Roberta Metsola, Präsidentin des Europaparlaments, hat gemeinsam mit den Abgeordneten beschlossen, die EU-Kommission zu verklagen. Foto: AFP/DANIEL MIHAILESCU

Trotz heftiger Kritik hat Brüssel im Dezember Fördergelder für Budapest freigegeben. Das hat nun ein gerichtliches Nachspiel.

Das EU-Parlament wagt die Konfrontation mit der EU-Kommission. Wegen der umstrittenen Freigabe von Fördergelder in Milliardenhöhe für Ungarn werden die Abgeordneten Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg einreichen.

Hintergrund dieses Schrittes ist die Entscheidung der EU-Kommission, rund zehn Milliarden Euro an eingefrorenen EU-Fördermitteln für Ungarn freizugeben. Das geschah trotz der anhaltenden und massiven Kritik an Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien durch die Regierung in Budapest. Die Brüsseler Behörde hatte die Freigabe der Hilfsmittel Ende vergangenen Jahres vor einem Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs damit begründet, dass Budapest die erforderlichen Voraussetzungen dafür erfüllt habe. Die EU hatte die Mittel blockiert aufgrund von Bedenken, dass unter dem mit autoritären Methoden regierenden Ministerpräsidenten Viktor Orban zu wenig gegen Korruption und für die Wahrung des Rechtsstaats in Ungarn getan wird.

Große Empörung unter der EU-Abgeordneten

Die Empörung unter den Europaabgeordnete war groß. Sie warfen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor, sich von Ungarn erpressen zu lassen. Der Grund: Orban hatte zuvor angekündigt, den Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und ein milliardenschweres Hilfspaket der EU für das von Russland angegriffene Land zu blockieren. Auf den Start der Beitrittsverhandlungen konnte sich schließlich beim Gipfeltreffen im Dezember verständigt werden. Das Hilfspaket wurde bei einem Sondergipfel Anfang Februar beschlossen.

Herbe Kritik an der EU-Kommissionschefin

Die Europaparlamentarier begrüßten am Donnerstag die Klage. Der SPD-Abgeordnete René Repasi nannte sie einen wichtigen Schritt, „um die Kommission beim Umgang mit innereuropäischen Autokratien zur Verantwortung zu ziehen“. Der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund hatte der Kommission schon kurz nach der Freigabe der Gelder einen „Kuhhandel“ vorgeworfen. EU-Geld dürfe es nur dann geben, wenn der Rechtsstaat funktioniere. Noch schwerere verbale Geschütze fährt Moritz Körner auf. Der Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament spottete auf der Plattform X (vormals Twitter): „Die Anklage ist mehr als peinlich für von der Leyen. Von der Leyen wandelt damit auf Donald Trumps Spuren, der seinen Präsidentschaftswahlkampf von der Anklagebank aus führen muss.“

Die Konservativen in der Zwickmühle

In die Zwickmühle geraten durch die Klage allerdings die Abgeordneten der konservativen EVP-Fraktion im Parlament. Sie haben die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen erst vor wenigen Tagen zu ihrer Spitzenkandidatin gekürt und werden sie mit dieser Klage unweigerlich beschädigen. Aus diesem Grund haben viele der EVP-Parlamentarier nur zögernd für die Klage gestimmt, die sie für politisch motiviert halten. Der Grund: der juristische Dienst des Parlaments räumt der Klage nur sehr vage Erfolgsaussichten ein. Hätte sich die EVP aber gegen diesen Schritt ausgesprochen, hätte das als Unterstützung für den umstrittenen ungarischen Regierungschef Viktor Orban verstanden werden können. Also blieb ihnen kaum etwas anderes übrig, als mit der Mehrheit der Europaparlamentarier zu stimmen.