Mit Playmobil lassen sich alle Aspekte der Realität abbilden. Foto: Gottfried Stoppel

Für Spielwarenfirmen klingen während der Vorweihnachtszeit normalerweise die Kassen. Bei Playmobil wird dagegen um Jobs gekämpft. Das zieht sich bis ins neue Jahr.

Bauarbeiter, Indianer und Ritter waren 1974 die ersten Playmobil-Figuren. Etwa drei Milliarden der knubbeligen Gesellen sind seitdem durch Kinderhände gegangen. Auch einen Knecht Ruprecht mit Rute gab es einmal im Sortiment der fränkischen Markenfirma. Er wurde mittlerweile ausgelistet. Die Rute gibt es trotzdem. „Die Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan laufen, aber ein Ergebnis noch in diesem Jahr ist nicht in Sicht“, sagt Dieter Koppenhöfer. Der Gewerkschaftssekretär sitzt für die IG BCE bei Gesprächen zwischen Management und Betriebsrat beratend mit am Tisch und ist dafür derzeit die einzige Informationsquelle.

Beschäftigte klagen über ein Klima der Angst

Betriebsrat und Unternehmen hätten vereinbart, zu den Gesprächen vorerst nichts zu sagen, erklärt ein Firmensprecher. Anfang Oktober hatte Playmobil den Abbau jeder sechsten von firmenweit gut 4000 Stellen verkündet. 369 der 700 betroffenen Arbeitsplätze entfallen auf Deutschland. Nimmt man den Formenbau dazu, dessen Aus kurz davor erklärt wurde, werden in Deutschland sogar 443 Stellen gestrichen.

Darüber verhandelt wird nun seit Wochen in einer Atmosphäre, die Koppenhöfer als „angespannt, konfliktbeladen und von Misstrauen geprägt“ beschreibt. Der Betriebsfrieden gilt schon länger als gestört. Beschäftigte klagen immer wieder über Mobbing, ein Klima der Angst und spärliche Informationen seitens des Managements, was das Unternehmen stets dementiert hat. Informationen, die den Kahlschlag nachvollziehbar machen, fließen aber auch jetzt spärlich, klagt Dieter Koppenhöfer. „Wir können das Vorgehen immer noch nicht bewerten, weil wichtige Fakten und Zahlen fehlen“, rügt der Gewerkschafter.

Auch öffentlich mauert Playmobil mit Daten zur Lage. Klar ist, dass es dem Unternehmen schlecht geht. Wer nach Umsatz- und Gewinnentwicklung fragt, wird auf den Bundesanzeiger verwiesen. Dort ist aber nur das Geschäftsjahr 2021/22 – zum 31. März – bilanziert. Die Umsätze sind damals leicht auf 691 Millionen Euro gesunken, während sich der Gewinn vor Steuern bereits um die Hälfte auf 50 Millionen Euro halbiert hatte. Über das seit gut sieben Monaten beendete Geschäftsjahr 2022/23 schweigt Playmobil eisern. Zahlen dazu würden im ersten Quartal 2024 veröffentlicht, teilt ein Firmensprecher mit. Und: Zum aktuell laufenden Geschäft seien keine seriösen Aussagen möglich.

Verbände der Spielwarenbranche sehen sich dazu allerdings durchaus in der Lage. Um vier Prozent sind die Branchenumsätze in den ersten zehn Monaten 2023 demnach rückläufig gewesen. Ähnlich soll es bis Jahresende weitergehen. Bei den Zirndorfern läuft es dem Vernehmen nach weit schlechter.

Am Bedarf vorbeiproduziert?

„Playmobil verliert seit Längerem Marktanteile“, sagt ein langjähriger Beobachter der Branche mit detaillierten Einblicken ins Marktgeschehen. Jedes Jahr werde es für die Franken schlechter. Im bisherigen Jahresverlauf liege deren Umsatzminus bei über einem Fünftel.

Das wäre ein Fünffaches gegenüber dem Marktschnitt. „Wenn wir dieses Jahr noch einen Gewinn schaffen, dann nur ganz knapp“, ergänzt ein anderer Experte mit Einblicken in die Firma.

Am Bedarf vorbeiproduziert haben die Franken in letzten Jahren und Modernisierung verschlafen, sagen Kritiker. Firmenintern wird über volle Lager und Absatzprobleme geklagt. Frustrierte Eltern würden gehäuft Qualitätsmängel rügen. Auch Unternehmensberater von McKinsey wurden schon ins Haus geholt. Ihre Expertise bleibt weitgehend unter Verschluss.

Playmobil spricht von der Notwendigkeit einer Transformation, die auf Ebene des Managements personell jetzt abgeschlossen sei. Fünf neue Führungskräfte sollen es nun unterhalb des Vorstands richten. Inhaltlich wird die neue Strategie nur sehr vage mit „neuen Produkten, Kooperationen und Innovationen“ beschrieben.

Eine konkrete Perspektive fehlt

Mit diesem Detailgrad kann auch die IG BCE wenig anfangen. Wer Aderlass mitträgt, will das mit gutem Gewissen und der Aussicht auf Besserung tun. „Es ist nicht ersichtlich, wie Playmobil wieder durchstarten will“, bedauert Koppenhöfer.

Die Verunsicherung in der kompletten Belegschaft kurz vor Weihnachten sei immens. Denn immer noch wisse niemand, ob es sein Arbeitsplatz ist, der gestrichen wird, oder wie ein Sozialplan einmal aussehen könnte. Beim zweiten fränkischen Krisenfall der Spielwarenbranche geht es offenbar schneller. Das ist der Holzspielzeughersteller Haba aus Bad Rodach, der Mitte September sogar Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen musste. Auch dort geht es um mehrere Hundert Arbeitsplätze.

Eine Einigung über ein Sanierungskonzept mit dem Betriebsrat stehe unmittelbar bevor und werde noch im Dezember vorgelegt, erklärt das wie Playmobil vor allem auch durch eigene Fehler in die Schieflage geratene Familienunternehmen Haba (Habermaaß). „Wir gehen davon aus, dass im ersten Quartal 2024 ein Abschluss gelingt“, sagt ein Playmobil-Sprecher zur eigenen Planung. Anderswo klappt selbst das Krisenmanagement besser.