Dabei bleibt es – Martin Orendt kann das Urwerk weiterhin öffnen. Foto: factum/Bach

Mit einer Rolle rückwärts rettet der Gemeinderat das Jugendhaus. Neue Betreuungsplätze für Kinder sollen andernorts geschaffen werden. Allerdings sind die Kosten fürs Jugendhaus-Personal nur bis zum Jahresende gesichert.

Schönaich - Schon in der Stimme von Martin Orendt schwingt beste Laune mit. Im vergangenen August hatte der Leiter des Schönaicher Jugendhauses, des Urwerks, noch wehmütig alle Errungenschaften beklagt, die er aufzugeben gezwungen schien. Der Gemeinderat hatte die Schließung des Urwerks beschlossen, in nichtöffentlicher Runde. Die Entscheidung wurde am Rande einer Sitzung mitgeteilt. Das Haus sollte umgebaut werden, auf dass in ihm Kinder betreut werden könnten statt Jugendliche. Nebenbei hätte Orendt sich einen neuen Arbeitsplatz suchen müssen.

Nach intensiver Klausurtagung hat der Gemeinderat inzwischen die Rolle rückwärts beschlossen: Das Jugendhaus wird nicht zum Kinderhaus. Die Entscheidung „hat sich in den vergangenen Monaten minimal angekündigt“, sagt Martin Orendt. Dies allein schon, weil der Umbau bereits für den Herbst, spätestens zum Jahreswechsel angekündigt war.

Statt des Kommandos zum Auszug bekam Orendt immer wieder die Nachricht, dass der Betrieb noch ein wenig weiter gehe, wenn auch „immer nur auf Nachfrage“, sagt er. „Unter dem alten Bürgermeister war die Informationspolitik ein bisschen spärlich.“ Der alte Bürgermeister hieß Tobias Heizmann. Zu seinem Nachfolger hatten die Schönaicher im November Daniel Schamburek gewählt. Dem neuen Chef im Rathaus, meint Orendt, liege die Jugendarbeit wohl mehr am Herzen.

Der Preis für den Umbau zum Kinderhaus hat sich verfünffacht

Den Titel „Retter des Jugendhauses“ lehnt Schamburek selbst allerdings ab, und er mag auch keine Kritik an seinem Vorgänger hören. In der Tat haben sich die Voraussetzungen seit dem ursprünglichen Beschluss grundlegend geändert. Anfangs waren die Umbaukosten auf 50 000 Euro geschätzt worden. „Inzwischen haben wir eine andere Planungstiefe erreicht“, sagt Schamburek – und einen völlig anderen Preis. In der jüngsten Kalkulation standen unter dem Strich 250 000 Euro. Angesichts des Booms am Bau wäre diese Summe bei der Vergabe des Auftrags vermutlich noch gestiegen. Weshalb „wir uns noch mal auf einen intensiven Suchlauf gemacht haben“, sagt Schamburek. An dessen Ende stand, dass die Kinderbetreuung andernorts untergebracht werden kann – und soll.

Der massive Mangel an Plätzen war der eine Grund für den ursprünglichen Beschluss. Der zweite ist die blanke Finanznot der Gemeinde. Ihretwegen steht hinter der Rettung des Jugendhauses faktisch ein Fragezeichen. Das Betreuungsunternehmen Waldhaus betreibt das Urwerk im Auftrag der Stadt. Der Vertrag endet mit dem Jahr 2018. Falls es Schamburek misslingt, das Geld für eine Verlängerung aus der schmalen Stadtkasse zu pressen, hat die Gemeinde am Ende womöglich ein gerettetes Jugendhaus, aber kein Personal. Nicht nur Orendts Stelle ist fraglich, auch die der Jugendreferentin Petra Wolf. Um die Kündigungen zu verhindern, „tue ich mein Bestes“, verspricht der Bürgermeister.

Über die weitere Zukunft entscheiden höhere Stellen

Über den Erfolg der Bemühungen wird allerdings an höherer Stelle entschieden. Gemeinden müssen sich ihre Haushaltspläne genehmigen lassen, und gesetzlich gilt die Jugendarbeit als zweitrangige Aufgabe. Solche sogenannten freiwilligen Leistungen sind im Fall von akuter Finanznot vorrangig zu streichen. Dies zählte zu Heizmanns Hauptargumenten.

„Erstmal freuen wir uns sehr, dass das Urwerk gerettet ist“, sagt der Waldhaus-Abteilungsleiter Michael Groh. „Was ab 2019 passiert, ist noch offen.“ Die fernere Zukunft müsse im Sommer in den Verhandlungen über einen neuen Vertrag geklärt werden. Bis dahin will das Waldhaus ein neues Konzept vorlegen. Orendt hingegen schmiedet bereits mit Eifer an größeren Plänen. „Aus dem Urwerk ließe sich mehr machen“, sagt der Jugendhausleiter. Ein echter Jugendtreff mit Konzerten und anderen Veranstaltungen schwebt ihm vor. Auf diese Art, meint er, „ließe sich auch die Wirtschaftlichkeit verbessern“.