Die Predigt ist Schwäbisch, den Segen erteilt Hans Hilt auf Hochdeutsch. Foto: factum/Weise

Ob Jesus das wohl gefallen hätte – eine Predigt auf Schwäbisch? Immerhin hat der Sohn Gottes damals auch in seiner Muttersprache Aramäisch geredet. Der Pfarrer Hans Hilt predigte am Sonntag im Dialekt.

Gerlingen - Vor genau 13 Jahren stand Hans Hilt auf der Kanzel in der evangelischen Matthäuskirche in Gerlingen und seine erste Predigt auf Schwäbisch gehalten. Inzwischen ist der Pfarrer im Ruhestand, aber nach Gerlingen, wo seine Frau die Gemeinde bis 2012 leitete, kommt er immer wieder, um das Wort Gottes im Dialekt zu verkünden. Nicht, weil er persönlich das so lustig findet oder er seinen Job nicht ernst nähme. Auch nicht, weil er die Tradition der katholischen Kirche kopieren möchte, in denen gerne zur Faschingszeit Narrenpredigten mit gereimten Sätzen gehalten werden. Nein – Hans Hilt predigt auf Schwäbisch, weil er, wie er sagt, die Menschen damit mehr erreichen könne, ihnen mehr aus dem Herzen spreche. Und schließlich habe ja auch Jesus selbst in seiner Muttersprache Aramäisch gepredigt.

Spätzle, Wurscht ond Käs’

„Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst“, lautet die Jahreslosung 2018. Wenn Hans Hilt diese Losung nun in seiner schwäbischen Predigt aufgreift und interpretiert, dann geht es darin zwar auch um Wasser und um die Verköstigung, das Nahrhafte. Bei Hans Hilt kommen dann allerdings nicht Datteln, Oliven und Fladenbrot vor. Vielmehr geht es bei ihm um Spätzle, Wurscht ond Käs’ und natürlich das gute Viertele. Er spricht von Gottes Großzügigkeit und seiner unbedingten Sehnsucht, den Menschen alles zu geben, und zwar mehr, als sie forderten oder gar erwarteten.

Und schon schlägt Hilt von dem Wörtchen „umsonst“ im schönsten Dialekt einen Bogen zu den sparsamen Schwaben. Denn für Schwaben sei es ja immer so eine Sache mit dem „wirklich nötig sein.“ Ist es wirklich nötig, dem Gast mehr als nötig einzuschenken, oder reiche es auch, wenn das Glas nur bis zum Eichstrich voll ist? Oder: Ist der Kauf einer Heizdecke auf einer Kaffeefahrt wirklich nötig? Das Prädikat „umsonst“ habe ja auch immer so ein Gschmäckle, findet Hilt. „Eigentlich hören wir dieses Wort ja nicht so gerne, denn was umsonst ist, ist ja auch nichts wert.“ Und überhaupt: Wenn Gott sage, dass er das Wasser umsonst geben wolle – meine er das dann auch wirklich ernst, oder wolle er am Ende nicht doch „hälinga“ (also heimlich) etwas dafür haben?

Die Matthäuskirche ist gut besucht, und die Zuhörer lauschen den Worten des Pfarrers nicht weniger andächtig als sonst. Generell sieht die Evangelische Landeskirche Württemberg (ELK) solcherlei Predigten allerdings mit einer gewissen Skepsis. „Die öffentliche Darbietung von Mundart ist vielfach auf Heimattümelei beschränkt, sodass der Gottesdienst womöglich noch zur Komödie wird“, sagt der ELK-Referatsleiter Frank Zeeb. Zudem müsse man bedenken, dass eine schwäbische Predigt womöglich Menschen ausschließe, die keinen Dialekt verstehen. Auch die Reformation habe großen Wert auf die gottesdienstliche Verkündigung „in einer dem Volk verständlichen Sprache“ gelegt. „Und auch zu Martin Luthers Zeiten wurde nicht auf Schwäbisch gepredigt“, betont Zeeb.

Die ELK findet das nur bedingt lustig

Dennoch übe die ELK nicht nur Kritik an Predigten, wie sie neben Hilt auch zahlreiche andere Pfarrer im Ländle halten. „Wenn sie handwerklich gut gemacht und theologisch reflektiert sind, können Mundartgottesdienste eine ungeheure Chance für die Verkündigung sein.“