Hat spannende Zeiten in den USA: Lisa Allgaier. Foto: z

Die Kornwestheimerin ist für zwei Jahre in den USA und erlebt dort die Corona-Pandemie und nun auch den US-Wahlkampf.

Kornwestheim - Spannende Zeiten erlebt die Kornwestheimerin Lisa Allgaier in den USA. Im Sommer 2019 ist sie als Au-pair in die Vereinigten Staaten gegangen – zunächst in die Hauptstadt Washington, seit einigen Monaten lebt sie in Los Angeles. Sie erlebt die Corona-Pandemie mit und nun den Wahlkampf zwischen dem Präsidenten Donald Trump und seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden.

Sie hat’s von Washington nach Los Angeles gezogen. Wie kam es dazu?

Als Au-pair bekommt man die Möglichkeit, entweder in derselben Gastfamilie oder einer anderen Gastfamilie – also an einem anderen Ort – zu verlängern. Ich habe mich bei meiner ersten Gastfamilie sehr wohl gefühlt, wollte aber noch mehr von den USA sehen und habe deshalb die Chance genutzt, den zweiten Teil in Kalifornien, genauer gesagt in Los Angeles zu verbringen.

Wie gefällt es Ihnen in LA?

Mir gefällt es sehr. LA ist eine tolle Stadt mit vielen interessanten Menschen. Ein Großteil der Leute sind hinzugezogen, teilweise aus den USA, aber auch aus anderen Ländern, was die Stadt sehr international und vielfältig macht. Außerdem haben wir zurzeit immer noch um die 25 Grad, was ein schöner Unterschied ist, wenn man das deutsche Herbstwetter gewohnt ist.

Haben Sie das Land mittlerweile ein wenig bereisen können?

Ich konnte zum Glück vor dem Lockdown schon viele Orte, vor allem große Städte wie New York, Chicago, Philadelphia oder Boston sehen. Im Sommer, als auch hier die Zahlen etwas heruntergegangen sind, hatte ich die Möglichkeit, mit Freunden einen Roadtrip nach Florida zu machen. An der Westküste habe ich bis jetzt San Francisco, Santa Cruz, Santa Barbara und Las Vegas bereisen können.

Sie erleben gerade den US-Wahlkampf. Erzählen Sie mal: Wie macht sich das im öffentlichen Leben bemerkbar?

Der Wahlkampf ist natürlich das zentrale Thema auf allen Nachrichtenplattformen, es wird dauerhaft berichtet und diskutiert. Außerhalb von den Medien sieht man, vor allem wenn man aus der Stadt herausfährt, oft Trump-Wahlplakate oder Menschen, die Trump T-Shirts tragen. Was mich sehr überrascht hat: Seit ein paar Wochen gibt es hier in Beverly Hills jede Woche Pro-Trump-Demonstrationen. Hunderte Menschen sind auf den Straßen, meistens ohne Maske. Sie protestieren für Trump und gegen strengere Corona-Maß nahmen.

Es scheint – von Deutschland aus beobachtet – eine starke Polarisierung zwischen Trump- und Biden-Anhängern zu geben. Beobachten Sie das in den USA auch so?

Ja, das ist auf jeden Fall so. Viele Trump-Wähler sehen Joe Biden als Sozialisten, da Trump ihn während des Wahlkampfes auch mehrmals so bezeichnet hat. Sie gehen davon aus, dass Biden ihnen ihre individuellen Rechte wegnehmen wird. Für die Biden-Befürworter ist es überhaupt nicht nachvollziehbar, wie man noch einmal für den aktuellen Präsidenten stimmen kann. Deshalb gehen die Meinungen sehr stark auseinander.

Haben Sie sich die TV-Duelle angeschaut?

Natürlich, ich habe mir beide Duelle angeschaut. Das erste Duell ist schwer zu beschreiben. Man hat kaum neue Informationen bekommen können, weil sich beide ständig gegenseitig unterbrochen haben und teils persönlich aufeinander losgegangen sind, statt auf die Fragen oder Wahlthemen einzugehen. Die zweite Debatte war im Vergleich zur ersten viel besser zu verfolgen. Es wurde mehr auf die Fragen der Reporterin eingegangen, sie haben sich öfter gegenseitig ausreden lassen, und die Diskussionen waren weniger persönlich und mehr auf Wahlthemen bezogen. Aber auch das zweite TV-Duell ist nur schwer mit dem zu vergleichen, was man während des Wahlkampfs im deutschen Fernsehen sehen kann.

Ist der Wahlkampf eigentlich so omnipräsent, wie wir den Eindruck haben? Oder kann man in den USA auch völlig unpolitisch und an dem Duell desinteressiert sein?

Ich denke, es kommt darauf an, wo man ist. Hier in LA ist Politik schon viel weniger präsent als in Washington DC, und an anderen Orten bekommt man noch weniger mit. Man kann also auf jeden Fall im Alltag politische Themen zum Teil umgehen und sich nicht damit beschäftigen. Aber vor allem durch die ständige Medienpräsenz oder die Demonstrationen kann man den Wahlkampf, denke ich, nicht vollständig ignorieren.

Hierzulande wird immer wieder kritisch angemerkt, dass lediglich zwei doch recht alte Männer zur Wahl stehen. Ist das auch ein Thema in den USA?

Es war ein Thema, als Biden als Kandidat noch nicht feststand. Die Demokraten hatten verschiedene Kandidaten zur Auswahl, darunter auch jüngere wie Pete Buttigieg oder Frauen, zum Beispiel Elizabeth Warren. Seit Biden aber als Kandidat nominiert ist, wird es nicht mehr wirklich diskutiert. Es geht eigentlich nur darum Trump zu schlagen. Meiner Meinung nach wird es allerdings ein Vorteil für Biden sein, dass er Kamala Harris, die fast 20 Jahre jünger ist, zur Kandidatin als Vizepräsidentin gemacht hat.

Republikaner oder Demokraten: Allzu groß ist die Auswahl in den USA ja nicht. Was sagen Sie als junge 20-jährige Deutsche zu einem solchen Politiksystem?

Es stimmt, die Auswahl ist wirklich nicht groß. Ich finde das deutsche Politiksystem vor allem in diesem Punkt sehr viel sinnvoller. Die Möglichkeit, zwischen mehr als nur zwei Parteien zu entscheiden, gibt dem Wähler auch die Chance, sich mehr auf spezielle Themen konzentrieren zu können und für eine Partei zu stimmen, die diese Themen vorrangig vertritt. Viele Leute hier fühlen sich weder von Trump noch von Biden repräsentiert und gehen deshalb gar nicht erst zur Wahl.

In den USA sind viele Menschen am Corona-Virus erkrankt und auch gestorben. Wie macht sich die Pandemie im Alltag bemerkbar?

Die Corona-Regeln waren hier von Anfang an sehr viel lockerer als in Deutschland. Mittlerweile gibt es auf den Straßen, in Läden und Restaurants eine Maskenpflicht. Allerdings gibt es keine offiziellen Reisebeschränkungen innerhalb des Landes, also auch keine Regeln, dass man in Quarantäne gehen muss, wenn man aus einem Risikogebiet kommt.

Im Fernsehen sind häufig Menschen ohne Maske und ohne Abstand zu sehen. Muss man um seine Gesundheit in den USA fürchten?

Ich denke, das Risiko sich mit dem Coronavirus anzustecken, ist hier auf jeden Fall höher als in Deutschland, weil wirklich viele Menschen keine Masken tragen oder keinen Abstand halten. Deshalb versuche ich, mich selbst so gut wie möglich zu schützen, indem ich zum Beispiel öffentliche Plätze mit vielen Menschen meide, oder nur in Läden gehe, wenn es unbedingt nötig ist.

Wie lange werden Sie noch in den USA bleiben?

Ich werde noch bis Mai 2021 in den USA leben.

Eine letzte, unvermeidliche Frage: Wer gewinnt die Wahl in der kommenden Woche?

Ich hoffe natürlich, dass Biden die Wahl gewinnt, obwohl auch er für einige Punkte steht, denen ich nicht zustimmen würde. Wie man ein zweites Mal für Trump stimmen kann, das kann ich nicht verstehen. Aber da ich hier jede Woche Pro-Trump Demonstrationen oder Medienberichte über Trump-Befürworter sehe, denke ich, dass es wie in 2016 ein knappes Wahlergebnis werden kann.