Ein letztes Mal Einkaufen in diesem Jahr: Foto: Peter Mann

Wie der Beschluss, die Geschäfte zu schließen, bei den Einzelhändlern ankommt und was ab Mittwoch noch möglich ist – ein Überblick.

Kornwestheim - „Lasst uns froho und munter sein“ – nein, in dieses Weihnachtslied mögen die Kornwestheimer Einzelhändler nicht einstimmen. Heute dürfen sie ihre Ladentüren ein letztes Mal für die kommenden Wochen öffnen. Das Weihnachtsgeschäft wird abrupt beendet oder in die digitalen Kanäle verlagert. Die Super- und Drogeriemärkte haben weiterhin geöffnet. Aber auch sie schließen wegen der Ausgangssperre ab 20 Uhr mittlerweile früher. Selbst das Autokino – bis dato der letzte Ort eines kulturellen Angebots in der Stadt – hat seinen Betrieb eingestellt. Der Kinobesuch im eigenen Auto zählt nicht zu den triftigen Gründen, wegen der man sein Haus nach 20 Uhr verlassen darf.

„Das trifft uns hart“, sagt Fotohändler Jens Bartmann, langjähriger Vorsitzender des Bundes der Selbstständigen und des Stadtmarketingvereins. Nun verlagere sich das Geschäft wieder ins Internet. „Wir versuchen, den Lockdown auf diesem Wege etwas abzufedern“, sagt er. Dass das in Gänze gelingt, davon geht er nicht aus. Dass kaum noch jemand auf Reisen gehe, mache seiner Branche das Leben zusätzlich schwer, sagt Bartmann, der für den Standort Kornwestheim aber auch durchaus positive Entwicklungen sieht. In den vergangenen Monate habe es sich ausgezahlt, dass Kornwestheim eine „Stadt der kurzen Wege“ sei. Viele Beschäftigte seien im Homeoffice und würden nun in ihrem Wohnort einkaufen. In Kornwestheim müsse auf der Straße keine Maske getragen werden – auch das ein Pluspunkt für die Einzelhändler in der Konkurrenz zur Stuttgarter Königstraße oder zum Breuningerland. „Bis zum heutigen Tag gab’s kein Rückgang der Kundenfrequenz.“

Abholen an der Ladentür

Das hat auch Angelika Ortwein von der Buchhandlung Bücherlurch so beobachtet. Viel Zeit für ein Gespräch hatte sie allerdings nicht: „Bei uns ist die Hölle los“, berichtete sie von einem Kundenansturm am Montag. Die Kornwestheimer kauften und bestellten Bücher in der Hoffnung, dass sie morgen noch im Laden eintreffen. Wenn nicht, bedeutet das nicht den Verzicht auf ein Buchgeschenk an Weihnachten: Bestellte Waren können an der Ladentür abgeholt werden, berichtet Buchhändlerin Angelika Ortwein erleichtert. Alles auszuliefern, das hätte man nicht geschafft, sagt sie.

Viele Händler bieten Lieferung oder Abholung an der Ladentür an – das gilt auch für Sperling Elektrotechnik und Spielwaren. Auch dort wusste Elke Sperling am Montagvormittag kaum mehr wohin vor lauter Kundschaft. „Ein Drittel unseres Weihnachtsgeschäfts wird uns wohl wegfallen“, schätzt sie gleichwohl. Der neuerliche Lockdown sei jedoch alles andere als überraschend gekommen. „Was gut wäre, wenn wir vielleicht ein paar Informationen mehr bekommen würden“, sagt Elke Sperling, die für die neuerlichen Maßnahmen aber Verständnis hat. „Die Zahlen müssen runter, dazu muss jeder beitragen. Aber auch das werden wir überstehen“, lässt sie schon wieder Optimismus durchklingen.

Verständnis für den harten Lockdown hat Jens Bartmann durchaus. Er hätte ihn sich aber viel früher gewünscht – weniger wegen des Weihnachtsgeschäftes als vielmehr, um die Situation in den Krankenhäusern zu entschärfen. Sein Glauben an den Föderalismus habe ein wenig gelitten, sagt er. Dass die vom Bund versprochene finanzielle Unterstützung über die Runde helfe, da hat Bartmann seine Zweifel. Die bürokratischen Hürden seien schon sehr hoch. Bis das Geld fließe, vergehe mitunter viel Zeit. Für manchen Händler auch zu viel, befürchtet Bartmann.

Kritik an Hilfsplänen

Die staatlichen Hilfspläne kritisiert auch Ralph Hauser, Inhaber von Treffpunkt Kleidung in der Johannesstraße. „Wenn man genau liest, was im Kleingedruckten steht – da kommt fast gar nichts mehr an im Handel“, gab er am Montagvormittag zu Protokoll. Auch er hat Verständnis, ein Eingreifen sei notwendig. „Nur, dass der Handel zum zweiten Mal gestraft wird, ist eine Katastrophe.“ Dass die Gastronomie und der Einzelhandel als Auslöser gesehen würden, hält er für „sehr bitter, es gibt keine Hinweise dafür“. In seinem Geschäft begrüßte er am Montag ebenfalls zahlreiche Kunden. „Das Problem ist aber, dass viele Menschen die beiden Tage noch in die großen Städte drängen und sich dabei auf dem Weg anstecken“, so Hauser, „und das fällt uns dann an Weihnachten auf die Füße.“

„Ich hätte mir gewünscht, dass wir wenigstens bis Weihnachten offen haben dürfen“, sagte Paschalitsa Sougioultzi vom Friseursalon Afrodite. Auch sie erwischte man nur zwischen Tür und Angel. Sie hat bis zu einem gewissen Punkt Verständnis für den Lockdown, betont aber auch: „Wir halten uns streng an die Hygienevorschriften.“ Auch für Friseure sei die Zeit vor Weihnachten die beste Zeit des Jahres. „Und die fehlt uns jetzt – und viele Kunden sind sauer, weil sie jetzt keinen Termin mehr bekommen.“