Musikinstrumente wie diese Geige können weit über Hunderttausend Euro wert sein - wie jetzt im Falle eines Geigenbesitzers von den Fildern Foto: Bundespolizei

Der Ermittlungsfall um eine verschwundene und sehr wertvolle Violine aus dem Jahr 1750 ist abgeschlossen. Der Täter hat es nicht nur bei der Polizei vergeigt.

Stuttgart - Baron von Münchhausen hätte die Geschichte nicht besser erfinden können. Nun aber ist der Ermittlungsfall um eine verschwundene Violine des Mailänder Geigenbauers Carlo Antonio Testore aus dem Jahr 1750 abgeschlossen. Der Täter hat es bei der Polizei vergeigt.

Die Geschichte geht so: Der 53-jährige Besitzer, der auf den Fildern wohnhaft ist, will im Sommer 2014 sein Musikinstrument, dessen Wert in Fachkreisen auf 120 000 Euro geschätzt wird, verkaufen. Mit der Abwicklung beauftragt er einen Bekannten, einen 35-jährigen Musiker aus Kirchheim/Teck. Der Treuhänder reist im August 2014 in die Schweiz, wo er die Violine einem Zürcher Instrumentenliebhaber für 85 000 Euro verkauft. Mit einer Quittung und dem Geld in einer Bauchtasche reist er wieder zurück.

Die Geschichte wird nun abenteuerlich: Weil er am Abend am Bahnhof in Basel auf den Zug nach Stuttgart warten muss, setzt er sich auf eine Bank. Und raucht mit zwei unbekannten Männern spontan zwei Joints. Was man eben so macht, wenn man 85 000 Euro bei sich trägt und auf einen Zug wartet. Er schläft ein und wacht noch rechtzeitig auf, um eilig gegen um 1 Uhr morgens den Zug in die Heimat zu besteigen. Im Zug merkt er aber, dass seine Bauchtasche mit dem Geld fehlt. In Stuttgart erstattet er bei der Bundespolizei Anzeige.

In der Schweiz löst der Fall heftige Reaktionen aus: „Dem Kifferlöli geschieht das recht“, sagt einer, „ich hätte auch das Geld genommen und nicht den Joint.“ Andere finden den Aspekt einer Steuerstraftat interessant: „Einfuhr ohne Zoll und Geld bar ins Ausland“, kommentierte ein Schweizer, „sowohl der Geigenbauer als auch der Kurier dürften der Steuerfahndung jetzt einige Fragen beantworten müssen.“

85 000 Euro in bar hätte vor der Einreise nach Deutschland deklariert werden müssen, was der 35-Jährige nach eigenen Angaben aber wegen Zeitmangels unterlassen habe. Laut Bundespolizei wurde die Anzeige an die Schweizer Behörden weitergegeben.

Die Geschichte danach: Der 35-Jährige will den Fall auf seine Weise lösen. Er sagt dem 53-jährigen Besitzer, dass er die Violine wieder zurückholen könne. Mit dem Züricher Instrumentenliebhaber, den er einst in einem Violinenfachhandel in Budapest kennen gelernt habe, sei eine Rückabwicklung möglich. Für den Rückkauf müsste der 53-Jährige nochmals 17 000 Euro zahlen.

Der Besitzer merkt freilich, dass er offenbar erneut abgezockt werden soll. Er erstattet im Oktober 2014 Anzeige beim Polizeirevier in Möhringen. Am 30. Oktober wird ein Haftbefehl ausgestellt – doch der Bekannte aus Kirchheim/Teck verschwindet spurlos. Offenbar war er wie Baron von Münchhausen nach dem Monde verreist.

Ob da je eine Geige verkauft wurde, ob es die 85 000 Euro überhaupt gegeben hat – alles war offenbar ein Märchen. Anfang Januar übergab der 35-Jährige die Violine einem Anwalt und stellte sich in Stuttgart der Polizei. „Mutmaßlich war die Violine die ganze Zeit in seinem Besitz“, sagt Polizeisprecher Jens Lauer, „sie war aber wie ein wertvolles Gemälde nicht unauffällig in Fachkreisen zu verkaufen.“

Der ungetreue Treuhänder wurde einem Richter vorgeführt, der den bestehenden Haftbefehl außer Vollzug setzte. Dem 35-Jährigen wird Betrug und Vortäuschen einer Straftat vorgeworfen. Welche Geschichte ihm dazu einfiel? Keine. Er machte beim Richter keine Angaben.