Rösler will Patienten nicht bei jedem Arztbesuch zur Kasse bitten. Foto: apn

Kompromiss bei der Gesundheit steht - Änderungen für Versicherte ungewiss.

Berlin - Mit dem Vorschlag einer Praxisgebühr für jeden Arztbesuch hat die CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung Empörung ausgelöst. „Die Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal sollte durch eine sozial abgefederte Praxisgebühr pro Arztbesuch ersetzt werden“, sagte ihr Vorsitzender Josef Schlarmann der „Bild“-Zeitung  am Freitag. „Auch der Patient muss Verantwortung übernehmen, um die Kostenexplosion im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen.“

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hält nichts von dem Vorschlag. Auch die Krankenkassen, Patienten- und Oppositionsvertreter lehnen ihn ab. Schlarmann sagte, während die Deutschen im Durchschnitt 18 Mal pro Jahr zum Arzt gingen, kämen die genauso gesunden Schweden auf weniger als 3 Besuche im Jahr. Nun solle auch hier pro Arztbesuch ein Obolus bezahlt werden. „Diese Praxisgebühr könnte dann deutlich niedriger sein.“ Heute werden pro Quartal zehn Euro fällig.

Das Rösler-Ressort wies die Forderung umgehend zurück. „Das ist kein Thema“, sagte eine Ministeriumssprecherin am Freitag. In der Regierung gebe es keinerlei Überlegungen dieser Art. „Die Koalition hat sich ganz bewusst entschieden, gerade nicht die Patienten zum Beispiel durch zusätzliche Zuzahlungen zu belasten.“ Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten, Wolfram-Arnim Candidus, sagte: „Das ist wieder eine der Sommerlöcher in der Politik.“ Kranken und Chronikern dürfe nicht zusätzlich in die Tasche gegriffen werden. Die Zahl der Arztbesuche müsse gesenkt werden, indem die Patienten die Kosten ihrer Arztbesuche mitgeteilt bekommen. Chroniker sollten auch nicht für jede Verschreibung erneut zum Arzt gehen müssen.

Die Kassen monierten: „Ärzte und Krankenhäuser wollen für das kommende Jahr mehrere Milliarden Euro höhere Einnahmen und gleichzeitig wird gefordert, die Praxisgebühr auf jeden Arztbesuch auszuweiten.“ Das passe nicht zusammen, sagte Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes. Die Grünen-Fraktionssprecherin für Patientenrechte, Maria Klein-Schmeink, warnte davor, dass Ärmere nötige Arztbesuche verschieben könnten. Der Chef des Ärzteverbandes Hartmannbund, Kuno Winn, forderte in der „Bild“-Zeitung hingegen sogar, dass die Patienten generell einen Anteil ihrer Diagnose- und Therapiekosten selbst bezahlen: „Besser wäre prozentuale Selbstbeteiligung im Kostenerstattungssystem, natürlich sozial abgefedert für Chroniker und ärmere Menschen.“ Bereits der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler, hatte eine Praxisgebühr bei jedem Arztbesuch vorgeschlagen.

Entsprechende Änderungen waren bei den Koalitionsverhandlungen diskutiert worden. Laut schwarz-gelbem Koalitionsvertrag soll die Zahlung der Praxisgebühr aber lediglich „in ein unbürokratisches Erhebungsverfahren“ überführt werden.