerte Gefechtsfahrzeuge mitleiten - diesmal nicht an der Seite von Frankreich, sondern an der von Polen. Weiter will Deutschland bei Bündnissen für Artillerie, maritime Sicherheit, Entminung und Drohnen mitmachen.

Ukraine wappnet sich gegen Aufklärungsdrohnen

Drohnen vom Typ Orlan seien "die Augen für die russische Artillerie und Kampfdrohnen", schrieb Selenskyj auf dem Portal X (früher Twitter). Die Ukraine könne solche Drohnen technisch blind machen. Nötig sei aber ein systematischer Ansatz von der Identifikation der feindlichen Drohnen bis zum Einsatz elektronischer Kriegsführung gegen sie und ihrer Vernichtung. Nötig sei eine enge Verbindung zwischen Armee und Rüstungsproduzenten. "Hersteller müssen klar den Bedarf der Front kennen, während die Armee die Produktionskapazitäten in jeder Region kennen sollte", erklärte der Präsident.

Auf dieser Sitzung ging Selenskyj auch in seiner abendlichen Videoansprache ein und richtete den Blick in die Zukunft. Die Technik, die die Ukraine jetzt entwickele, werde sie nach dem Krieg auch exportieren können, sagte er.

Lettland führt Allianz zur Lieferung von Drohnen

Lettland wird eine Allianz zur Lieferung von einer Million Drohnen an die von Russland angegriffene Ukraine anführen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Riga haben sechs Länder des sogenannten Ramstein-Formats - darunter Deutschland - und die Ukraine darüber eine Absichtserklärung unterzeichnet. Damit verpflichten sie sich, Ressourcen in die Drohnenproduktion zu investieren und Drohnen sowie Ersatzteile in die Ukraine zu liefern. Auch sind Tests mit Drohnen und die Ausbildung von Truppen geplant.

"Drohnentechnologien haben die Strategie und Taktik der Kriegsführung erheblich verändert. Auch die Drohnentechnologie spielt im Arsenal der Ukraine eine wichtige Rolle und ist wirksam bei der Aufklärung und Zerstörung des Gegners", wurde Lettlands Verteidigungsminister Andris Spruds in einer Mitteilung zitiert. Zuvor hatte bei der Nato die internationale Kontaktgruppe zur Koordinierung von Waffenhilfen für die Ukraine beraten - das sogenannte Ramstein-Format.

Russisches Treibstofflager in Brand geschossen

Der Brand in dem Treibstofflager bei Kursk setzte die Serie ukrainischer Angriffe auf Anlagen der russischen Öl- und Gasindustrie fort. Mit den Exporteinnahmen finanziert Russland den Krieg. In den vergangenen Wochen waren Anlagen in Ust-Luga und St. Petersburg an der Ostsee sowie Tuapse am Schwarzen Meer getroffen worden. "Wegen des Angriffs einer ukrainischen Drohne ist im Kreis Kursk ein Öllager in Brand geraten", schrieb Gebietsgouverneur Roman Starowoit auf Telegram.

In mehreren Gebieten im Osten der Ukraine wurde in der Nacht wegen drohender russischer Raketenangriffe Luftalarm ausgelöst. Aus der Großstadt Charkiw wurden Explosionen gemeldet. Russische Truppen hatten die Siedlung Welykyj Burluk im Gebiet Charkiw mit umfunktionierten Flugabwehrraketen S-300 beschossen. Dabei wurden nach ukrainischen Behördenangaben zwei Menschen getötet und fünf verletzt. Vier Menschen seien aus Trümmern eines getroffenen Wohnhauses geborgen worden.

Ukrainische Truppen verlieren Hauptversorgungsroute nach Awdijiwka

Nach Geländegewinnen russischer Truppen verloren die ukrainischen Einheiten ihre Hauptversorgungsroute in die halb eingeschlossene Stadt Awdijiwka. "Der Nachschub für Awdijiwka und die Evakuierung aus der Stadt sind erschwert, doch wird jetzt eine rechtzeitig vorbereitete logistische Arterie genutzt", versicherte der für den Frontabschnitt zuständige Sprecher, Dmytro Lychowij, im ukrainischen Fernsehen. Insgesamt sei die Frontlinie stark in Bewegung und einige ukrainische Einheiten hätten sich auf "vorteilhaftere Positionen" zurückziehen müssen. An anderen Stellen seien wiederum russische Einheiten zurückgedrängt worden.

Seit mehreren Tagen berichten ukrainische und russische Militärblogger übereinstimmend von Durchbrüchen russischer Einheiten vor allem nordwestlich der stark zerstörten Stadt. Damit droht der verbliebenen Garnison akut eine Einschließung. Die Versorgung ist nur noch auf Feldwegen über einen etwas mehr als drei Kilometer breiten Korridor möglich. Die Industriestadt Awdijiwka hatte vor dem russischen Einmarsch vor knapp zwei Jahren noch über 30.000 Einwohner. Behördenangaben nach sollen nur noch einige Hundert Zivilisten in den Ruinen ausharren.

Tote und Verletzte nach Beschuss von Belgorod

Beim Beschuss der russischen Großstadt Belgorod nahe der Grenze zur Ukraine sind Behördenangaben zufolge mehrere Menschen ums Leben gekommen. Ersten Erkenntnissen zufolge seien fünf Menschen getötet und 18 weitere verletzt worden, teilte der Belgoroder Gouverneur, Wjatscheslaw Gladkow, auf Telegram mit. Unter den Opfern seien auch Kinder. Der Gouverneur der benachbarten Region Kursk, Roman Starowoit, schrieb zudem: "Die Geschosse sind in einem Einkaufszentrum, in einem Schulstadion und in gewöhnliche Höfe eingeschlagen."

Das russische Verteidigungsministerium machte keine Angaben zu Opfern und Schäden. Die Militärführung berichtete stattdessen über den angeblichen Abschuss von 14 ukrainischen Raketen über dem Gebiet Belgorod. Die Stadt soll durch einen Mehrfachraketenwerfer vom Typ RM-70 beschossen worden sein. Der Versuch eines "Terrorangriffs" auf Objekte in Russland sei "vereitelt" worden, teilte das Ministerium mit. Aus Kiew gab es keine Angaben zu dem Vorfall. 

Russland sieht sich im Krieg gegen den gesammelten Westen

Fast zwei Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sieht sich Moskau nach Worten von Kremlsprecher Dmitri Peskow in einem Krieg mit der gesamten westlichen Welt. Das sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin russischen Agenturberichten zufolge. "Die militärische Spezialoperation hat als Operation gegen die Ukraine begonnen", wurde Peskow zitiert.

"Mit der Zeit hat sie die Form eines Krieges gegen den kollektiven Westen angenommen." Dies bedeute aber auch, dass die militärische Spezialoperation - wie Moskau den Angriffskrieg gegen die Ukraine offiziell nennt - länger dauern werde als erwartet. "Aber es ändert am Lauf der Dinge nichts", sagte Peskow den Angaben nach. Auch Putin deutet seinen Ukraine-Krieg oft als Konflikt, in dem Russland sich gegen die westliche Welt verteidigen müsse.

Pistorius: Münchner Sicherheitskonferenz soll helfen

Die Münchner Sicherheitskonferenz ab kommenden Freitag soll nach dem Willen von Verteidigungsminister Boris Pistorius einen Impuls setzen für "die Geschlossenheit der freien, demokratischen Welt, sich weiter für die Unterstützung der Ukraine einzusetzen". Dies wäre das "wichtigste Signal", das von dem Treffen ausgehen könne, sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Der Krieg Russlands gegen das Nachbarland gehe alle an. "Denn es würde Autokraten und Diktatoren dieser Welt ermuntern, Ähnliches zu tun, wenn Putin damit durchkäme."

Auch der der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kommt zur Münchner Sicherheitskonferenz und trifft dort US-Vizepräsidentin Kamala Harris. Das Gespräch der beiden an diesem Samstag kündigte das Weiße Haus im offiziellen Programm der Vizepräsidentin für ihren Deutschlandbesuch an. Harris wird auch Bundeskanzler Olaf Scholz in München treffen.  

Macron und Selenskyj wollen Sicherheitsabkommen unterzeichnen

Frankreich und die Ukraine wollen ein bilaterales Sicherheitsabkommen schließen. Der französische Staatschef Emmanuel Macron werde den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Freitag in Paris empfangen. Dabei werde das Abkommen unterzeichnet, teilte der Élyséepalast mit. Details zum Inhalt der Übereinkunft gab es vom Élysée zunächst nicht. 

Macron hatte der Ukraine vor einem Monat ein Unterstützungsabkommen in Aussicht gestellt, ähnlich wie es Großbritannien mit dem von Russland angegriffen Land besiegelt hatte. Das Abkommen zwischen Großbritannien und der Ukraine schreibt fest, dass London die Ukraine jetzt, aber auch in möglichen zukünftigen Konflikten mit Russland unterstützt. Dabei geht es um schnelle und dauerhafte Militärhilfe, nicht um den Einsatz britischer Soldaten.