Vom Amtsgericht Ludwigsburg wurde der 33-Jährigen bereits wegen Beihilfe zum Drogenhandel verurteilt. Foto: Imago//Christoph Hardt

Ein 33-Jähriger war in ein Drogengeschäft in Ludwigsburg verwickelt, bei dem seine Komplizen verhaftet wurden. Auf seiner Flucht hatte der Mundelsheim einen Polizisten angefahren – und muss sich deshalb nun vor dem Landgericht Stuttgart verantworten.

Es waren dramatische Szenen, die sich im August 2020 vor der Tiefgarage des Marstallcenters in Ludwigsburg ereignet haben. Nach einem von der Polizei eingefädelten und überwachten Drogengeschäft konnte ein Großaufgebot von Beamten zwei Täter in beziehungsweise vor der Tiefgarage des Marstallcenters auf frischer Tat festnehmen. Ein 33-Jähriger aus Mundelsheim, der 450 Gramm Kokain aus Pleidelsheim nach Ludwigsburg gebracht hatte, floh jedoch aus der Tiefgarage und verletzte dabei einen Polizisten eines mobilen Einsatzkommandos mit seinem Auto.

Was genau sich dabei abgespielt hat, wird derzeit am Landgericht Stuttgart bereits zum zweiten Mal untersucht, nachdem der erste Prozess im Juli 2022 wegen der Erkrankung von Richtern abgebrochen werden musste.

Der Polizist erlitt eine schwere Hüftprellung

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 33-Jährigen versuchten Mord, gefährliche Körperverletzung und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vor. Laut Anklage hatte der Mundelsheimer durch laute Gespräche in der Tiefgarage mitbekommen, dass seine Komplizen festgenommen wurden und wollte fliehen. An der Ausfahrt habe er seine Chipkarte ins Terminal gesteckt und dann einen Polizisten in Zivil entdeckt, der sich auf einem E-Scooter näherte. „Er sah ihm in die Augen und benutzte dann sein Auto als Waffe“, so Oberstaatsanwalt Thomas Schek.

Der Angeklagte habe auf kurzer Distanz auf 25 Stundenkilometer beschleunigt und den Polizisten seitlich getroffen, worauf der zu Boden gegangen sei. „Es war ihm klar, dass der Beamte aufgegabelt und eventuell überfahren werden konnte. Aber das nahm er für seine Flucht in Kauf“, führte Schek weiter aus. Die Polizei gab insgesamt sechs Schüsse auf das flüchtende Fahrzeug ab.

Dennoch konnte der Angeklagte über die Bauhofstraße entkommen und wurde erst einige Wochen später in Belgien aufgespürt und festgenommen. Der Polizist erlitt eine schwere Hüftprellung, ein Schleudertrauma und Schürfwunden und blieb einen Tag zur Beobachtung in der Klinik. Rund zwei Monate litt er an Schmerzen in der Hüfte.

„Warum dürfen Polizisten auf mich schießen?“

Den Vorwurf des versuchten Mordes wies der 33-Jährige, der wegen dieser Tat vom Amtsgericht Ludwigsburg wegen Beihilfe zum Drogenhandel zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt wurde, aber vehement von sich. Über seinen Verteidiger Markus Bessler ließ er erklären, er habe den Polizisten niemals verletzen wollen und verstehe nicht, warum er nicht ebenfalls in der Tiefgarage festgenommen worden sei. Er habe mitbekommen, dass es einen Polizeieinsatz gab und ihm sei auch klar gewesen, dass es ein Polizist sei, der sich demonstrativ mit seinem E-Scooter vor die Ausfahrt gestellt habe.

Er habe diesem ausweichen wollen und sei der Meinung gewesen, er habe das auch geschafft. Er habe nach rechts eingeschlagen und gedacht, der Beamte habe sich nach links abgerollt. Es sei aber alles sehr schnell gegangen: Wegen der Schüsse sei er in Panik geraten. „Ich hatte Todesangst wie noch nie in meinem Leben“, erklärte der Verteidiger für seinen Mandanten. Die Polizisten hätten nicht auf die Reifen, sondern auf ihn geschossen. Er habe deswegen noch Albträume und wache schweißgebadet auf. „Wieso dürfen Polizisten auf mich schießen, und mir wird versuchter Mord vorgeworfen?“, fragte Anwalt Bessler abschließend.

Der Verteidiger kritisierte auch die Art der Prozessführung: Beim ersten Anlauf habe die Staatsanwaltschaft Unterlagen zurückgehalten, die seinen Mandanten entlasten würden. Diese hätten im Prozess vor dem Amtsgericht Ludwigsburg nicht strafmildernd berücksichtigt werden können. Der Prozess wird am 12. Oktober fortgesetzt.