Der Super-Sprinter Usain Bolt gewinnt in Rio de Janeiro sein drittes Olympia-Gold über 100 Meter in Serie. Foto: AP

Der Jamaikaner ist der unumstrittene Star der Leichtathletik, er verleiht ihr Aufmerksamkeit und Glanz. Davon leben viele ganz gut. Weshalb zu hoffen ist, dass rund um den Supersprinter alles mit rechten Dingen zugeht, kommentiert Sport-Redakteur Jochen Klingovsky.

Rio de Janeiro - Eike Onnen konnte einem leidtun. Der deutsche Hochspringer machte sich gerade für seinen entscheidenden Versuch über 2,29 Meter in der Qualifikation bereit, als er plötzlich umringt war von Fotografen. Usain Bolt befand sich im Anmarsch, ging auf seiner Feierrunde durch das Stadion nur zwei Meter an Onnen vorbei – er hatte keine Chance auf einen erfolgreichen Sprung. Genau so chancenlos waren zehn Minuten vorher die Konkurrenten von Supersprinter Bolt gewesen. Wieder einmal. Der Jamaikaner ist flott unterwegs: mit riesengroßen Schritten auf dem Weg zur Legende.

In 9,81 Sekunden hatte Bolt den 100-Meter-Lauf gewonnen, er lag deutlich vor seinem Herausforderer Justin Gatlin (USA/9,89). Was ihn von seinem Ziel, dem Triple-Triple, noch abhalten kann? Vermutlich nur ein Wechselfehler in der Staffel. Bolt enteilt dem restlichen Feld zwar nicht mehr ganz so weit und nicht mehr ganz so provozierend locker wie früher, er wird nach Gold über 100 Meter aber wohl auch Gold über 200 Meter und Gold mit der Staffel gewinnen – wie schon 2008 in Peking und 2012 in London. Das ist eine außergewöhnliche Leistung, die in den Geschichtsbüchern der Leichtathletik das erste Kapitel einnehmen wird. Erst recht, wenn Bolt tatsächlich sauber sein sollte, wie es die vielen negativen Tests glauben machen, die er im Laufe seiner Karriere abgegeben hat. Bolt ist der Einzige unter den zehn schnellsten 100-Meter-Läufern der Geschichte, der keine Doping-Vergangenheit hat. Das klingt unglaublich, ist es vielleicht auch, aber bisher ist es noch keinem Dopingjäger gelungen, ihn zu Fall zu bringen. Weshalb es genügend Leute gibt, die Bolt glauben. Vor allem auf den Tribünen der Leichtathletik-Stadien.

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Auch in Rio wurde Bolt gefeiert, während sein Konkurrent Gatlin, der heute schneller rennt als vor seiner vierjährigen Dopingsperre, erst gnadenlos ausgebuht und nach dem Rennen mit Missachtung abgestraft wurde. Gut gegen Böse – eine gerechte Rollenverteilung? Was den Buhmann angeht sicherlich, für Bolt gilt die Unschuldsvermutung. Dem Publikum reicht das, um ihn zu feiern. Und das freut die Funktionäre.

Die Freak-Show bot in der Nacht Wayde van Niekerk

Der Jamaikaner ist der unumstrittene Star der Leichtathletik, er verleiht ihr Aufmerksamkeit und Glanz. Davon leben viele ganz gut. Weshalb zu hoffen ist, dass rund um den Supersprinter alles mit rechten Dingen zugeht. Schon zu oft haben Funktionäre, gerade in der Leichtathletik, ein falsches Spiel getrieben. Deshalb ist und bleibt es richtig, jede herausragende Leistung kritisch zu hinterfragen.

Die Freak-Show bot in der Nacht auf Montag allerdings nicht Usain Bolt, sondern Wayde van Niekerk. Der südafrikanische Weltmeister wurde über 400 Meter auch Olympiasieger – und drückte dabei den Weltrekord des legendären Michael Johnson, der eigentlich als unverbesserlich galt, gleich um 15 Hundertstel auf 43,03 Sekunden. Seine persönliche Grenze verschob er sogar um 45 Hundertstel. In einem Rennen, nach dem er nicht mal sonderlich erschöpft wirkte. Nach der Weltrekordflut bei den Schwimmern eine Bestleistung mehr, bei der man nur den Kopf schütteln kann. Sauberer Sport sieht anders aus.

Und fairer Sport auch, dürfte sich Eike Onnen gedacht haben. Von der Rücksichtslosigkeit der Fotografen und der Gleichgültigkeit des feiernden Bolt hat sich der Hochspringer nicht mehr erholt. Er scheiterte an 2,29 Metern – und damit auch an der Qualifikation fürs Finale. Er kann viel mehr, was nur zeigt: Blöder hätte es für ihn nicht laufen können.