Werner Wölfle im Kreuzfeuer: Die Fraktionen glauben seiner Darstellung, er könne sich nicht erinnern, nicht. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Für wenig glaubwürdig halten die Fraktionen im Gemeinderat, dass der frühere Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) sich nicht mehr an einen SMS-Wechsel zu einem fragwürdigen Auslandsgeschäft mit Kuwait erinnert. Einmal mehr wird die Forderung nach Wölfles Rücktritt laut.

Stuttgart - Bei der Aussprache des Gemeinderats über die Rolle des früheren Krankenhausbürgermeisters Werner Wölfle (Grüne) bei einem fragwürdigen Geschäft des städtischen Klinikums mit Kuwait haben die Fraktionen heftige Kritik an der Darstellung geübt, Wölfle könne sich nicht mehr an den kürzlich dazu vorgelegten SMS-Verkehr erinnern. Sie halten diese Aussage nicht für glaubwürdig. Einzelne Stellen dieser Kurznachrichten an den früheren Leiter der Auslandsabteilung des Klinikums, Andreas Braun, legen nahe, dass Wölfle sich kurz vor Abschluss des Vertrages Anfang 2014 für dessen Unterzeichnung stark gemacht hat. In einer offiziellen Mitteilung hatte Wölfle aber erklären lassen, er habe über den Umfang und die Tragweite des 46-Millionen-Euro-Projekts nicht Bescheid gewusst und sei auch über den Vertragsabschluss nicht informiert gewesen.

„Wie im schlechten Krimi“

Dass Wölfle nun erklärt hat, er könne sich an den SMS-Verkehr von Anfang 2014 nicht erinnern, halten die Fraktionen offenbar für eine vorgeschobene Schutzbehauptung. Der Fraktionschef der CDU, Alexander Kotz, begrüßte zwar, dass Werner Wölfle entschieden habe, nach dem Ende seiner ersten Amtszeit im Sommer nicht noch einmal zu kandidieren. Gleiches gelte für die „disziplinarische Selbstanzeige“ beim Regierungspräsidium, die Wölfle am Vortag gemacht hatte. Aber seine Erinnerungslücken bezüglich des SMS-Verkehrs komme ihm vor „wie in einem schlechten Krimi“. Kotz: „Das wirkt wie der letzte Ausweg, wenn einem nichts anderes mehr hilft.“ Er könne sich das angesichts der Tragweite des Geschäfts „nicht vorstellen“.

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Ähnlich äußerten sich andere Fraktionen. „Ich kann das nicht glauben“, sagte SPD-Fraktionschef Martin Körner, dass sich Wölfle angesichts des damaligen Millionendefizits und einem lockenden Gewinn von fünf Millionen Euro daran nicht erinnern könne. Körner machte deutlich, dass er nicht OB Fritz Kuhn vorwerfe, „dass er gelogen hat“, erhob diesen Vorwurf damit aber indirekt gegen Werner Wölfle. Er forderte den heutigen Sozialbürgermeister einmal mehr zum Rücktritt auf. Wölfle könne nach diesen Vorgängen „nicht mehr Bürgermeister der Landeshauptstadt sein“.

Aufklärung nur scheibchenweise

Thomas Adler von SÖS/Linke-plus warf der Verwaltung vor, Aufklärung in der Sache nur in „Salamischeibchen“ zu machen. Zumal die bisherigen Anfragen der Fraktionen offenkundig „vom Delinquenten beantwortet worden sind“. Wölfles Erinnerungslücken bezeichnete Adler als „Flucht in die Amnesie“, die völlig unglaubwürdig sei. Wölfles „Flucht nach vorn“ mit seinem Selbstantrag auf ein Disziplinarverfahren „repariert den Schaden nicht“. Ähnlich äußerten sich auch die Freien Wähler und die FDP.

Bernd Klingler (BZS23, vorher AfD), der unter Federführung seines Kollegen Heinrich Fiechtner den SMS-Verkehr öffentlich gemacht hatte, erklärte, Wölfles Selbstanzeige sei nur ein „Taschenspielertrick“, der es ihm ermöglichen solle, bis zum Ende der Amtsperiode im August durchzuhalten, um sich so die beträchtlichen Altersbezüge zu sichern.

Kuhn glaubt an den Sozialbürgermeister

Mehrere Fraktionen betonten, es habe ein tiefgreifender Vertrauensverlust stattgefunden. Michael Conz (FDP) fragte, wie eine weitere Zusammenarbeit mit Wölfle in den kommenden Monaten noch möglich sein sollte. OB Fritz Kuhn erklärte, er glaube nach Gesprächen mit den Ämter, dass Wölfle seine Arbeit im Sozialreferat „gut macht“. Im Übrigen seien Bürgermeister vom Rat gewählt und könnten nicht vom Oberbürgermeister entlassen werden.