Das Ambiente passt: Im Antik-Hof bietet Andreas Graf von Brühl Exponate aus vergangener Zeit an – in der Regel online zu erwerben. Foto: Werner Waldner

Im einstigen Antik-Hof hat der Auktionator Andreas Graf von Brühl ein Online-Geschäft eingerichtet.

Kornwestheim - Das hätte sich Wirtin Königunda Lindenberger (1672 – 1744) auch nicht träumen lassen, dass ihr alter Lindenhof einmal zu einem Online-Shop wird. Aber so ist’s im Jahr 2021: Der Stuttgarter Auktionator Andreas Graf von Brühl hat den Mietvertrag für das Haus, in Kornwestheim gut bekannt unter dem Namen Antik-Hof, übernommen und stellt dort Gegenstände aus, die er über Online-Kanäle verkauft.

Auf die Liegenschaft war er aufmerksam geworden, als er vor zwei Jahren nach der Schließung der Restaurierungswerkstatt und des Geschäftes für antike Möbel von Jürgen Schied die letzten Exponate versteigerte. Von Brühl fand Gefallen an dem etwas verschroben wirkenden Hof, der nach den Recherchen von Heimatforscherin Barbara Geib rund 400 Jahre auf dem Buckel haben dürfte. Und dass Jürgen Schied einen guten Namen in der Antiquitätenszene hat, erleichterte von Brühl die Entscheidung für den Standort Kornwestheim noch einmal. Der Online-Handel sieht ein Geschäft, in dem die Kunden vorbeischauen, die Waren in Augenschein und anfassen können, eigentlich nicht vor. Andreas Graf von Brühl ist aber überzeugt davon, dass das eine Möglichkeit ist, zusätzliche Kunden zu gewinnen. „Wir hoffen mit dem Antik-Hof auch auf Laufkundschaft“, sagt der Stuttgarter Geschäftsmann.

Wobei er „Laufkundschaft“ nicht im Wortsinne meint, sondern an die „Fahrkundschaft“ denkt, an die Interessenten, die sich ins Auto setzen, zehn, 20 oder mehr Kilometer zurücklegen, um die Produkte, die online angeboten werden, genauer unter die Lupe zu nehmen und beim Bummel durch den einstigen Lindenhof vielleicht noch andere Dinge entdecken, die ihr Gefallen finden.

Zu einem gewöhnlichen Second-Hand-Laden oder einem Geschäft mit Trödel soll der Antik-Hof nicht werden. Von Brühl will Produkte aus dem Premium-Segment anbieten. Und das sei möglich, weil sein Unternehmen Haushalte von eher betuchteren Menschen und Firmen auflöse. Zudem werden dort die Exponate gesammelt, die bei Versteigerungen keine Käufer gefunden haben. Wenn das Corona-Virus nicht mehr die Regeln für den Einzelhandel vorgibt, dann soll das Geschäft in der Pfarrer-Hahn-Straße in Kornwestheim von montags bis samstags geöffnet haben – jeweils von 10 bis 17 Uhr.

Einiges hat sich im einstigen Antikhof schon angesammelt – viele Bücher, Stühle, Sofas, Schränke, Vasen, Lampen. In der einstigen Werkstatt von Jürgen Schied ist ein Büro eingerichtet worden. Dort werden die Exponate auch abgelichtet, um sie übers Internet anbieten zu können.

Über viele Jahre war der Hof am Rande des Alten Dorfes eine Gaststätte, wie sich bei einem Rundgang durch die Räumlichkeiten auch unschwer erkennen lässt. Den ersten Besitzer, den Barbara Geib bei ihrer Recherche über das Anwesen hatte ausfindig machen können, war Hans Cuonberger, der um das Jahr 1600 von Echterdingen nach Kornwestheim gekommen war. Er war Schneider. Im Laufe der Jahre wechselte der Hof mehrfach den Besitzer, bis ihn Hans Wolf Lindenberger aus Hermuthhausen, heute zu Ingelfingen gehörend, übernahm. Mit dem neuen Besitzer kehrte auch die Gastronomie ein. Lindenberger war Metzger und beantragte für seinen Hof eine sogenannte „Schildgerechtigkeit“, eine Konzession für einen Gasthof, für den er mittels eines Schildes werben durfte. Lindenbergers Frau war vom Fach: Königundas Vater Melchior Payler war Besitzer des Gasthofs zum Hirschen – den alten Kornwestheimern besser bekannt als Wilder Mann an der Stuttgarter Straße. Über mehrere Generationen blieb der Gasthof im Besitz der Familie Lindenberger. Ende des 18. Jahrhunderts gaben die Nachfahren die Gastronomie auf. Barbara Geib hat eine Vermutung für das Ende des Gasthofs zur Linde: Er lag etwas abseits des Hauptverkehrsweges von Stuttgart nach Ludwigsburg.

Eine nicht ganz so optimale Lage ist zumindest für das Online-Geschäft nicht ausschlaggebend.