Anhänger der Mitte-Rechts-Partei Demokratische Allianz feiern nach der Bekanntgabe der ersten Ergebnisse in Lissabon. Foto: dpa/Armando Franca

Die oppositionelle Demokratische Allianz (AD) hat bei der Parlamentswahl laut einer Nachwahlbefragung die meisten Stimmen geholt. Die regierenden Sozialisten wurden abgestraft.

Portugal ist bei der vorgezogenen Neuwahl des Parlaments laut Medienprognosen weit nach rechts gerückt. Nach einer als zuverlässig geltenden Wählerbefragung des staatlichen Fernsehsenders RTP gewann das konservative Bündnis Demokratische Allianz (AD) von Spitzenkandidat Luís Montenegro die Abstimmung am Sonntag mit 29 bis 33 Prozent. Nur auf Platz zwei landete demnach die seit Ende 2015 regierende Sozialistische Partei (PS) von Pedro Nuno Santos mit 25 bis 29 Prozent.

Für den Rechtsruck zeichnete aber in erster Linie nicht die AD, sondern die erst 2019 gegründete populistische Partei Chega („Es reicht!“) verantwortlich, die laut RTP beträchtlich zulegte: laut Erhebung des Senders gleich von gut sieben Prozent bei der letzten Wahl Anfang 2022 auf nunmehr 14 bis 17 Prozent. Wie von allen Meinungsforschungsinstituten vorhergesagt, fällt damit eines der letzten Bollwerke gegen Rechtsextremismus in Europa.

Konservative schließen Bündnis mit Chega aus

AD-Spitzenkandidat Luís Montenegro hatte eine Zusammenarbeit mit Chega wiederholt ausgeschlossen. Andere Spitzenpolitiker der AD äußerten sich hingegen weniger klar. Beobachter schließen daher nicht aus, dass Chega letztlich doch zum Mehrheitsbeschaffer werden könnte.

Der Chega-Vorsitzende André Ventura sprach von einem „historischen“ Ergebnis für seine Partei. Chega stehe bereit, um eine „stabile Regierung“ in Portugal zu bilden. 

Montenegro hatte auf eine Koalition mit der Liberalen Initiative gehofft, die laut der Nachwahlbefragung des Senders RTP aber nur auf fünf bis sieben Prozent kam. Zusammen wären beide Parteien damit weit entfernt von einer Mehrheit im Parlament. 

Korruption und Skandale führten zur vorgezogenen Wahl

Die vorgezogene Wahl war angesetzt worden, nachdem der sozialistische Regierungschef António Costa im November wegen Korruptionsvorwürfen gegen sein Umfeld seinen Rücktritt eingereicht hatte. Obwohl die Ermittlungen gegen Costa selbst schnell eingestellt wurden, trat er bei der Neuwahl nicht wieder an.

Andre Ventura (Chega) gehört mit seiner Partei ebenfalls zu den Gewinnern der Wahl. Foto: AFP/ANDRE DIAS NOBRE

Sein Nachfolger an der Parteispitze und PS-Spitzenkandidat Pedro Nuno Santos ist nicht unumstritten: 2022 war er wegen eines Skandals um Abfindungszahlungen an eine Managerin der staatlichen Luftfahrtgesellschaft TAP als Infrastrukturminister zurückgetreten.

Große Wohnungsnot verärgert die Portugiesen

2015 hatte Costa mit linken Parteien eine Regierung gebildet. Bei seinem Amtsantritt versprach er, den im Zuge der Finanzkrise von der konservativen Vorgängerregierung auferlegten Sparkurs zurückzunehmen. Seitdem hat Portugal einen Wirtschaftsaufschwung erlebt: Die Kaufkraft nahm zu, die Arbeitslosigkeit ging zurück, die öffentlichen Finanzen erholten sich. Bei der Wahl 2022 holten die Sozialisten eine absolute Mehrheit.

Zuletzt waren den Meinungsumfragen zufolge aber immer mehr Menschen unzufrieden mit der sozialistischen Regierung: Sie hat es ihrer Ansicht nach trotz der guten Wirtschaftslage versäumt, zentrale Themen wie die grassierende Wohnungsnot, die marode staatliche Gesundheitsversorgung und das reformbedürftige Bildungswesen anzugehen.