Bundesjustizminister Marco Buschmann will Näheverhältnissen „jenseits von Familie und Partnerschaft“ einen Rahmen geben. Foto: dpa/Britta Pedersen

Gemeinschaften von bis zu sechs Personen, die füreinander einstehen, sollen künftig einen neuen rechtlichen Rahmen erhalten können. Darum geht es im Detail.

Justizminister Marco Buschmann (FDP) will ein neues Rechtsinstitut schaffen – die Verantwortungsgemeinschaft. Es soll Beziehungen „jenseits von Familie und Partnerschaft“ ein Instrument an die Hand geben, ihrem Füreinander-Eintreten einen rechtlichen Rahmen zu geben. Der Minister hat zu seinem Plan nun Eckpunkte vorgelegt. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was ist das Anliegen der Reform?

Schon im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition steht: „Wir werden das Institut der Verantwortungsgemeinschaft einführen und damit jenseits von Liebesbeziehungen oder der Ehe zwei oder mehr volljährigen Personen ermöglichen, rechtlich füreinander Verantwortung zu übernehmen.“ Es soll also ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden, um persönliche Näheverhältnisse durch einen Verantwortungsgemeinschaftsvertrag abzusichern.

Buschmann glaubt mit seinem Modell auf gesellschaftliche Entwicklungen einzugehen. Er hat zum Beispiel Freundeskreise von Senioren im Auge, die sich gegenseitig im Alltag oder bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen unterstützen oder auch Wohngemeinschaften.

Was ist das Grundprinzip der Verantwortungsgemeinschaft?

Eine Verantwortungsgemeinschaft soll maximal sechs Vertragspartner haben können. Sie müssen volljährige, geschäftsfähige Personen sein. Geplant ist ein Minimalmodell, das je nach Bedarf mit weiteren Modulen ausgebaut werden kann. Sie soll von Personen geschlossen werden können, die ein tatsächliches persönliches Näheverhältnis zueinander haben und dieses im Rahmen der Verantwortungsgemeinschaft fortführen wollen. Dieses Näheverhältnis soll nicht staatlich kontrolliert werden. Der Vertrag muss notariell beurkundet werden.

Wie sieht die Grundstufe aus?

Das Grundmodell soll eng an das Bestehen einer persönlichen Nähebeziehung anknüpfen. So sollen die Vertragspartnern zum Beispiel bei der Auswahl eines rechtlichen Betreuers Berücksichtigung finden. Das ist wichtig, wenn jemand etwa in Folge eines Schlaganfalls seine eigenen rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst vollständig erledigen kann und keine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung erteilt wurde. Dann muss das Betreuungsgericht einen Betreuer bestellen. Liegt eine Verantwortungsgemeinschaft vor, soll der Vertragspartner berücksichtigt werden, ohne das eine weitere Prüfung der Nähebeziehung notwendig ist.

Zwischen den Vertragspartnern einer Verantwortungsgemeinschaft soll auch die Möglichkeit der Organspende bestehen. Die Spende etwa einer Niere ist bislang nur an einen bestimmten Personenkreis zulässig. Dazu gehören Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten und andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen. Dieses Näheverhältnis soll aus dem Bestehen einer Verantwortungsgemeinschaft unmittelbar abgeleitet werden können.

Wie sehen die Ausbaustufen aus?

Ein Modul soll etwa die Auskunft und Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten regeln. So soll eine Person für seinen Partner in der Verantwortungsgemeinschaft in eine Operation einwilligen können, wenn dieser bewusstlos ist. Ärzte sollen dem Vertragspartner gegenüber von ihrer Schweigepflicht entbunden sein. Weitere Module sollen die Bereiche Zusammenleben, Pflege und Zugewinngemeinschaft betreffen. So sollen die Vertragspartnern im Falle des gewählten Moduls „Zusammenleben“ Geschäfte, die der Führung des gemeinsamen Haushalts dienen, auch für die anderen Mitglieder abschließen können, etwa den Kauf einer gemeinsamen Waschmaschine. Wenn das entsprechende Modul abgeschlossen wurde, soll nach Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft ein wirtschaftliches Kürzertreten eines Partner mit Rücksicht auf das Funktionieren der Gemeinschaft während des Vertrages ausgeglichen werden können.

Welche Folgen soll die Verantwortungsgemeinschaft ausdrücklich nicht haben?

Das neue Rechtsinstitut soll keine Rechtsfolgen im Verhältnis der Partner zu Kindern (zum Beispiel Abstammung, Adoption, Sorgerecht), im Namensrecht und im Erbrecht nach sich ziehen. Es soll auch keine Steuererleichterungen bewirken. Zudem soll sie kein Recht auf eine Aufenthaltsberechtigung oder eine Arbeitserlaubnis begründen.