Sollen Wölfe in deutschen Wäldern wieder heimisch weden? Zwei Redakteure wägen ab.

Stuttgart - Sollen Wölfe in Deutschland wieder heimisch werden? - Zwei Mitglieder unserer Redaktion wägen ab:

Pro

Schützt die Tiere vor Jägern und Angsthasen

Herzlich willkommen, Canis lupus! Die Angst, dass ein Wolf hierzulande Menschen zu nahe kommen oder gar bedrohen könnte, entspringt purer Hysterie und peinlicher Unwissenheit.Wer sich vor Isegrim fürchtet, sollte nicht die Polizei rufen, sondern zum Psychiater gehen oder seine Wohnung nicht mehr verlassen. Es könnte ihm ja der Himmel auf den Kopf fallen. Wölfe müssen den Menschen – aus gutem Grund – meiden. Der angeblich mit Verstand begabte Mensch hat diese wunderbaren Lebewesen im Unverstand in unseren Breiten vollständig ausgerottet. Es ist endlich an der Zeit, dieses unverzeihliche Verbrechen an unseren Mitgeschöpfen wiedergutzumachen und den Tieren eine neue, geschützte Heimat zu geben.

Wer mit einer großkalibrigen Flinte durchs Unterholz stapft und ein unschuldiges, überaus seltenes Tier meuchelt – ob aus Absicht oder Versehen –, muss hart bestraft werden. Keine Gnade mit Westerwald-Pistoleros, kein Verständnis für Angsthasen und Querulanten. Der Wolf gehört in unsere herrlichen Wälder – je früher, je mehr, desto besser. Dass ein einsamer Wolf auf der Schwäbischen Alb, im Taunus oder Spessart einem Wanderer gefährlich werden könnte, ist im Übrigen genauso wahrscheinlich, wie Rotkäppchen in einem Supermarkt zu begegnen, in dem der „große böse Wolf“ an der Fleischtheke Schnitzel verkauft.

Markus Brauer

Contra

Die Natur ist kein Streichelzoo 

Je weniger wir in Kontakt kommen mit der Natur, desto mehr verklären wir sie. Wir reden mit unseren Hunden und Katzen, als wären es Menschen, und jetzt freuen wir uns auch noch auf ein richtiges Raubtier. Ganz Deutschland ist Wolferwartungsland, die Umwelt- und Tierschutzbürokratie grübelt vor sich hin: Was könnte man den Wölfen nicht alles Schönes bieten, gäbe es die blöden Menschen nicht. Die Vermenschlichung von Tieren geht oft einher mit einer gehörigen Portion Menschenverachtung.

Der Mensch müsse nur gründlich über den Wolf aufgeklärt werden, meinen die Tierschützer. Dann werde man prima miteinander klarkommen. Okay, dann klären wir mal auf: Der Wolf ernährt sich nicht von Tofu oder Grünkernbratlingen. Er reißt gerne Rehe oder Schafe, und – Haustierfreunde, aufgepasst! – er verschmäht auch Hunde und Katzen nicht. Insbesondere wenn er Tollwut hat, greift der Wolf auch Menschen an. Zwar wurden in den letzten Jahrzehnten in Europa nur wenige Fälle gemeldet, in denen Menschen getötet wurden, aber das lag wohl auch daran, dass kaum Wölfe unterwegs waren. Man sollte den Wolf nicht verteufeln, man sollte ihn auch nicht ohne Not erschießen. Aber genauso wenig sollte man ihn einladen, in unserer Mitte zu leben. Die Natur ist nun einmal kein Streichelzoo, und der Wolf taugt nicht zum Schmusetierchen.

Rainer Wehaus

Der Leitfaden vom Bundesamt für Naturschutz zu Wölfen.