Statusbewusst: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor seinem Luxusflieger. Foto: picture alliance / /Mustafa Kamaci

Recep Tayyip Erdogan Lieblingsjet ist größer als die Air Force One des US-Präsidenten. Die Beantwortung einer Presseanfrage zur Gesamtzahl seiner Flugzeuge hat jetzt 17 Monate gedauert.

Wie viele Flugzeuge braucht der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan? Das wollte 2022 die oppositionsnahe Zeitung „BirGün“ von der Kommunikationsabteilung des Präsidialamtes in Ankara wissen. Die Mitarbeiter der Behörde mussten offenbar lange zählen. Die Pressestelle ist eigentlich verpflichtet, auf Anfragen von Bürgern und Journalisten innerhalb von 30 Arbeitstagen zu antworten. Doch die Redakteure von „BirGün“ mussten 17 Monate auf Auskunft warten. Sie kam erst am 19. Februar – und fiel ziemlich dürftig aus: „Im Bestand des Präsidialamtes befindet sich genau die richtige Anzahl von Beförderungsmitteln, die in angemessener Weise für die Aufgaben des Staates genutzt werden“, lautete die Antwort des Informationsamtes.

Staatschef Erdogan hat einen Hang zur Prachtentfaltung. Das zeigt sich nicht nur an dem Präsidentenpalast mit mehr als 1000 Zimmern, den er sich am Stadtrand von Ankara in einem Naturschutzgebiet errichten ließ. Die Architektur des prunkvollen Gebäudes ist zudem ganz darauf angelegt, den Besucher ganz klein und den Präsidenten ganz groß erscheinen zu lassen.

Um Erdogans Jet ranken sich viele Geheimnisse

Auch auf seinen Reisen gibt sich das Staatsoberhaupt statusbewusst. Zum Nato-Gipfel in Madrid 2022 reisten der türkische Staatschef und sein Gefolge gleich mit vier Regierungsflugzeugen an. Insgesamt stehen Erdogan nach Angaben von Oppositionspolitikern und Medienberichten 16 Flugzeuge zur Verfügung, vom Hubschrauber für kurze Flüge über zweistrahlige Businessjets bis zu mehreren Langstreckenmaschinen. Das Flaggschiff der Präsidentenflotte aber ist eine Boeing 747-8.

Der Jet ist größer und luxuriöser als die Air Force One des US-Präsidenten. Um das Flugzeug ranken sich auch viele Geheimnisse. Der mit Schlafgemächern, Bädern, Konferenzräumen und einem Operationssaal ausgestattete Jumbojet gehörte ursprünglich dem Emir von Katar. Während in der Zivilversion der 747-8 rund 400 Fluggäste Platz finden, ist der Regierungsflieger des Emirs für den Transport von nur 76 Personen ausgelegt. Die Ausstattung ist vom Feinsten: Marmor, Blattgold, edles Leder, feinste Stoffe. Anfang 2018 beschloss Katar, sich von dem fliegenden Palast zu trennen, und bot die Maschine über ein Schweizer Unternehmen zum Verkauf an.

Auch zu ebener Erde reist Erdogan standesgemäß

Luftfahrtexperten taxieren den Wert des Fliegers auf mindestens 500 Millionen Dollar, umgerechnet 461 Millionen Euro. In der Nacht zum 12. September 2018 landete die Maschine dann auf dem Istanbuler Flughafen Sabiha Gökcen. Der Emir von Kuwait habe Erdogan das Flugzeug einfach geschenkt, „aufgrund seiner Zuneigung für ihn“, meldete das türkische Staatsfernsehen TRT. Bis heute zweifeln regierungskritische Medien an dieser Version und fragen, ob nicht doch Geld geflossen ist.

Auch zu ebener Erde reist Erdogan standesgemäß, und zwar nicht nur daheim. Auf fast allen wichtigen Auslandsreisen lässt er nach dem Vorbild US-amerikanischer Präsidenten seine eigenen gepanzerten Staatskarossen einfliegen. Für den Transport der mit viel Chrom verzierten Maybach-Limousinen kommt ein Transportflugzeug der türkischen Luftstreitkräfte zum Einsatz. So kann sich Erdogan auch bei Besuchen in Berlin, London oder Washington in der Geborgenheit und Sicherheit seiner eigenen vier Räder umherfahren lassen.

Der Opposition ist der Flugzeugpark ein Dorn im Auge

Neue Aktualität bekam die Debatte über Erdogans Luftflotte während der verheerenden Waldbrände in der Türkei im Sommer 2021. Damals stellte sich heraus, dass der Präsident zwar laut Oppositionsangaben über 16 Regierungsmaschinen verfügte, die Türkei aber kein einziges einsatzfähiges Löschflugzeug besaß.

Der Opposition ist der präsidiale Fahrzeug- und Flugzeugpark schon lange ein Dorn im Auge. Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu versprach vor den Wahlen vom Mai 2023, er werde im Fall seines Sieges die gesamte Regierungsflotte verkaufen und Erdogans Präsidentenpalast in eine Bildungseinrichtung umwandeln. Der Oppositionspolitiker Ali Babacan argumentierte, selbst für den Verkaufserlös der kleinsten Maschine in Erdogans Flotte könne das Land zehn Löschflugzeuge anschaffen. Dazu kam es allerdings nicht. Erdogan gewann die Wahl.