Beim Attentat 2015 im Pariser Bataclan kamen 131 Menschen ums Leben. Foto: AP/Thibault Camus

Der Anschlag von Moskau ruft die Erinnerung wach an den Terroranschlag von 2015 auf das Pariser Konzertlokal Bataclan.

Wie die Regierung in Paris am Sonntagabend bekannt gab, wird das Dispositiv „Vigipirate“ von der zweiten auf die dritte und höchste Stufe verstärkt – bedeutet: Terroranschläge drohen „unmittelbar“. Das permanente Kontingent von 3000 Vigipirate-Soldaten wird durch Gendarmen und bewaffnete Sicherheitskräfte mit sofortiger Wirkung auf 7000 verstärkt. Vor Bahnhöfen, Museen und Mittelschulen werden Handtaschen kontrolliert. Die Polizeipräfekte können Gefährder ohne richterliche Genehmigung mit Hausarrest belegen und Versammlungen, etwa Demonstrationen, verbieten.

Vereitelte Attentatspläne in mehreren Ländern

Premierminister Gabriel Attal, der am Montag Minister und Terrorbekämpfer einberief, begründete die Maßnahmen mit dem Moskauer Anschlag, den er der Terrormiliz Islamischer Staates Provinz Khorasan (ISPK) zurechnet. „Diese Organisation bedroht Frankreich“, erklärte der Premier. „Sie war zudem jüngst in mehrere vereitelte Attentatsprojekte in mehreren Ländern verwickelt, darunter Deutschland und Frankreich.“ Bundesinnenministerin Nancy Faeser teilt diese Einschätzung und warnte vor Gefahren für Deutschland.

Frankreich schritt sogleich zur Tat und gab die höchste Terrorwarnung aus. Der Anschlag in Russland weckt Erinnerungen an den Terroranschlag von 2015 auf das Pariser Konzertlokal Bataclan. 131 Menschen kamen damals ums Leben, über 400 wurden verletzt. Danach führte der damalige Staatspräsident François Hollande den dreistufigen Antiterrorplan Vigipirate ein.

Im vergangenen Oktober war das Alarmdispositiv bereits für drei Monate auf die Höchststufe gesetzt worden, als ein aus Inguschetien (Kaukasus) stammender ehemaliger Schüler in der nordfranzösischen Stadt Arras einen Lehrer ermordete. Kurz vor der Tat war der Nahostkonflikt durch den Hamas-Angriff auf Israel neu ausgebrochen. Die französischen Behörden suchen vor allem einem Übergreifen der nahöstlichen Gewalt auf die Vorstädte von Paris, Lyon oder Marseille zuvorzukommen.

Wie groß die Spannungen in Frankreich sind, zeigte sich am Montag in der elsässischen Stadt Colmar, wo infolge von Bombendrohungen zwei Mittelschulen geräumt werden mussten. Französische Terrorexperten warnen seit längerem vor sogenannten „Lowcost-Attentätern“, die sich via Internet radikalisieren und weitgehend auf eigene Faust handeln. Das Alter dieser Täter sinkt stetig. Am Freitag etwa eröffnete die Justiz ein Strafverfahren gegen einen 14-Jährigen, der beschuldigt wird, ein Attentat in einem Einkaufszentrum der Stadt Lille geplant zu haben.

Die Pariser Behörden machen sich nicht nur Sorgen wegen des kommenden Osterwochenendes, sondern vor allem wegen der olympischen Sommerspiele in Paris. Das Organisationskomitee hat die Zahl der Zaungäste der Eröffnungsfeier entlang der Seine aus Sicherheitsgründen schon von ursprünglich zwei Millionen auf wenige Hunderttausend zusammengestrichen. Der Geopolitiker und Terrorexperte Pascal Boniface sagte am Montag in Paris, die Sicherheitsfrage sei „zweifellos die wichtigste Herausforderung“ der Pariser Spiele.