Eine Batterie des Flugabwehrraketensystems Patriot zur Luftraumüberwachung am polnischen Flughafen Jasionka. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Wieder einmal registriert das Nato-Mitglied Polen eine russische Rakete über seinem Territorium. Notfalls hätten wir sie abgeschossen, sagt der Verteidigungsminister.

Warschau - Russland hat bei Raketenangriffen auf die Westukraine am Sonntagmorgen polnischen Angaben zufolge kurzzeitig den Luftraum des Nato-Mitglieds Polen verletzt. Am 24. März um 4.23 Uhr habe eine Verletzung des polnischen Luftraums durch einen in dieser Nacht von einem Langstreckenflugzeug Russlands abgeschossenen Marschflugkörper stattgefunden, schrieb der Generalstab der polnischen Streitkräfte auf der Plattform X (vormals Twitter).

Ziel der Angriffe seien Städte in der Westukraine gewesen. Das Objekt sei in der Nähe des Dorfes Oserdow in den polnischen Luftraum eingetreten und dort 39 Sekunden lang geblieben.

Warschau bestellt russischen Botschafter ein

Die mutmaßliche Verletzung des polnischen Luftraums hat diplomatische Konsequenzen. Das Außenministerium in Warschau werde den russischen Botschafter einbestellen, der sich dazu erklären müsse, sagte Vize-Außenminister Andrzej Szejna nach Angaben der Agentur PAP. Von den Informationen des Botschafters hänge das weitere Vorgehen ab.

Während des gesamten Fluges sei es von militärischen Radarsystemen beobachtet worden, hieß es weiter. Es seien alle notwendigen Verfahren zur Gewährleistung der Sicherheit des polnischen Luftraums eingeleitet worden. Nach Angaben von Verteidigungsminister Wladysław Kosiniak-Kamysz drang das russische Flugobjekt 1000 bis 2000 Meter tief auf polnisches Territorium vor.

Eine Entscheidung müsse immer im Einzelfall getroffen werden. "Aber wenn es irgendeinen Hinweis darauf gegeben hätte, dass dieses Objekt auf ein Ziel im Hoheitsgebiet der Republik zusteuert, wäre es natürlich abgeschossen worden", sagte Kosiniak-Kamysz der Agentur PAP zufolge in Krakau. Polnische und US-amerikanische Kampfjets F-16 seien aktiviert worden.

Hyperschallrakete Kinschal eingesetzt

Diese hätten das Objekt rechtzeitig erreichen und mit ihren Raketen vernichten können, sagte ein Berater des Ministers, General Mieczyslaw Bieniek, der Zeitung Wiadomosci" zufolge. Nach ukrainischen Angaben galt der russische Angriff mit Marschflugkörpern und später mit Hyperschallraketen Kinschal einem Infrastrukturobjekt im Gebiet Lwiw.

Das polnische Militär hatte bereits Ende Dezember die Verletzung seines Luftraums durch eine russische Rakete festgestellt. Das Außenministerium in Warschau hatte daraufhin den Geschäftsträger der russischen Botschaft vorgeladen und ihm eine Protestnote übergeben. Darin wurde Russland zu einer "Erklärung des Vorfalls der Luftraumverletzung und der sofortigen Einstellung solcher Aktivitäten" aufgefordert.

Vorfall aus November 2022

Im November 2022 war in einem polnischen Dorf im Grenzgebiet zur Ukraine eine Rakete eingeschlagen, zwei Zivilisten kamen ums Leben. Der Westen geht davon aus, dass es sich um eine ukrainische Flugabwehrrakete gehandelt hat, die zur Verteidigung gegen russische Angriffe eingesetzt worden war.