Seine Abenteurromane sind noch heute berühmt. Doch das Leben von Karl May war zunächst verkorkst. Der Mann aus Sachsen musste sogar wegen Betrügereien ins Gefängnis. Doch dann begann er zu schreiben und erfand Winnetou.

Wild-West-Klamotten, Lederhut, Gewehr im Anschlag, stechender Blick: So sieht der Schriftsteller Karl May auf einigen alten Fotos aus. Der Schriftsteller, der morgen vor 100 Jahren gestorben ist, tat zu Lebzeiten so, als wäre er ein richtiger Abenteurer. Und etwa so hatte er auch einen Helden in seinen Büchern beschrieben: Old Shatterhand (sprich: "Old Schätterhänd"). Mit dem Indianer Winnetou erlebt Karl Mays Held im Wilden Westen Amerikas viele Abenteuer. Doch Karl May entführte seine Leser auch in andere exotische Welten. Zum Beispiel in den Orient, also in arabische Länder.

Wegen der Fotos von Karl May dachten viele seiner Fans: Old Shatterhand ist eine Art Doppelgänger von Karl May. Sie glaubten: Der aus Ernstthal im Bundesland Sachsen geborene Autor hat die Abenteuer, von denen er in Büchern schreibt, selbst erlebt.

„Viele Leser gingen davon aus, dass der Schriftsteller selbst in diese Länder gereist war, über die er schrieb“, sagt der Experte Ulf Debelius. Er ist Geschäftsführer Karl-May-Gesellschaft in der Stadt Radebeul. Karl May erzählte in der Ich-Form und beschrieb, wie es in Amerika oder in arabischen Ländern aussah. Aus dem Fernsehen konnte er das nicht wissen. Den gab es damals noch nicht.

Der Autor bestärkte die Menschen in ihrem Glauben: „Ich bin wirklich Old Shatterhand“, sagte er einmal, „und habe erlebt, was ich erzähle“. Karl May behauptete auch, dass er viele fremde Sprachen spreche. Und er schmückte sein Haus mit Dingen, die an Abenteuer in fremden Ländern erinnerten. Da gab es etwa einen ausgestopften Löwenkopf. Tatsächlich aber war das Ganze mehr Show und Schwindel. „Als Karl May über die Erlebnisse in fremden Ländern schrieb, hatte er diese Länder noch nie gesehen“, erzählt der Experte.

Das Leben des Schriftstellers verlief zunächst verkorkst. Karl May war sogar wegen Betrügereien im Gefängnis gewesen. Ein Bekannter gab ihm aber die Gelegenheit, mit Geschichten Geld zu verdienen. So dachte er sich die Abenteuer von Winnetou und Co. aus.

Sein Wissen hatte Karl May aus Büchern. „Er nutzte Reiseberichte, Landkarten und auch indianische Wörterbücher“, sagt Ulf Debelius. Vielleicht wäre Karl May selbst gerne ein Held gewesen. Vielleicht gab er sich als Abenteurer, um mehr Bücher zu verkaufen. Oder seine Fantasie ging mit ihm durch.

Als der Schwindel irgendwann aufflog, waren einige Leute richtig böse auf Karl May. Später reiste er dann tatsächlich nach Amerika und in den Orient. Er war überrascht, wie es dort wirklich aussah.