Ein Nessie-Jäger am See Loch Ness. Auch in einem deutschen See geschieht Merkwürdiges. (Archivbild) Foto: dpa/Benedikt von Imhoff

Drei Badegäste wurden in einem beliebten See verletzt: Es war weder der weiße Hai, noch Nessie - sondern möglicherweise ein Hecht, der den Schwimmern schwere Bisswunden zugefügt hat. Die Stadt Kaiserslautern will der Sache nun auf den Grund gehen.

Er gilt als einer der beliebtesten Seen in Rheinland-Pfalz - doch drei Badegäste mussten mit Verletzungen im Sommer im Krankenhaus behandelt werden. Lebt im Gelterswoog ein „Problemhecht“? Dass es ein solcher Raubfisch war, da ist Christine Richter sicher. Die Vorsitzende der Paddlergilde Kaiserslautern, einer der Pächter am Gewässer, kennt die Berichte über Wunden. „Im See“, sagt sie, „besteht eine erhebliche Gefahr durch Hechtbisse.“

Schnell werden Vergleiche mit dem Mythos von Loch Ness gezogen

Wenn irgendwo auf der Welt etwas Mysteriöses mit Tieren an einem Gewässer geschieht, muss man auf Vergleiche mit dem schottischen See Loch Ness nicht lange warten. So auch hier - im Internet machten schnell Begriffe wie „Loch Lautern“ oder „Loch Hecht“ die Runde.

Richter kann darüber nicht lachen. „Man diffamiert die Opfer, wenn Nichtbeteiligte spekulieren, ob es nicht vielleicht etwas anderes gewesen sein könnte“, sagt sie der Deutschen Presse-Agentur.

Bisswunden an der Hand und in der Kniekehle

Der „Rheinpfalz“ zufolge war am 18. August eine Frau mit Bisswunden an der Hand im Westpfalz-Klinikum behandelt worden. Etwa drei Wochen zuvor hatte ein Mann in der Kniekehle eine schwere Bisswunde erlitten. „Um die hatten sich ebenfalls Ärzte im Klinikum gekümmert. Die Fälle sind dokumentiert, ebenso ein dritter“, hieß es. Zumindest einer der Verletzten will in dem Angreifer einen Hecht erkannt haben.

Richter hörte erstmals Anfang Juli von einem Arzt, dass jemand mit 15 Hechtbissen behandelt worden sei. „Ich war verwundert und unsicher, ob jemand vielleicht ins Schilf geschwommen und einen Hecht getroffen hat, der seinen Laich bewacht.“ Später erfuhr sie aber Einzelheiten.

Wunden sahen „gruselig“ aus

„Der Hecht hatte sich in der Kniekehle verbissen, und der Schwimmer musste von Hand das Maul öffnen. Er erlitt Schnitt- und Bisswunden an Bein und Hand.“ Auf Fotos sahen die Wunden „gruselig“ aus. „Der Verletzte schwamm zum Zeitpunkt des Angriffs nicht im Schilf, sondern mitten im See und ist ein kräftiger Mann“, wurde ihr geschildert.

Zunächst habe sie gedacht, „dass ein solcher Fall nur alle 100 Jahre vorkommt“. Aber kurz darauf teilte ihr eine Frau mit, dass ihr im Krankenhaus nach Hechtbissen Wunden an der Hand genäht worden seien.

„Ich kenne die Menschen, die vor Ort waren, als die Frau aus dem See kam: Sie konnte sich nicht selbst versorgen, da die Wunden so stark bluteten.“ In der Notaufnahme sei der Frau gesagt worden, dass sie die dritte Person mit Hechtbissen aus dem Gelterswoog sei. Richter informierte daraufhin die Vereinsmitglieder per Email über die „erhebliche Gefahr“ - auch wegen der Sorgfaltspflicht.

In Internetforen wird das Thema diskutiert. „Diese Stories tauchen doch jedes Jahr auf und mögen im Einzelfall auch stimmen. Aber das ist halt Natur, da geht`s nun mal nicht friedlich und idyllisch zu“, schreibt etwa User „Lajos1“. Und „Vincent_der_Falke“ meint: „Zudem sind wir immer noch in deren Lebensraum und nicht umgekehrt ...“

Gelterswoog: früher Baden verboten, heute eine Freizeitoase

Baden war im Gelterswoog einst verboten. „Förster oder Pfarrer kassierten die Kleider der im Wasser Herumtollenden ein“, berichtet die Stadt Kaiserslautern. Heute sei das einzige, was kassiert werde, das Eintrittsgeld. Der 12 Hektar große und 3,50 Meter tiefe Stausee ist als Naturdenkmal anerkannt und eine beliebte Freizeitoase. Dort tummeln sich Schwimmer und Fische seit Jahren weithin konfliktfrei - das relativiert die mögliche Gefahr durch einen Hecht.

Kaiserslautern will der Sache nun auf den Grund gehen. „Wir sind in Abstimmung mit den zuständigen Stellen, um uns einen Überblick über den Fischbestand im Gewässer zu beschaffen“, teilt Bettina Dech-Pschorn mit, Leiterin des Umweltschutzreferates. Kenne man den Bestand, soll über eine mögliche „Pflegemaßnahme“ entschieden werden. Das bedeutet, dass vielleicht der Bestand bestimmter Arten reduziert wird, sollten zum Beispiel zu viele Raubfische im Gelterswoog leben.

Richter zufolge wird trotz Verbots mittlerweile häufig geangelt. „Das hilft ja grundsätzlich in der Sache, es lässt sich jedoch nicht nachvollziehen, ob die Anglergemeinschaft vielleicht drei große Hechte fängt oder wie wir im nächsten Sommer damit umgehen sollen.“

Klimazeitenwende: Stress durch wenig und zu warmes Wasser

Die Vorsitzende erinnert daran, dass das Gewässer seit etwa zehn Jahren nicht mehr abgelassen worden sei. „Der Fischbestand konnte sich gut aufbauen, die Fische wurden groß.“ Der Wasserstand sei in dieser Zeit stark gesunken, und der See sei wärmer geworden. „Wenig Wasser, viele große Fische, zu warmes Wasser - das führt zu Stress.“

Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Fisch zubeißt. Im Landkreis Wunsiedel in Bayern wurde im vergangenen Jahr eine Frau in einem Badeteich von einem Hecht an der Hand verwundet.