Eine Jugendkammer des Landgerichts hat die jungen Angeklagten zu Bewährungsstrafen verurteilt. Foto: dpa

Zwei Jahre auf Bewährung – so lautet das Urteil einer Jugendkammer des Stuttgarter Landgerichts für zwei Angeklagte im Alter von 18 und 19 Jahren. Sie waren in Überfälle in Backnang und Oppenweiler verwickelt.

Stuttgart/Backnang - „Ich will Sie beide hier nicht mehr sehen“ – mit dieser unmissverständlichen Ansage hat der Vorsitzende Richter der 3. Großen Jugendkammer des Stuttgarter Landgerichts einen 19 und einen 18 Jahre alten Angeklagte aus dem Raum Backnang am Donnerstag nach Hause geschickt. Für den 19-Jährigen war das der Weg zurück in die Freiheit: Er war bis zum Prozessbeginn in dieser Woche rund sechs Monate in der Justizvollzugsanstalt in Stuttgart-Stammheim eingesessen. Der Tatvorwurf gegen ihn lautete schwere räuberische Erpressung. Beim Überfall einer Tankstelle in Oppenweiler hatte er im März knapp 600 Euro erbeutet, die er dann an den Kumpel weitergab.

Läuterung in Stammheim

Die Untersuchungshaft hatte im Fall des 19-Jährigen offenbar eine positive Wirkung. „Stammheim war gut für mich. Ich habe viel nachgedacht. Wie ich vorher war, das war eine Katastrophe“, bekannte der junge Mann in seinem Schlusswort. Er und sein Komplize wurden vom Gericht jeweils zu Bewährungsstrafen von zwei Jahren verurteilt. Beide müssen 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, mehrere Gespräche bei der Suchtberatung absolvieren und sich Drogen-Screenings unterziehen.

Der Konsum von Drogen war nach Einschätzung des Gerichts mit ein Grund dafür gewesen, dass der 19-Jährige Anfang März auf die Idee gekommen war, sich Geld auf höchst fragwürdige Weise zu beschaffen: Mit Unterstützung seines Kumpels, der ihm einen Schal und ein Messer lieh, staffierte er sich für einen Überfall aus und steuerte eine Bank in Backnang an. Dort bedrohte er eine Frau am Geldautomaten. Ein hinzukommender Mann veranlasste ihn jedoch zur Flucht. Den Vorfall bewertete das Gericht als „Dummheit“, wenn auch als eine mit schweren Folgen: Das Opfer leidet bis heute unter dem Ereignis.

Dass der 19-Jährige, der nicht gefasst wurde, schon wenige Tage später eine Tankstelle überfiel, war nach Ansicht des Gerichts vor allem dem 18-Jährigen zuzuschreiben. Der hatte dem 19-Jährigen erzählt, er brauche dringend Geld, um einen Kampfhund kaufen zu können. Dass diesen bereits seine Eltern bezahlt hatten, verschwieg er dem 19-Jährigen, der ihm einen Freundschaftsdienst erweisen und das Geld beschaffen wollte. „Die Idee, eine Tankstelle zu überfallen, kam von Ihnen“, sagte der Richter zum 18-jährigen Angeklagten, dem er eine „maßgebliche Beteiligung“ am Überfall vorwarf: „Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.“

Kein unbeschriebenes Blatt

Dass der 18-Jährige sich nach einigem Zögern am ersten Prozesstag doch zu einem Geständnis durchgerungen hatte, kam ihm beim Strafmaß zugute. „Wenn Sie das nicht getan hätten, hätten wir Sie beim letzten Mal nach der Sitzung festgenommen“, machte der Richter deutlich. Denn der 18-Jährige ist kein unbeschriebenes Blatt, sondern hat bereits eine Vorstrafe wegen versuchten Einbruchdiebstahls.

Die Bewährungsauflagen hatte der junge Mann nur teilweise erfüllt. So war er lediglich zu acht von 22 Treffen mit seiner Bewährungshelferin aufgekreuzt – und das meist deutlich zu spät. Beide Männer, da waren sich Gericht, Verteidiger und Staatsanwaltschaft einig, brauchen eine Tagesstruktur, sprich: eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle. Sobald sie eine vorweisen können, entfällt die Pflicht, die gemeinnützigen Arbeitsstunden abzuleisten.