Als Eintritt zur Besichtigung verlangen Makler schon einmal 50, 60 Euro Foto: dpa-Zentralbild

Wohnungsbesichtigung allein gefällig? Gegen 60 Euro jederzeit! Der Mieterverein Stuttgart will diese unrechtmäßigen Forderungen verhindern und hat deshalb Rechtsanwälte mit dem Fall betraut. Nun geht zwei Stuttgarter Firmen eine Unterlassungserklärung zu.

Stuttgart - Eine der beiden Firmen bietet über eine Internetplattform und unter dem eigenen Namen Studentenwohnungen in Vaihingen an (wir berichteten am Montag in dieser Zeitung über diesen Vorfall). „Als zwingende Voraussetzung für die Anmietung einer Wohnung muss der Interessent jedoch eine einmalige Servicegebühr von 470 Euro bei Übergabe des Zimmers entrichten“, schreiben die Anwälte.

Die Gegenleistungen für die Gebühr seien jedoch „völlig undefiniert“. Von Seiten der Firma sei sogar eingeräumt worden, dass es sich dabei um eine „Vermittlungsgebühr im Sinne einer Maklercourtage“ handle.

Seit 1. Juni verbietet der Gesetzgeber, dass beim Vermitteln von Wohnraum eine Maklergebühr erhoben wird von Mieter und Vermieter oder von dem, der den Makler gar nicht bestellt hatte. Jetzt gilt das Bestellerprinzip, wonach ein Student, der übers Internet eine Wohnung sucht, den Makler, der zur Besichtigung einlädt und mit der Vermietung beauftragt ist, keine Gebühr bezahlen muss.

Die betreffende Firma ist nun „zur Vermeidung gerichtlicher Schritte“ dazu aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben und auf das Erheben einer einmaligen Gebühr von 470 Euro zu verzichten. Außerdem soll die Firma bei jedem weiteren Fall eine Vertragsstrafe in Höhe von 5500 Euro übernehmen. Die Firma war am Freitag nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen.

Nach Ansicht der Anwälte verstößt die Firma gegen das Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung, aber auch gegen den unlauteren Wettbewerb. Weil die Firma eine rechtswidrige Forderung stellt, verschaffe sie sich einen Vorsprung gegenüber rechtstreuen Mitbewerbern. Argwohn hat auch das Geschäftsgebaren einer weiteren Firma bei den Rechtsanwälten hervorgerufen. Wie uns gegenüber ein Lehrer geschildert hatte, war er von einem Vermittler zu einer Wohnungsbesichtigung eingeladen worden, sollte dafür aber 34,99 Euro bezahlen. Weder hatte der Interessent den Makler beauftragt, noch war die Gebühr erfolgsabhängig zu bezahlen. Derselbe Vermittler ist dem Mieterverein Stuttgart ebenfalls gemeldet worden, woraufhin Vereinschef Rolf Gaßmann die Anwälte beauftragt hat.

Die Juristen sind bei der betreffenden Firma auf weitere Ungereimtheiten gestoßen: Zum einen konnten sie „registergerichtliche Eintragungen nicht auffinden“, zum anderen trete der Firmenchef einmal mit, einmal ohne Doktortitel auf und gebe zweierlei Adressen, aber eine gleichbleibende Telefonnummer an. „Auch die stimmt skeptisch“, schreiben die Anwälte. Auch der Gelegenheits-Doktor habe nun die Aufforderung bekommen, die Unterlassungserklärung bis 4. August zu unterschreiben, um gerichtliche Schritte zu vermeiden. Der Mieterverein behält sich jedoch die Anzeige der beiden Geschäftsleute vor, ungeachtet der Unterschrift unter den Schriftstücken. Denn: In beiden Fällen scheint zielgerichtet die Wohnungsnot in Stuttgart zu neuen Geschäftsmodellen anzuregen“, so die Anwälte.

Offenbar gibt es weitere Erfahrungen mit unrechtmäßig erhobenen Gebühren, das zumindest geben die Kommentatoren in den Sozialen Netzwerken zu verstehen. Unter anderem schildert eine Leserin, dass jüngst Staffelpreise verlangt worden seien: Die Einzelbesichtigung für 59,99 Euro, die Besichtigung zu dritt für 29,99 Euro und eine Massenbesichtigung für 9,99 Euro. Zu Letzterer seien jedoch nur fünf Leute gekommen, die sich dann mit einem Bewerbungsbogen beim Vermieter bewerben mussten. Eine Antwort sei nie gekommen.