Für die Menschen rund um Korntal-Münchingen ist der Grüne Heiner längst zum Wahrzeichen geworden. 2022 produzierte das Windrad 612,6 Megawattstunden Strom. Foto:  

Heimsheim, Mönsheim, Weissach und Rutesheim wünschen sich einen interkommunalen Windpark. Verfahren wie diese sind aufwendig und langwierig – auch, weil immer wieder gegen sie geklagt wird.

Windpark Heckengäu soll er heißen, aus zwölf Windkraftanlagen bestehen und – geht es nach den beteiligten Kommunen Rutesheim, Weissach, Heimsheim und Mönsheim und dem Projektentwickler iTerra – 2029 in Betrieb genommen werden. Erste Details zu einem interkommunalen Windpark auf den Gemarkungen der vier beteiligten Kommunen hatten die Projektpartner jüngst bei einer Einwohnerversammlung in Weissach vorgestellt, kurz nachdem der Weissacher Gemeinderat den Grundsatzbeschluss gefasst hatte, in Zukunft vor allem auf Windkraft zu setzen. Fünf bis sechs Windräder bräuchte es laut Klimamanager Dominik Karczag, um den Stromverbrauch der Gemeinde voll auszugleichen.

Auch, weil der Planungsentwurf großteils Standorte im Wald vorschlägt, wurde während und nach der Einwohnerversammlung Kritik laut. „Es wird anders werden, das kann man nicht wegreden“, so Bürgermeister Jens Millow zur Veränderung des Landschaftsbildes. „Natürlich gab es kritische Einwände“, sagt er. Trotzdem habe er bei der Bürgerversammlung das Gefühl bekommen, dass die breite Masse die Notwendigkeit des Projekts erkannt habe.

Es gibt noch eine Einwohnerversammlung

Wie geht es nun weiter? Zunächst einmal stehe eine weitere Anwohnerversammlung zum Windpark an, dieses Mal in Rutesheim. In Weissach soll es im November eine Sondersitzung des Gemeinderats geben, bei der das Thema abermals auf den Tisch kommt. Denn während sich zwei der vier Kommunen, so erklärt es Millow, bereits auf den hessischen Projektentwickler iTerra festgelegt haben, steht diese Entscheidung in den beiden anderen, darunter Weissach, noch aus. Im Anschluss können genauere Untersuchungen, etwa Windmessungen, starten. Diese werden vom Projektentwickler beauftragt und dauern oft ein ganzes Jahr.

Der Ausbau der Windkraft wird inzwischen auch von Bund und Ländern vorangetrieben. 1,8 Prozent der Landesfläche – etwas weniger als die Gesamtfläche aller Industrie- und Gewerbegebiete, die es bereits gibt – sollen in Zukunft für Windenergie genutzt werden. So will es das Wind-an-Land-Gesetz, das der Bund 2022 verabschiedet hat und das die Länder verpflichtet, entsprechende Flächen bis 2032 auszuweisen. Die Länder wiederum haben diese Aufgabe an die Regionalplanung weitergegeben, im Raum Stuttgart ist das der Verband Region Stuttgart (VRS). „Das Problem ist, dass diese 1,8 Prozent nicht auf alle Kommunen gleich verteilt werden können“, so Thomas Kiwitt, Leitender Technischer Direktor des Verbands. Denn nicht jede Kommune hat geeignete Flächen für ein Windrad. Wird das Flächenziel nicht erreicht, gibt es laut Gesetz klare Konsequenzen: Landesplanungen, die Windenergievorhaben entgegenstehen, sind dann nicht mehr gültig. Windräder können dann, so Kiwitt, überall gebaut werden, wo keine anderen Ausschlusskriterien wie Naturschutzgebiete oder Flugsicherung greifen. „Die Kommunen haben kein Vetorecht“, erklärt Kiwitt. „Wir müssen das Beste daraus machen. Ohne die 1,8 Prozent werden wir alle nicht mehr gefragt.“

Verfehlen des 1,8-Prozent-Ziels hat rechtliche Konsequenzen

Insgesamt, so sieht es der Technische Direktor, habe das Thema Windkraft durch die Erfahrungen des vergangenen Winters einen großen Schub bekommen. Die Energieversorgung sei verletzlich, das habe die Stimmung verändert. „Man hört keine Begeisterungsrufe“, so Kiwitt. „Aber die riesigen Emotionen und die große Aufgeregtheit sind einer nüchternen Einstellung gewichen.“ Auch er denkt: Der Mainstream erkennt die Notwendigkeit von Windkraft.

Verfahren zu Windrädern sind oft langwierig und komplex

Aus dem Boden schießen werden die Windräder deshalb aber nicht – oft dauert die Entwicklung eines Windkraftprojekts mehrere Jahre. „Der Windkraftausbau ist ein mühseliges Geschäft“, so Kiwitt. Dass Baden-Württemberg in Sachen Windenergie hinterherhinkt, zeigen auch die Zahlen: In den ersten neun Monaten des Jahres 2023 sind in Baden-Württemberg 13 Windkraftanlagen in Betrieb gegangen, auf die nur rund zwei Prozent Leistung aller in Deutschland in Betrieb gegangenen Anlagen entfallen.

Grund für den stockenden Ausbau sind neben langwierigen Verfahren auch immer wieder Klagen. Beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim (VGH) sind in diesem Jahr 29 Verfahren, bei denen es um Windkraft geht, eingegangen. „Die Verfahren sind – auch wenn der Bearbeitungsaufwand der Verfahren stark vom Einzelfall abhängt – regelmäßig überdurchschnittlich komplex und bedingen einen erheblichen Zeitaufwand“, erklärt Matthias Hettich, Richter am VGH. „Oft sind schwierige Fragen zum Sachverhalt und sehr komplexe Fragen zu einer Vielzahl von Rechtsgebieten zu klären.“

Eine Infoveranstaltung zum Windpark Heckengäu findet am Dienstag, 17. Oktober, ab 19 Uhr in der Aula im Schulzentrum Rutesheim, Robert-Bosch-Straße 29, statt.