Gaffer, die Rettungsarbeiten erschweren oder auf der Jagd nach dramatischen Fotos sind, werden immer mehr zu einem Ärgernis. Foto: Fotoagentur-Stuttgart

Baden-Württemberg bringt einen Initiativantrag in den Bundesrat ein, der den Bundestag zum Handeln auffordert. Der Druck liegt jetzt auf Berlin.

Berlin - Baden-Württemberg macht Druck auf den Bundestag, damit dort endlich ein bereits vorliegendes Gesetz verabschiedet wird, das eine Gesetzeslücke bei der strafrechtlichen Verfolgung von sogenannten „Gaffern“ schließen soll.

Darum geht es: Gaffer stellen bei Unfällen und anderen Schadensfällen regelmäßig ein Ärgernis dar. Der Gesetzgeber hat darauf reagiert, in dem er die Behinderung hilfeleistender Personen unter Strafe gestellt hat. Unter Strafe steht inzwischen auch das unbefugte Herstellen oder Verbreitens von Fotos oder Videos, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt. Der Paragraf 201a setzt einen Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe fest. Übersehen hat der Gesetzgeber, das die Formulierung im Gesetzestext den Fall nicht erfasst, dass Bildaufnahmen von Toten gemacht oder verbreitet werden. Das Filmen von Toten nach Verkehrsunfällen steht also derzeit nicht unter Strafe.

Baden-Württemberg will die Passivität des Gesetzgebers nicht mehr hinnehmen

Der Bundesrat, also die Vertretung der Bundesländer, hatte auf diesen Umstand frühzeitig hingewiesen. Er hatte auf Antrag von Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern bereits im März 2018 einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der die Lücke füllen sollte. Der Entwurf sieht vor, dass künftig auch bestraft wird, wer „von einer verstorbenen Person eine Bildaufnahme, die diese zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt“. Seither ist aber nichts geschehen, was verwunderlich ist, denn auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist die entsprechende Absicht niedergelegt.

Baden-Württemberg will die Passivität des Gesetzgebers nicht mehr hinnehmen. Im Bundesrat soll an diesem Freitag ein Initiativantrag beschlossen werden, der auf einen Vorstoß des Landesjustizministeriums zurückgeht. Er fordert den Bundestag auf, sich mit dem eingebrachten Gesetzentwurf der Länderkammer „unverzüglich zu befassen und die Strafbarkeitslücke hinsichtlich des unbefugten Filmens oder Fotografierens von verstorbenen Personen zu schließen“.

„Makabre Jagd nach dem schrecklichsten Bild“

Polizisten und Retter berichteten immer häufiger, dass Gaffer bei Unglücksfällen Tote fotografierten, sagte Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf (CDU) unserer Zeitung. „Auf der makabren Jagd nach dem schrecklichsten Bild scheint hier mancher allen Anstand zu vergessen.“ Das stehe „moralisch auf der untersten Stufe, weil es allen Respekt vor den Toten vermissen lässt und für die trauernden Angehörigen ein Schlag ins Gesicht bedeutet“. Mit der Initiative wolle Baden-Württemberg „den Druck auf den Bund erhöhen und erreichen, dass dieses abstoßende Verhalten endlich unter Strafe gestellt wird“.

In Berlin wird das durchaus begrüßt. „Wenn sensationsgierigen Gaffern der Respekt vor Unfalltoten fehlt und Fotos von verstorbenen gemacht und im Netz verbreitet werden, dann ist der Gesetzgeber gefordert“, sagt Johannes Fechner, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Fechner verweist auf die entsprechende Festlegung im Koalitionsvertrag. Deshalb sei die Bundesratsinitiative „eine gute Unterstützung für dieses Anliegen“.