Elke Gerlinger aus Backnang darf ihre Strickarbeiten derzeit nur aus der Ferne an die Kundschaft bringen, weil Kunsthandwerkermärkte wie der in Murrhardt abgesagt werden. Foto: Gottfried Stoppel

Auf ihren Kunsthandwerkermarkt ist die Stadt Murrhardt stolz, doch wegen der Corona-Pandemie hat sie ihn abgesagt. Nun findet er eben virtuell statt – nicht nur für ein Wochenende, sondern bis Ende Juni – und Regen ist kein Problem.

Murrhardt - Etwas dumm gelaufen sei das schon, sagt Michael Müller. Dabei hat alles vielversprechend angefangen: Zum ersten Mal hatte sich der Heilbronner, der Dekostücke wie zum Beispiel kunterbunte Vogelhäuser aus heimischem Holz anfertigt, als Aussteller für den Murrhardter Kunsthandwerkermarkt beworben – und war prompt als Aussteller angenommen worden. Doch die Stadt hat den Januariusmarkt, der an diesem Wochenende zum 16. Mal mit rund 100 Ständen im idyllischen Stadtgarten in der Nachbarschaft des Klosters stattfinden sollte, aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt.

Für Spezialmärkte wie den Januariusmarkt gebe es widersprüchliche Verordnungen, berichtet der Murrhardter Bürgermeister Armin Mößner, dessen Verwaltung kein Risiko eingehen wollte. Beim Markt gebe es sonst auch Workshops und gastronomische Angebote, was zusätzliche Besucher auch von weiter her anlocke. „Das wäre ein schlechtes Zeichen an die Bevölkerung gewesen“, sagt Mößner, der sich mit der Verwaltung überlegt hat, wie den Standbesitzern trotz der Absage geholfen werden könnte.

Virtueller Markt als Werbemöglichkeit

Das Ergebnis ist der erste virtuelle Januariusmarkt, der am Wochenende und laut Mößner noch bis Ende Juni im Internet zu finden sein wird. Die Stadt hat dazu im Vorfeld Fragebögen an die Marktbeschicker verschickt und so herausgefunden, wer Interesse an dem Angebot hat. Rund ein Drittel der ursprünglich gebuchten Kunsthandwerker ist nun beim virtuellen Markt vertreten – mit einigen Sätzen zur eigenen Person, den Kontaktdaten und einem Überblick über Produkte, welche die Besucher normalerweise am Stand betrachten, anfassen und kaufen hätten können. Etliche Verkäufer haben auch eigene Onlineshops, die mit der Seite des Markts verlinkt sind.

„Die Idee des virtuellen Marktes finde ich gut, jetzt muss man sehen, ob er angenommen wird“, sagt Michael Müller, der seine Produkte nahezu ausschließlich bei Kunsthandwerkermärkten verkauft und keinen eigenen Onlineshop hat. Zum einen, weil er möchte, dass seine Kunden die Unikate vor Ort in Augenschein nehmen können. Zum anderen sind manche Produkte nicht wirklich für den Versand geeignet. Michael Müller nennt da zum Beispiel seine Vogelhäuser, die mit einem 1,70 Meter langen Stahlrohr im Boden befestigt werden: „Das ist eigentlich zu teuer, so etwas zu verschicken.“

Versuchen will er es dennoch mit dem virtuellen Markt – schließlich weiß keiner so recht, wann Veranstaltungen wie der Januariusmarkt wieder in gewohnter Weise stattfinden können. „Ich sehe das auch als Werbung für nächstes Jahr. Wenn Corona uns bis dahin loslässt, machen wir noch einen Versuch“, sagt Michael Müller.

Der Kontakt zur Kundschaft fehlt

Für Elke Gerlinger aus Backnang wäre es in diesem Jahr bereits der dritte Januariusmarkt gewesen. „Das ist ein wunderschöner Markt in tollem Ambiente und mit einem schönen Rahmenprogramm“, schwärmt die begeisterte Strickerin und Näherin, die unter dem Namen „give me joy“ Babyschühchen, Kinderkleidung und Kuscheltiere verkauft. Die virtuelle Version des Januariusmarktes hält sie für eine schöne Idee: „Die Alternative wäre ja gar nichts gewesen.“

Auch für Elke Gerlinger sind Märkte wichtig, selbst wenn sich ihre Produkte unkompliziert versenden lassen. In diesem Jahr hat sie noch keinen Markt wahrnehmen können und bedauert das sehr. „Der direkte Kontakt zur Kundschaft ist das Schöne an Märkten. Dort bekomme ich viel positive Bestätigung, auch wenn die Leute gar nichts bei mir kaufen.“

Die Backnangerin hofft, dass sie im Herbst etwas Marktluft schnuppern kann. „Ich habe mich für zwei Märkte angemeldet, einen im Kloster Lorch, einen in der Schwabenlandhalle in Fellbach. Ich weiß aber nicht, ob sie stattfinden.“