Der jetzt gestorbene Mafia-Boss Toto Riina 1995 während seines Prozesses. Foto: AP

Der einst meistgefürchtete Mafia-Boss Toto Riina ist am Freitag mit 87 im italienischen Parma gestorben. Er bereue nichts, sagte er wenige Wochen vor seinem Tod. Viele Geheimnisse nimmt der mitleidlose Mörder mit ins Grab.

Rom - „U curtu“, der Kurze, war wohl der harmloseste Name, der Salvatore Riina verpasst wurde. Der Boss der mächtigen Cosa Nostra war immerhin nur 1,58 Meter groß. Doch genau so treffend waren seine weiteren Spitznamen: „La belva“, die Raubkatze, und „la bestia“, die Bestie. Salvatore (Toto) Riina soll für mehr als hundert Auftragsmorde verantwortlich sein. Manche Zählungen gehen sogar von mehr als 150 aus.

Toto Riina ist in der Nacht von Donnerstag auf Freitag gestorben. Er hatte an Nierenkrebs und Herzproblemen gelitten. Der 87-Jährige starb in einem Häftlingstrakt des Krankenhauses in Parma, wo er seit 1993 im Gefängnis saß. Erst vor wenigen Wochen hatte ein Gericht in Bologna einen Antrag abgelehnt, ihn aus Gesundheitsgründen frei zu lassen und ihm ein Sterben unter Hausarrest zu ermöglichen. Die Begründung: Trotz seines schlechten Gesundheitszustands ginge von Riina noch immer eine große kriminelle Macht aus. Nach Hause, ins berüchtigte Corleone auf Sizilien, wollte man ihn nicht gehen lassen.

Riina war der Boss der Mafia-Bosse

Jahrzehnte lang terrorisierte der Boss der Bosse – „il capo dei capi“ – ganz Italien. Riina wurde unter anderem schuldig befunden, 1992 die Aufsehen erregenden Morde an den Anti-Mafia-Juristen Giovanni Falcone und Paolo Borsellino in Auftrag gegeben zu haben. Auch soll er für die Verschleppung und Ermordung des Journalisten Mauro de Mauro verantwortlich sein und als Drahtzieher hinter den Anschlägen in Rom, Mailand und Florenz stehen, bei denen 1993 zehn Menschen ums Leben kamen. Unter Riinas Herrschaft in der Mafia wurde 1980 der damalige Regionalpräsident von Sizilien, Piersanti Mattarella, der Bruder des heutigen Präsidenten Italiens, ermordet.

Nachdem er 1993 in Palermo verhaftet werden konnte, wurde Riina zu mehrmaliger lebenslänglicher Haft verurteilt. Doch vieles über seine Taten liegt noch heute im Dunkeln. Die italienische Tageszeitung „la Repubblica“ schrieb am Freitag, Riina habe „seine Geheimnisse für immer mit ins Grab genommen.“

Der Sizilianer zählte zu den brutalsten Killern in Corleone

1930 wurde Salvatore Riina als Sohn eines Bauern im sizilianischen Corleone geboren. Das ist die Stadt, die durch das Mafia-Epos „Der Pate“ weltweite Berühmtheit erlangte und seitdem bei vielen das Bild des verwegenen Marlon Brando heraufbeschwört. Schon in jungen Jahren schloss sich Riina dem Mafiosi Luciano Liggio an und soll bald zu dessen brutalsten Killern im Kampf um die Herrschaft in Corleone gezählt haben.

Als Liggio 1974 verhaftet wurde, wurde Riina der „capo“. Er wurde bereits seit 1970 per Haftbefehl gesucht, konnte aber erst mehr als 20 Jahre später gefasst werden. Angeblich soll er in dieser Zeit auf Sizilien gelebt und seine Macht weiter ausgebaut haben. Der Verdacht, dass dies nicht ohne die Hilfe von Korruption und der Einschüchterung der sizilianischen Regierung vonstatten ging, liegt nahe.

Anfang der 1980er Jahre erlangten die Corleonesi und die mit ihnen verbündeten Familien die absolute Herrschaft in der Cosa Nostra, der sizilianischen Mafia. Mehr als tausend Menschen sollen während dieser brutalen Machtergreifung getötet worden sein. Gleichzeitig startete Riina einen Feldzug gegen den Staat: Richter, Staatsanwälte, Journalisten – niemand war mehr sicher.

Er bereue nichts, sagte Riina wenige Wochen vor seinem Tod

Er bereue nichts, hat Riina in einem Gespräch gesagt, das vor wenigen Wochen abgehört wurde. Besuch durfte der Mafia-Boss während seiner Haft normalerweise nicht empfangen. Am Donnerstag, dem Geburtstag Riinas, hatte Gesundheitsminister Andrea Orlando es jedoch seiner Frau und drei seiner vier Kinder erlaubt, ihn im Krankenhaus zu besuchen, um Abschied zu nehmen. Da lag Riina bereits im Koma. Riinas ältester Sohn Giovanni war nicht an seinem Totenbett. Er sitzt wegen vierfachen Mordes im Gefängnis.

„Für mich bist du nicht Toto Riina. Für mich bist du nur mein Vater“, schrieb sein Sohn Giuseppe Salvatore am Donnerstag zum Geburtstag des Vaters auf seiner Facebook-Seite. Den Eintrag hat er kurz darauf wieder gelöscht. Zuvor hatte er noch Hunderte „gefällt mir“-Bekundungen erhalten.