Viele Airlines bieten ihren Kunden Möglichkeiten zur CO2-Kompensation. Foto: dpa/Silas Stein

Fliegen ohne schlechtes Gewissen? CO2-Kompensationen sollen das ermöglichen. Sie können viel bewirken, lösen aber das Problem nicht vollständig. Bei den Berechnungen der Emissionen hält sich die Lufthansa bedeckt.

Mit dem Flugzeug in den Sommerurlaub, im Fernbus zur Verwandtschaft, mit dem Auto zur Arbeit – Mobilität steht hoch im Kurs. Dabei wird allerdings klimaschädliches CO2 ausgestoßen, je nach Verkehrsmittel in unterschiedlicher Menge. Die Wahl des Verkehrsmittels hat also großen Einfluss auf die individuelle Klimabilanz. Um dem schlechten Gewissen entgegenzuwirken, gibt es die Möglichkeit, das ausgestoßene CO2 freiwillig finanziell auszugleichen.

Wer etwa bei Lufthansa oder Eurowings ein Flugticket kauft, kann im Bestellvorgang die entstehenden CO2-Emissionen gegen einen Aufpreis kompensieren lassen. Die beiden Airlines bieten dabei Kombinationen aus Beiträgen für Klimaschutzprojekte und, deutlich teurer, den Einsatz nachhaltigerer Treibstoffe an.

Was sind nachhaltige Treibstoffe in der Luftfahrt?

Diese Treibstoffe bestehen nicht wie Kerosin aus fossilen Ausgangsstoffen wie Erdöl. Stattdessen werden sogenannte biogene Reststoffe verwenden, also etwa altes Speiseöl. So wird zum Großteil nur das CO2 ausgestoßen, das kurz zuvor bei der Herstellung des Speiseöls durch die Pflanzen in der Landwirtschaft gebunden wurde. Es entsteht ein Kreislauf, denn neue Pflanzen können das ausgestoßene CO2 wieder aufnehmen, bis auch diese zu Flugtreibstoff verarbeitet werden.

Nachteil dieser Methode ist der vergleichsweise hohe Preis durch ein aufwendiges Verfahren und eine geringe Verfügbarkeit auf dem globalen Markt. Der Fluggast muss also einen hohen Aufpreis in Kauf nehmen, wenn er seinen Anteil an den ausgestoßenen CO2-Menge durch nachhaltigere Treibstoffe kompensieren will. Die errechnete Menge Kraftstoff wird dann in den folgenden Monaten von den Airlines dem Kerosin beigemischt.

Was passiert mit dem Geld für Klimaschutzprojekte bei Lufthansa und Eurowings?

Mit der Unterstützung von Klimaschutzprojekten bieten Lufthansa und Eurowings eine günstigere Option zur CO2-Kompensation für ihre Fluggäste an. Anders als nachhaltigere Treibstoffe vermeiden die Klimaschutzprojekte die CO2-Emissionen aber nicht, sondern gleichen sie lediglich aus. Denn es wird trotzdem fossiles Kerosin in den Turbinen verbrannt. Für die Umsetzung der Projekte arbeitet die Lufthansa Group mit der gemeinnützigen schweizerischen Stiftung Myclimate zusammen. Das Spendengeld der Fluggäste fließt in verschiedene Aktionen weltweit, etwa für die Förderung erneuerbarer Energiequellen.

Für einen Flug von Frankfurt nach Washington werden bei der Lufthansa rund sieben Euro fällig, wenn die CO2-Emissionen ausschließlich durch Klimaschutzprojekte ausgeglichen werden. Wählt man einen Ausgleichsanteil von 20 Prozent durch nachhaltigere Treibstoffe, erhöht sich der Betrag auf rund 60 Euro.

Welche Möglichkeiten bieten andere Fluggesellschaften?

Weniger Möglichkeiten bieten sich etwa den Kunden von British Airways. Sie können nur maximal 15 Prozent der ausgestoßenen CO2-Emissionen mit nachhaltigeren Treibstoffen und Klimaschutzprojekten ausgleichen. Eine Klimaspende ist hier allerdings nur an Bord oder separat nach der Flugbuchung möglich. Ähnlich bei Turkish Airlines: Auch hier muss man für Ausgleichszahlungen auf einer eigenen Webseite seine Flugdaten eingeben. Mit dem Geld wird der Ausbau erneuerbarer Energie vorangetrieben. Allerdings kostet der Ausgleich für einen Flug hier ebenfalls nur wenige Euro.

Welche Möglichkeiten gibt es bei Flixbus?

Auch der Fernbus-Anbieter Flixbus bietet seinen Kunden eine freiwillige CO2-Kompensation an. Aufgrund der deutlich geringeren Emissionen im Vergleich zur Luftfahrt kosten die Kompensationen hier nur rund ein bis zwei Euro bei vollem CO2-Ausgleich. Der Großteil des Geldes kommt brennstoffeffizienten Öfen in Ruanda zu Gute. So ist weniger Brennholz notwendig, und es wird weniger CO2 ausgestoßen. Flixbus arbeitet bei der CO2-Kompensation mit der deutschen Organisation Atmosfair zusammen.

Warum kooperiert nicht auch die Lufthansa mit Atmosfair?

Atmosfair hat nach eigenen Angaben eine Zusammenarbeit mit Lufthansa abgelehnt, weil die Airline nicht die „volle Klimawirkung ihrer Flüge“ ausweist. Konkret berücksichtige Lufthansa bei den Kompensationsangeboten lediglich die reinen CO2-Emissionen. Zu dem Einfluss auf das Klima gehöre in der Luftfahrt allerdings auch die „Bildung von Kondensstreifen und der Ozonaufbau in großen Flughöhen“, so Atmosfair.

Lufthansa-Sprecher Christian Gottschalk erklärt, man sei sich bewusst, dass neben CO2 auch andere Emissionen des Luftverkehrs einen Einfluss auf das Klima hätten. Der „genaue Umfang“ dieser Einflüsse werde allerdings noch untersucht, auch unter Forschungsbeteiligung der Lufthansa. Die CO2-Emissionen zu multiplizieren, um auch andere Klimaeinflüsse einzubeziehen, scheine „nicht geeignet, um die Komplexität zu erfassen“, sagt Gottschalk.

Wie transparent mach die Lufthansa ihre Berechnungen?

Betrachtet man beispielsweise einen Flug von Frankfurt nach Washington, gibt die Lufthansa dafür einen CO2-Ausstoß von 412 Kilogramm pro Person an. Der eigene Partner Myclimate errechnet für denselben Flug eine ausgestoßene CO2-Menge von 1,2 Tonnen. Nachfragen unserer Zeitung, wie es zu der Differenz kommt, blieben von der Lufthansa unbeantwortet.

Für den Flug von Frankfurt nach Washington können Lufthansa-Kunden ihre CO2-Emissionen vollständig durch Klimaschutzprojekte ausgleichen lassen – für nur knapp sieben Euro. Der Partner Myclimate fordert 28 Euro. Wie kann die Lufthansa die Kompensation so vergleichsweise günstig anbieten? Auch auf diese Frage gibt es keine Erklärung der Airline.