Die Wellen der Ostsee peitschen an einen Leuchtturm in Mecklenburg-Vorpommern Foto: dpa/Georg Moritz

Ein mächtiger Sturm drückt das Ostseewasser an Land und sorgt für Überschwemmungen im Norden. Für den Abend wird eine schwere Sturmflut erwartet. Schon vorher aber hatten Einsatzkräfte gut zu tun

Die Wellen der Ostsee donnern mit Wucht an die Hafenanlagen, Straßen sind zum Teil von Wasser überschwemmt, Äste stürzen auf Autos und Gleise - das Sturmtief über der Ostsee hat am Freitag für Sperrungen in Ufernähe und für Schäden an Land gesorgt. Und das, obwohl das Hochwasser noch nicht den erwarteten Höchststand erreicht hat.

Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) rechnete für die Kieler und Lübecker Bucht in der Nacht zu Samstag mit dem Höhepunkt der schweren Sturmflut. In der Flensburger Förde könnte das Wasser bis zu 2,00 Meter über das mittlere Hochwasser steigen, teilte das BSH auf seiner Internetseite mit. In der Lübecker Bucht sollte der Wasserstand bis zu 1,6 Meter über normal erreichen.

Mecklenburg-Vorpommern dürfte bei der Sturmflut weitgehend glimpflich davon kommen, auch wenn einige Städte mit Hochwasser rechnen müssen. Wismar dürfte am stärksten betroffen sein. Aber auch in Warnemünde und im Nordosten des Bundeslandes wurden Vorkehrungen getroffen.

Die Feuerwehr sprach am Freitagnachmittag von rund 110 Einsätzen in den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Plön sowie in Kiel. Neben Kiel mit 36 Einsätzen gab es Schwerpunkte in der Schleiregion, in Eckernförde und Damp, wo eine Rehaklinik mit Sandsäcken gegen das steigende Wasser gesichert wurde. „Es sind schon viele Leute, die wegen Sandsäcken anfragen“, sagte ein Sprecher. Die Kiellinie und weitere Straßen in der Landeshauptstadt wurden aus Sicherheitsgründen gesperrt.

In Flensburg war die Lage zunächst noch überschaubar

In Flensburg war die Lage zunächst noch überschaubar, wie eine Polizeisprecherin sagte. „Das Wasser kommt, es ist schon sehr weit gedrungen, es steht schon vor der Tür.“ Am Nachmittag standen die Straßen am Hafen unter Wasser. Im Kreis Schleswig-Flensburg waren bereits rund 30 000 Sandsäcke an die betroffenen Ämter und Gemeinden ausgeteilt worden, weitere 40 000 standen bereit.

In der Lübecker Bucht war das Wasser am Mittag ebenfalls bereits an vielen Stellen über die Ufer getreten. Zudem blockierten ungesicherte Gegenstände sowie umstürzende Bäume teilweise die Fahrbahnen in Lübeck und im Kreis Ostholstein. Polizei und Feuerwehr schleppten Fahrzeuge aus dem Gefahrenbereich und sperrten Straßen.

Auf Fehmarn waren am Freitag die freiwilligen Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger zehn Urlaubern und einem Hund zu Hilfe gekommen, die auf ihren Hausbooten vom Sturm überrascht wurden. Sie mussten die schwimmenden Unterkünfte verlassen und wurden an Land gebracht.

Das Technische Hilfswerk (THW) bereitete sich auf Einsätze vor. „Wir beobachten die Lage und stehen bereit, mit unseren vielfältigen Möglichkeiten während und nach der Sturmflut Hilfe zu leisten“, sagte THW-Präsidentin Sabine Lackner. Erste Maßnahmen seien angelaufen, Sandsäcke befüllt und verbaut worden.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) ging davon aus, dass das Sturmtief über der Ostsee am Freitagnachmittag seinen Höhepunkt erreichen und nach Mitternacht langsam abklingen wird. „Bis etwa zwei Uhr nachts sind dann an der Ostseeküste und den Inseln orkanartige Böen möglich“, sagte DWD-Meteorologin Anne Wiese der dpa in Hamburg. Dabei werden Temperaturen von acht bis zehn Grad erwartet.

Auf der Elbe und in der Nordsee ist die Schifffahrt wiederum wegen extremen Niedrigwassers und Sturm eingeschränkt. Der gleiche Wind, der an der Ostsee das Wasser ans Land drückt, drückt an der Nordsee das Wasser weg. Deshalb kommt es dort zu extrem niedrigen Wasserständen. Der Fährverkehr von und zu mehreren Ostfriesischen Inseln ist eingestellt worden, weil die Wasserstände zu niedrig waren. Die Inseln Juist, Baltrum, Spiekeroog und Wangerooge waren nicht mit Fährschiffen zu erreichen, wie die Fährgesellschaften auf ihren Internetseiten mitteilten. Im Fährverkehr zu den Inseln Langeoog und Norderney kam es ebenfalls zu Ausfällen und veränderten Abfahrtszeiten.

Auch in der Ostsee stellten Fähren zeitweise den Dienst ein

Auch in der Ostsee stellten Fähren zeitweise den Dienst ein. So fuhr in Travemünde die Fähre zum Priwall teilweise nicht mehr, in Kiel wurde die Fördefährlinie zwischen der Bahnhofsbrücke in der Innenstadt und Laboe eingestellt. Der Sturm über der Ostsee stoppte auch den deutsch-dänischen Fährverkehr auf den Strecken Puttgarden-Rødby und Rostock-Gedser vorübergehend.

Nach einer Sperrung der Bahnstrecke zwischen Neumünster und Brokstedt wurde der Regionalverkehr auf der Strecke am Nachmittag wieder aufgenommen. Viele Züge in Schleswig-Holstein verkehrten mit verringerter Geschwindigkeit, es kam zu Verspätungen. Ab 20.00 Uhr sollte der Bahnverkehr zwischen Eckernförde und Kiel, Rendsburg und Kiel sowie Husum und Kiel eingestellt werden.

Am Kopenhagener Flughafen fiel am Freitag rund jeder zehnte Flug aus. Die Sturmflut hat auch die Küsten im Süden und Osten Dänemarks erreicht und zu Stromausfällen und Evakuierungen geführt. Die Polizei forderte Anwohner und Urlauber am Freitagnachmittag dazu auf, die Gegend um Sandersvig Strand sofort zu verlassen. In der Sommerhaussiedlung nahe Haderslev (Hadersleben) in Südostjütland war demnach ein Deich gebrochen. Auch auf der Insel Møn im Südosten Dänemarks wurden die Bewohner einer Sommerhausgegend gebeten, ihre Häuser bis zum Freitagabend zu verlassen. Etwa 200 dänische Haushalte waren am Freitagnachmittag vom Stromnetz abgeschnitten.