Schon Mitte Juni hatte es einen bundesweiten Protesttag gegeben. Foto: picture alliance/dpa/Jan Woitas

Wer an diesem Mittwoch Arzneimittel benötigt, wird vor verschlossenen Türen stehen: Von den 2264 Apotheken im Land wollen sich 90 Prozent am Protesttag beteiligen. Was die Gründe für den Streik sind und wo es in der Region Stuttgart im Notfall dennoch Medikamente gibt.

„Wir protestieren – für Ihre Gesundheit“ – so wird es am Mittwoch wieder in vielen Apotheken im Land heißen. Denn die Apotheker in Baden-Württemberg demonstrieren am 22. November gemeinsam mit ihren bayrischen Kollegen in Stuttgart vor allem für mehr Geld und weniger Bürokratie. Bei der Kundgebung auf dem Schlossplatz sollen auch Vertreter der Angestellten, der Ärzteschaft und von Patientenorganisationen zu Wort kommen. Wo aber bekommen die Bürger dann wichtige Arzneimittel? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wie viele Apotheken im Land haben am Protesttag geschlossen?

„Wir hoffen auf ein Beteiligung an der Protestbewegung von mehr als 90 Prozent“, sagt der Sprecher des Landesapothekerverbands, Frank Eickmann. Von den insgesamt 2264 Apotheken in Baden-Württemberg wären dies dann um die 2000, die ihre Türen geschlossen halten.

Was ist in Notfällen?

Medikamente, die dringend benötigt werden, bekommen diese in bestimmten Apotheken, die am Mittwoch den Notdienst übernehmen – wie sonst auch nachts, an Sonn- und Feiertagen. Eine Übersicht gibt es im Netz: www.lak-bw.de . Man kann sich auch über eine Hotline telefonisch die nächstgelegene Notdienstapotheke ansagen lassen: 08 00 / 0 02 28 33 vom deutschen Festnetz; 2 28 33 vom Mobiltelefon aus.

Worum geht es den Apothekern?

Die Apothekerschaft will die Bundesregierung auffordern, das Honorar zukunftsgerecht anzupassen und die Apotheken solide zu finanzieren: „Die Zahl der Apotheken ist auf den niedrigsten Stand seit 40 Jahren gefallen, weil das Versorgungssystem kaputtgespart wurde. Dem wollen wir uns mit unserem Protest entgegenstellen“, erklärt Tatjana Zambo, Präsidentin des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg. Konkret geht es um das sogenannte Fixum, das nach Meinung der Apotheker deutlich angehoben werden sollte: Das ist der Betrag, den jede Apotheke bekommt, wenn sie ein verschreibungspflichtiges Medikament abgibt. Dieser beträgt 8,35 Euro, sollte aber um 44 Prozent auf zwölf Euro erhöht werden. Darüber hinaus verlangen die Apotheker weniger Vorgaben bei der Bürokratie – vor allem im Hinblick auf Lieferengpässe bei Arzneimitteln.

Gibt es tatsächlich weniger Apotheken?

Die Zahl der Apotheken in Bayern und Baden-Württemberg ist rückläufig. In den ersten neun Monaten dieses Jahres sei ihre Zahl von 5185 um 123 auf 5062 zurückgegangen, teilte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände mit. Bundesweit sei die Zahl der Apotheken im gleichen Zeitraum um 335 auf 17 733 Apotheken gesunken. „Wir fürchten vor allem um die Versorgung in ländlichen Gebieten“, sagt LAV-Sprecher Eickmann.

Was sind die Gründe für die Aufgabe?

Das hat mehrere Gründe: Zum einen spielt das Zusammenspiel von Arzt und Apotheke eine Rolle. „Hören niedergelassene Ärzte an einem Standort auf, dann ist auch die Existenz der Apotheke vor Ort gefährdet“, sagt Eickmann. Hinzu komme die wirtschaftliche Situation, die sich bei fast allen Apotheken verschlechtert hat: Darunter fallen die steigenden Betriebs- und Personalkosten bei gleichzeitig gleichbleibender staatlich geregelter Vergütung. „Für die Apotheker wird es immer schwerer, Nachfolger zu finden.“

Werden die Forderungen von der Politik unterstützt?

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) trägt die Forderung der Apotheker nach mehr Geld nicht mit. Dagegen zeigt der Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) Verständnis. Schon zu Beginn der Proteste im Juni sicherte er seine Unterstützung zu: „Apotheken brauchen geeignete Rahmenbedingungen, um Patienten trotz Lieferengpässen ausreichend und schnell mit Arzneimitteln versorgen zu können.“ Eine angemessene Vergütung der Apotheken sei daher unerlässlich.