Wie viele Musiker braucht das Land? Foto: dpa

Viel Aufregung um nichts – bei den Musikhochschulen des Landes bleibt nach vielen Diskussionen fast alles, wie es war. Gute Ideen sind da, aber keine Konzepte und viel zu wenig Sachkenntnis.

Stuttgart - War da nicht was? Wenn an diesem Montag die Reihe „Zukunftskonferenz Musikhochschulen in Baden-Württemberg“ mit einer Abschlussveranstaltung in der Stuttgarter Hochschule endet, dann mag sich mancher verwundert die Augen reiben. War da nicht mal die Rede von Strukturreformen und Synergieeffekten, und stand da nicht auch mal die Frage im Raum, wie viele Musiker das Land braucht – oder besser: wie viele Musiker sich ein Land leisten will, das sich selbst gerne als Kulturland bezeichnet? Geblieben ist nicht viel. Die Rektoren haben kleinere Kürzungen angeboten, die ihnen nicht wehtun, angestammte Pfründe der einzelnen Häuser wurden erfolgreich verteidigt, und die Chance zu nachhaltigen Neustrukturierungen ist dahin.

Schuld daran trägt auch die grün-rote Landesregierung. Ihr Umgang mit jenen Etatkürzungen um vier bis fünf Millionen Euro, die der Landesrechnungshof im Sommer 2013 in Vorschlag brachte, war geprägt von Pleiten, Pech und Pannen. Die begannen schon mit dem Vorschlag von Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne), die Ausbildung der Pop- und Jazzmusiker unter Einbeziehung der Popakademie in Mannheim zu konzentrieren und aus der Trossinger Hochschule eine bloße Fortbildungsakademie mit musikpädagogischem und Alte-Musik-Feigenblättchen zu machen. Prompt fuhren die Beschädigten die Stacheln aus, und die Häuser in Stuttgart, Freiburg und Karlsruhe bildeten eine Liaison der noch einmal Davongekommenen. Bis zum jetzt nahenden Ende der „Zukunftskonferenzen“-Reihe, mit der die Ministerin die emotionale Debatte versachlichen wollte, erweckten die Dialoge des Ministeriums mit den Hochschulen außerdem nicht den Eindruck hoher Sachkompetenz. Musikhochschulen sind sensible, diffizile Gebilde; ihre (Macht-)Strukturen wirklich zu durchschauen ist den Landesvertretern bis heute nicht vollends geglückt.

Vermutlich wird die von Theresia Bauer in Auftrag gegebene Absolventenstudie beweisen, was man ohnehin schon weiß: dass man über die Existenz vieler Musiker, die mit einem Mix aus Unterrichten, solistischen Auftritten und Ensemblemusizieren ihren Lebensunterhalt verdienen, eben nicht sehr viel weiß. Und wenn die Landesregierung die Eliminierung eines Orchesters mit Strahlkraft wie des SWR-Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg nicht verhindert, muss sie sich zudem vorwerfen lassen, dass sie selbst einer Situation am Musiker-Arbeitsmarkt zuarbeitet, die eine Kürzung von Studienplätzen sinnvoll erscheinen lässt.

Die Sparsumme von vier bis fünf Millionen ist längst vom Tisch, und von der ursprünglichen Forderung der Ministerin, 500 Musikstudienplätze zu streichen, ist heute keine Rede mehr. Auch um die heikle Frage von Ausbildungsgebühren für Nicht-EU-Ausländer macht man weiterhin einen großen Bogen. Stattdessen ist jetzt von „Ausbildungsqualität“ die Rede, und wenn ein Bereich in den letzten Monaten gewonnen hat, dann ist es die Pädagogik. Angesichts anhaltenden Lehrermangels beim schulischen Musikunterricht kann man das immerhin nur gut finden.

Ansonsten aber schlingert die Kulturpolitik der Landesregierung auch im Bereich der Musikhochschulen ziellos vor sich hin. Gute Ideen sind da, aber keine Konzepte – und viel zu wenig Sachkenntnis. In diesem Zusammenhang erinnern wir an eine schlichte Feststellung Winfried Kretschmanns. „Wir können“, hatte sich der Ministerpräsident im Herbst 2013 in die Debatte eingebracht, „nicht an allen Standorten alles machen und dann noch Geld sparen.“ Ein Jahr später können wir offenbar doch. Wir können alles. Bei den Musikhochschulen Baden-Württembergs bleibt fast alles, wie es war. Aber gut, dass wir drüber geredet haben.