Lichtskulptur 'HYPERION_Fragment', 2008 der Künstlerin Rosalie im Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) Foto: dpa

Die Stuttgarter Künstlerin Rosalie verwandelt mit ihren Lichtskulpturen die Sparda-Bank.

Stuttgart - "Lichtkunst" - ein einfaches Wort. Ein historischer Begriff ist es auch, und spätestens die Experimente von Heinz Mack und Otto Piene machten in den 1950er Jahren das Wort, die Werke und den Begriff salonfähig. Wer heute "Lichtkunst" macht, misst sich auch daran. Die Stuttgarterin Rosalie wagt es.

In der Kunst geht es aus Sicht der Produzenten wie der Interpreten gerne mal um alles oder nichts. Für die Stuttgarter Objekt- und Bühnenkünstlerin Rosalie verträgt das Wort indes keine Koketterie. Auf der Suche nach dem besten und neuesten Material, auf der Jagd nach den günstigsten Möglichkeiten, jüngste Techniken zu nutzen, auf der Reise, Materialien und Orte zu verwandeln - das ist Rosalie. Und so gibt sich auch ihr Gastspiel in der Zentrale der Sparda-Bank am Stuttgarter Hauptbahnhof nicht mit einer Präsentation des schon Gesehenen zufrieden, sondern spiegelt buchstäblich das bisher Erreichte, um es in der Konzentration auf eine für den Raum abgestimmte Formation in ein Raumereignis zu verwandeln. Eine bewusste Überforderung des Gastgebers? Vielleicht, aber weit eher doch eine Reverenz an die Möglichkeit, Lichtfarbformen tanzen zu lassen. Und schon in der Größe der Präsentation ein Punkt, der auch Rückschau erlaubt.

Unvergessen die Konzentration, mit der Rosalie im Festspielhaus Bayreuth 1994 die Nornenszene in Richard Wagners "Götterdämmerung" zu einer Paraphrase auf das ewige Suchen nach dem Weltsein verdichtete, beängstigend fast der Reichtum an Farben und Formen, den sie vor und nach der "Ring"-Neuproduktion in Bayreuth zum Thema der Raumskulptur entwickelte. Mit gutem Grund blieben Wege in die Malerei Ausflüge - die an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach Lehrende ist immer dann am besten, wenn sie sich an scheinbar kunstfremden Materialien reiben kann, wenn sie etwa Bleche aus dem Flugzeugbau in ihrer Qualität als Reflektoren entdeckt, Bürsten für Autowaschanlagen in Blüten verwandelt - oder eben wie in ihren nun beispielhaft bei der Sparda gezeigten Arbeiten aus der Datenübertragung bekannte Lichtleitfasern zu Farbraumtänzen aktiviert.

Entgrenzung - für Rosalie ist dies nicht nur ein Wort. In den 1980er Jahren bewegt sie sich vorsichtig vorwärts. Immer weiter hinein in die Welt der Alltagsmaterialien. Immer weiter weg von der Illustration eines Bühnengeschehens. Folgerichtig beginnen die Elemente des Ganzen bald ein Eigenleben, treten als Objekte auf - um sich sofort wieder weiterzuentwickeln. Ausgreifend. Raumgreifend. Im besten Sinn diskursiv, im besten Sinn heiter aber auch, wie bei den längst zu einer Art Eigenmarke gewordenen "Flossis".

Erfolg indes war und ist Rosalie immer auch verdächtig. Sie braucht Erfolg, um weiter zu gehen, das nächste Materialfeld zu erobern. Und sie misstraut dem Erfolg, weil er dessen formale Betätigung einfordert. So nutzt sie die viel beschworene "Werkstatt Bayreuth" in ebendiesem Sinn: Sie experimentiert mit Lichtleitfasern, 760 Kilometer des neuen Materials der Telekommunikation nutzt sie für die Bühne. Doch erst zwölf Jahre später ist Rosalie so weit, Lichtleitfasern Figurationen werden zu lassen. Das Staatsschauspiel Stuttgart und das Kammerorchester Stuttgart präsentieren im Schulterschluss mit Rosalies Lichtgeflechten am 31. Dezember 2006 die Projekte "Verklärte Nacht" und "Pierrot lunaire". Was auf kleiner Bühne funktioniert, sucht Rosalie im nächsten Schritt in den ganz großen Raum zu bringen. So auch hier. Und tatsächlich gelingt der Sprung - für die Biennale in Sevilla entwickelt sie 2008 ihr Lichtgeflecht "Helios - La Nube Luminosa". Ein Mammutprojekt, das auch inhaltlich Rückendeckung und Reibung braucht. Beides bietet seit 2006 Peter Weibel. Der Präsident des Zentrums für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe räumt den Lichthof 7 des ZKM für die Installation von "Hyperion_Fragment". Und nun? Ist die noch bis zum 5. Januar zu sehende Sparda-Schau ein funkelnder Zwischenschritt.