Im Feuerwehrgerätehaus ist ein Parcours aufgebaut. Ein Mensch sitzt im Rollstuhl, der andere schiebt. Ein paar Meter weiter wird eine Hilfssituation mit „Blinden“ geprobt. Foto: Simon Granville

24 Jugendrotkreuz-Gruppen gibt es im Landkreis Ludwigsburg. Zwölf haben am Kreiswettbewerb in Affalterbach teilgenommen. Wer hat gewonnen?

Mit verbundenen Augen einen Parcours laufen, geführt allein durch die Worte einer Teamkollegin. Leicht ist anders, doch Sophie und Luca lassen sich nicht aus der Ruhe bringen. Auch wenn die Uhr mitläuft und jedes Übertreten des mit Seilen ausgelegten Parcours einen Punktverlust bedeutet. Ein gutes Abschneiden erhöht die Chancen ihrer Gruppe, am Jugendrotkreuz-Landeswettbewerb teilnehmen zu können. Die Stimmung in der Fahrzeughalle der Feuerwehr Affalterbach ist gut, aber nicht ausgelassen. Hoch konzentriert versuchen die Rotkreuz-Nachwuchskräfte, die Aufgaben des Kreisentscheids zu lösen.

Zwölf Gruppen in vier verschiedenen Altersgruppen haben sich für den Wettbewerb angemeldet. Am stärksten vertreten sind die Neun-bis Zwölfjährigen (Altersstufe 1) und die 13- bis 16-Jährigen (Altersstufe 2). Bei den Bambinis und den 17- bis 27-Jährigen hat sich nur jeweils eine Gruppe angemeldet. Ihr Vorteil: Sie müssen sich nicht gegen andere durchsetzen, sondern bei den an vier Stationen vorbereiteten Aufgaben lediglich eine Mindestpunktzahl erreichen, um sich zu qualifizieren.

Corona hat Spuren hinterlassen

Das Jugendrotkreuz (JRK) ist der eigenständige Jugendverband des Deutschen Roten Kreuzes. Im Kreisverband Ludwigsburg engagieren sich aktuell rund 600 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 27 Jahren. „Ein paar Gruppen haben durch Corona nicht überlebt“, erzählt Stephanie Bätzner, bei der an diesem Samstagmorgen die Fäden zusammenlaufen. Seit 1993 ist die Ludwigsburgerin bereits beim Rotkreuz. „Ich habe als Kind angefangen, wurde dann Gruppenleiterin und bin jetzt seit zwölf Jahren Kreisjugendleiterin“, sagte sie.

Auch Tochter Laura ist schon Teil der großen Jugendrotkreuz-Familie. Freiwillig, betont die Mama und lacht. Die Sechsjährige ist zusammen mit den anderen Bambinis aus dem im vergangenen Jahr fusionierten Ortsverein Neckarweihingen/Poppenweiler gerade in der Apfelbachschule an der Ersten-Hilfe-Station. Ihre Aufgabe: Mitstreiter Jona so realistisch wie möglich zu schminken. Jona ist bei einem Stadtfest gestürzt und hat sich eine Prellung und Abschürfungen zugezogen. Aus einem Sammelsurium von Theaterschminke, Sand, Fimomasse und Vaseline simuliert Laura die Verletzung.

40 Minuten bleibt der Gruppe für die Aufgabe – zu der das Schminken, aber auch die Erstversorgung durch die beiden Teamkollegen zählt. Sie warten vor dem Klassenzimmer nervös auf ihren Einsatz und erhoffen sich von Stephanie Bätzner einen Tipp. Doch die ist der Neutralität verpflichtet, trotzt dem Charme des Nachwuchses und mahnt freundlich, aber bestimmt zur Geduld.

Ein paar Meter weiter auf dem Flur wird eine Gruppe auf ihr Wissen rund um das Thema Erste Hilfe getestet. Wie lautet die europaweite Notrufnummer ist eine der Fragen, die es zu beantworten gilt. Aber auch die sieben Grundsätze des DRK und damit auch der Jugendorganisation sollte man parat haben: Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit und Universalität. Soll heißen: Das JRK ist Teil einer Organisation, die es auf der ganzen Welt gibt. Ziele und Ideen werden gemeinsam verwirklicht.

Auch Kreativität ist gefragt

Rund 20 Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter sowie Helferinnen und Helfer ermöglichen die Durchführung des Kreiswettbewerbs an diesem Samstag. Die vier Stationen, an denen es um die Themen Erste-Hilfe, soziales Engagement, Rotkreuzwissen sowie Sport und Spiel geht, sind über ganz Affalterbach verteilt. Die Gruppen pendeln zwischen Apfelbachschule, evangelischem Gemeindehaus, Feuerwehrgerätehaus und dem benachbarten DRK-Vereinsheim.

Dort wird die Kreativität der Kinder und Jugendlichen herausgefordert. Welche Probleme gibt es auf der Welt und wie könnte ein Superheld aussehen, der sie löst, lautet die Fragestellung. 40 Minuten bleibt den Teams Zeit, um sich auf ein Thema zu verständigen, Ideen zu sammeln und ein Bild zu gestalten. Heraus kommen beeindruckende Kunstwerke. Etwa das von den Bambinis. Sie haben mit Wasserfarben eine Friedenstaube mit einem Zweig gemalt. Die Idee: Überall, wo sie den Zweig fallenlässt, da ist Frieden.

Auch wenn das JRK im Landkreis mit Blick aufs Land ganz gut dasteht, wie Stephanie Bätzner betont, wünscht sich die Kreisjugendleiterin mehr Nachwuchs. „Wir haben 38 Ortsvereine im Landkreis, aber nur 24 Jugendrotkreuz-Gruppen“, berichtet die 38-Jährige. „Unser Ziel ist ganz klar überall dort, wo wir einen Ortsverein haben, eine Gruppe zu haben.“ Geworben wird in Schulen und Kindergärten, auf Veranstaltungen und Festen. Aber auch Vorbilder im Familien- und Freundeskreis locken den Nachwuchs.

Sophie ist dafür ein Paradebeispiel. Die Mutter ist beim DRK, der Papa bei der Feuerwehr und der ältere Bruder war auch schon beim DRK. „Ich kannte das nicht anders von klein an“, erzählt die Elfjährige und grinst. Bei Luca hat ein Infostand auf dem Markt das Interesse geweckt. „Es macht mir einfach Spaß, anderen zu helfen“, sagt der Elfjährige aus voller Überzeugung.

Teamarbeit zählt auch

Spaß und ein gutes Miteinander – für Stephanie Bätzner sind das zwei Schlüsselfaktoren beim Blick auf das Ehrenamt im JRK – neben der Wissensvermittlung in Sachen Erste Hilfe. Deshalb gibt es bei den Prüfungen auch Punkte für gute Teamarbeit. „Wird gestritten gibt es Punktabzug.“

Am Ende räumen die Hausherren, die mit drei Gruppen am Start sind, gleich zweimal ab: Affalterbach schaffte mit den Bambinis die Quali und siegte in der Altersstufe1. In der Altersstufe 2 haben indessen die Ditzinger die Nase vorn, und bei den Ältesten vertreten die Eberdinger Nachwuchshelfer den Landkreis beim Landeswettbewerb.