Der ganz normale Wahnsinn: Berufsverkehr am Mittleren Ring in München. Foto: Imago/Wolfgang Maria Weber

Schadstoffe in der Luft machen krank und können zum Tod führen. Wie viele Todesfälle durch Feinstaub und Stickstoffdioxid vermieden werden könnten, zeigt die EU-Umweltagentur in einem neuen Bericht. Es sind alamierende Zahlen.

Schlechte Luft bleibt nach Einschätzung der EU-Umweltagentur EEA (European Enviroment Agency) das größte von Umweltbedingungen ausgehende Gesundheitsrisiko. Rund 253 000 Todesfälle in der EU hätten im Jahr 2021 im Zusammenhang mit Feinstaubwerten über den empfohlenen Grenzen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestanden, teilte die EEA am Freitag (24. November) im Rahmen des „Clean Air Forum“ der EU in Rotterdam mit.

„Die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf unsere Gesundheit sind immer noch zu hoch“, erklärt EEA-Direktorin Leena Ylä-Mononen. Den Schätzungen zufolge verursacht Feinstaub die größten gesundheitlichen Belastungen durch Herzerkrankungen, gefolgt von Schlaganfällen, Diabetes, der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), Lungenkrebs sowie Asthma.

Feinstaub: 32 300 Todesfälle in Deutschland

RWE Braunkohlekraftwerk Weisweiler, Kraftwerk Weisweiler in Eschweiler. Foto: Imago/Imagebroker

In Deutschland stehen den Angaben nach 32 300 Todesfälle in Zusammenhang mit zu viel Feinstaub in der Luft. Die höchsten Sterblichkeitsraten gebe es in den östlichen und südlichen Ländern, sagt Ylä-Mononen. In den Bericht wurden rund 40 europäische Länder einbezogen.

Die WHO hatte die empfohlenen Grenzwerte für PM2,5-Feinstaub im Jahr 2021 gesenkt – für die mittlere jährliche Belastung von 10 auf 5 Mikrogramm (tausendstel Gramm) pro Kubikmeter Luft. Als PM2,5 werden Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern (tausendstel Millimetern) bezeichnet. PM2,5-Partikel können teils bis in die Lungenbläschen und in die Blutbahn vordringen.

Was ist Feinstaub?

Das Braunkohlekraftwerk Boxberg zeichnet sich vor der untergehenden Sonne in Neuliebe ab. Foto: Imago/Photothek

Feinstaub besteht laut Umweltbundesamt (UBA) aus einem Gemisch fester und flüssiger Partikel und entsteht etwa durch den Betrieb von Autos, Heizungen in Wohnhäusern oder der Industrie, etwa bei der Metall- und Stahlerzeugung. Auch in der Landwirtschaft entsteht Feinstaub, etwa Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung.

Diese winzigen Teilchen können tief in die Atemwege eindringen und etwa die Lunge nachhaltig schädigen. Studien zufolge kann eine hohe Feinstaubbelastung einen vorzeitigen Tod verursachen, beispielsweise infolge von Herz- und Atemwegserkrankungen, Lungenkrebs und Infektionen der unteren Atemwege.

Etwa 2,5 Milliarden Menschen in Städten weltweit sind laut einer Studie einer Feinstaubbelastung ausgesetzt, die über den von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlenen Grenzwerten liegt. Das seien rund 86 Prozent aller in Städten lebenden Menschen, heißt es in der Studie.

Hohe Belastung durch Stickstoffdioxid und Ozon

Der Autoverkehr ist einer der Hauptverursacher von Stickstoffoxiden. Foto: Imago/aal.Photo

Neben Feinstaub bleiben auch Stickstoffdioxid und bodennahes Ozon in der Luft ein Problem: 52 000 Todesfälle in der EU sind nach der EEA-Analyse einer erhöhten Belastung durch Stickstoffdioxid zuzuordnen, 22 000 der Ozon-Belastung. Stickstoffdioxid entsteht bei Verbrennungsprozessen, etwa in Motoren, hohe Konzentrationen werden an vielbefahrenen Straßen erreicht.

Ziel der EU ist, die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Feinstaub-Belastung bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 zu reduzieren. Zwischen 2005 und 2021 ist die Zahl der Todesfälle laut EEA bereits um 41 Prozent zurückgegangen.

Sehen Sie hier: Luftverschmutzung in Stuttgart – Echtzeit-Karte des Luftqualitätsindex

App zur Luftqualität

Dicke Luft in der polnischen Stadt Krakau. Foto: Imago/Zuma Wire

EEA-Experten fordern, die von der WHO empfohlenen Richtwerte einzuhalten, um Todesfälle zu vermeiden. Es brauche Maßnahmen auf EU-Ebene, aber auch auf nationaler und lokaler Ebene. In den Städten etwa gehe es vor allem darum, den Verkehr neu zu organisieren, um Menschen vor Luftverschmutzung zu schützen.

EU-Bürgerinnen und Bürger können in der App „European Air Quality Index“ nachschauen, wie es um die Luftqualität in ihrer Umgebung bestellt ist und wie sie damit umgehen können. So könnten sie beispielsweise entscheiden, ob gerade ein guter Zeitpunkt ist, um draußen Sport zu machen, sagen EEA-Experten. Die App könne auch dabei helfen, Länder oder Regionen miteinander zu vergleichen und auf Probleme mit schlechter Luft aufmerksam zu machen.