Das Klinikum Stuttgart steht weiterhin in den Schlagzeilen Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Ratsfraktionen von SPD und CDU fordern eine weitergehende Aufklärung des Stuttgarter Klinikskandals. Im politischen Fokus steht Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne).

Stuttgart - Die Ratsfraktionen von SPD und CDU lassen nicht locker bei der politischen Aufarbeitung der Klinikaffäre. „Was wir in den vergangenen Wochen erlebt haben, ist eine Katastrophe“, sagt CDU-Fraktionschef Alexander Kotz. Staatsminister Klaus-Peter Murawski (Grüne) müsse das Seinige „zur Aufklärung beitragen“. Allerdings seien die Vorgänge, die zu einer bundesweiten Razzia und der Verhaftung des früheren Leiters der Auslandsabteilung (IU), Andreas Braun, geführt haben, in der Amtszeit von Murawskis Nachfolger Werner Wölfle geschehen. Er trage „die politische Verantwortung“ für den Skandal.

Ein Untersuchungsausschuss ist nicht möglich

Noch einen Schritt weiter geht der SPD-Fraktionschef Martin Körner: „Ich sehe mich bestätigt in meiner Forderung, dass Werner Wölfle als Bürgermeister zurücktreten muss“, sagt der Vormann der Genossen. Zudem empfiehlt er seinen Ratskollegen der Grünen, „sich auch mal mit den Vorgängen zu beschäftigen, die allesamt Politiker der Grünen betreffen“. Das sei zwar nicht angenehm, aber notwendig.

Ganz ähnlich sehen das auch die Gruppierungen am linken und rechten Rand des Gemeinderats. Sowohl der Fraktionschef von SÖS/Linke-plus, Hannes Rockenbauch, als auch die ehemaligen AfD-Räte Heinrich Fiechtner und Bernd Klingler, die inzwischen unter dem Code BZS23 firmieren, fordern den bis 2016 für die Krankenhäuser zuständigen jetzigen Sozialbürgermeister Wölfle zum Rücktritt auf. BZS23 wollen zudem einen Untersuchungsausschuss einrichten. „Nur so können wir sicherstellen, dass der Fall lückenlos aufgeklärt wird“, betonte Klingler. Die baden-württembergische Gemeindeordnung sieht auf kommunaler Ebene jedoch keine Untersuchungsausschüsse wie bei Parlamenten vor. „Vorgänge in Bezug auf den Eigenbetrieb Klinikum werden in Stuttgart durch den regulären Krankenhausausschuss behandelt“, teilt ein Sprecher der Stadt dazu mit.

Im Zentrum der staatsanwaltlichen Ermittlungen stehen zwei gescheiterteGeschäfte der IU, bei denen unzulässige Vermittlerprovisionen in Millionenhöhe geflossen sind. So hat die Vereinbarung für die Behandlung von 370 Kriegsversehrten aus Libyen 2013, bei dem das Klinikum auf Forderungen von 9,4 Millionen Euro sitzen geblieben ist, inoffizielle Nebenabreden mit Provisionen von 26 Millionen Euro enthalten.

Welche Rolle hatte Wölfle im Kuwait-Geschäft

Mehrfach wurde die Frage gestellt, welche Rolle Wölfle bei der Anbahnung eines gescheiterten Beratergeschäfts mit Kuwait zum Aufbau einer orthopädischen Klinik hatte. Bei einem Volumen von 46 Millionen Euro machten verdeckt einkalkulierte Provisionen rund 20 Millionen Euro aus.

Nach Informationen unserer Zeitung soll der frühere IU-Leiter Braun kurz vor der Unterzeichnung des Kuwait-Vertrages Wölfle in einer SMS für dessen Unterstützung gedankt haben. Wölfle stellt das anders dar. Danach hat Braun ihm am 13. Februar 2014 die Stellungnahme einer Anwaltskanzlei zu dem geplanten Kuwait-Vertrag übermittelt. Eine rechtliche Einschätzung des Vertrages sei bereits wegen der Rechtswahl für das kuwaitische Recht nicht möglich, hieß es darin. Gleichwohl könne der Abschluss unternehmerisch richtig sein.

Die Kanzlei habe „eine Reihe von Hinweisen und Vorschlägen“ gemacht, welche „die IU vor Vertragsabschluss hätte prüfen müssen“. Es sei aber nicht die Rede gewesen, „dass ein Vertragsabschluss gegen geltendes Recht verstoßen würde“. Er habe danach davon ausgehen können, so Wölfle, „dass das Klinikum die angesprochenen Fragen klärt“. Tatsächlich habe der damalige Geschäftsführer Ralf-Michael Schmitz wenige Tage danach den IU-Leiter autorisiert, den Kuwait-Vertrag zu unterzeichnen, ohne Wölfle zu informieren.