Angriff auf offener Straße. Ein 25-Jähriger steht vor Gericht. Foto: dpa/

Weil er in Esslingen einen Mann, der in Begleitung seiner fünfjährigen Tochter war, mit einem Messer angegriffen hat, steht ein 25-Jähriger seit Montag vor dem Landgericht Stuttgart. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass der Angeklagte psychisch krank und schuldunfähig ist. Er beantragte die Unterbringung in einer Psychiatrie.

Die Tat war den Ermittlern zunächst ein Rätsel. Warum greift jemand einen Vater, der frühmorgens mit seinem Kind an der Hand unterwegs ist, auf offener Straße an? Es war der 21. Februar dieses Jahres, als ein 38-Jähriger und seine Tochter im Esslinger Stadtteil Mettingen auf dem Weg zu ihrem geparkten Auto waren. Die beiden wollten zum Kindergarten fahren. Gegen 7.20 Uhr wurde der Mann in der Rosenstraße unvermittelt von hinten gepackt und am Hals mit einem spitzen Gegenstand verletzt. Der Angreifer flüchtete. Die Fünfjährige hatte zwar alles mitbekommen, blieb aber unverletzt. Dass er sich bei der Tatwaffe um ein gewöhnliches Küchenmesser handelte, ergaben erst die späteren Ermittlungen.

Eineinhalb Wochen nach dem Überfall konnte die Polizei, die sofort eine Großfahndung ausgelöst und mit Drohnen und einem Hubschrauber nach dem Angreifer gesucht hatte, in einer Unterkunft für Geflüchtete einen 25-Jährigen festnehmen.

Staatsanwalt: Angeklagter ist weiterhin eine Gefahr

Der steht seit Montag vor dem Landgericht Stuttgart. Die Anklage wirft ihm unter anderem versuchten Mord vor. „Es hätte tödlich ausgehen können“, sagte der Staatsanwalt. Es sei nur einer glücklichen Fügung zu verdanken, dass der Stich wichtige Blutgefäße verfehlt hatte. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass der 25-Jährige psychisch krank ist und die Tat in schuldunfähigem Zustand begangen habe. Er habe unter dem Einfluss von paranoiden Halluzinationen gehandelt. Weil von ihm aber weitere Straftaten zu erwarten seien, beantragte der Staatsanwalt in einem Sicherungsverfahren die Einweisung in der Psychiatrie.

Stimmen im Kopf fordern zum Angriff auf

Der 25-Jährige, der im Zentrum für Psychiatrie in Weissenau vorläufig untergebracht ist, betonte am ersten Prozesstag, dass er wieder gesund sei und nach Hause wolle. „Alle sagen, dass ich krank bin. Aber das bin ich nicht“, sagte er, „ich habe einen Fehler gemacht, es war eine Dummheit und ich mache das nie mehr wieder“. Zu seinem Motiv sagte er, dass er an diesem Morgen einen Bekannten abfangen und ihm eine Abreibung verpassen wollte. Dieser habe ihn im Streit an der Hand und am Oberarm verletzt. Stimmen im Kopf hätten ihm dann zugeredet, dass es sich bei dem Mann auf der Straße um seinen Bekannten handle. Er beteuerte auf Nachfragen der Vorsitzenden Richterin, dass er das Kind nicht bemerkt habe. „Hätte ich das Mädchen gesehen, hätte ich es nicht gemacht“, sagte er.

Angeklagter unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraft

Bei der Tatwaffe habe es sich um das Haushaltsmesser eines Mitbewohners gehandelt. „Ich habe mit dem Messer aber nur wie eine Katze gekratzt“, sagte der 25-Jährige. In der Verhandlung kam auch zur Sprache, dass er mehrfach vorbestraft ist, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung. So wurde er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er mit einem Bekannten einen Esslinger Imbissbetreiber im Streit mit einem Verkehrsschild treffen wollte.

Vater und Tochter sind seit dem Angriff ängstlicher geworden

Im Zeugenstand berichtete am Montag das Opfer von dem Überfall. Der heute 39-Jährige tritt in dem Verfahren auch als Nebenkläger auf. Er habe den Angreifer nicht gesehen und nur bemerkt, wie ihn etwas hinten zieht, dann habe er einen Stich gespürt, erzählte er. Schmerzen habe er nicht gefühlt, er sei zu sehr damit beschäftigt gewesen, sein Kind im Auto in Sicherheit zu bringen und einen Notruf abzusetzen.

Die blutende Wunde sei ambulant behandelt worden. Seine Tochter sei in der Zeit nach dem Angriff ängstlich gewesen, habe sich oft umgedreht und wollte nicht mehr an seiner Hand gehen. Auch er sei vorsichtiger geworden. Gespräche mit einer Psychologin würden ihm aber bei der Verarbeitung helfen. Der Prozess wird fortgesetzt.