IOC-Präsident Thomas Bach am Montagabend in Stuttgart. Foto: Baumann/Hansjürgen Britsch

Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), war am Montagabend zu Gast beim Stuttgarter Sportgespräch. Und machte klar, wie schwierig sein Job derzeit ist.

Eigentlich könnten die Dinge doch so einfach sein. „Eine schöne Bratwurst und ein Glas Silvaner – dann ist die Welt in Ordnung“, sagte Thomas Bach – und demonstrierte damit die Verbundenheit zu seiner fränkischen Heimat. Doch der Jurist, geboren in Würzburg, ist eben nicht nur kulinarischer Genießer. Sondern auch Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Und als solcher gibt es derzeit schwierigste Fragen zu klären.

Die wichtigste: Dürfen im kommenden Jahr, wenn die Sommerspiele in Paris ausgetragen werden, Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus dabei sein?

Thomas Bach kennt diese Diskussion zu Genüge, hat emotionale Begegnungen mit ukrainischen Sportlerinnen und Sportlern hinter sich – und gab am Montagabend offen zu: „Es ist ein Dilemma.“

Der Sport ist politisch, aber neutral

Bach war Gast beim Stuttgarter Sportgespräch – zum zweiten Mal nach 2012. Seinerzeit war der heute 69-Jährige noch Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Seit 2013 ist der Fecht-Olympiasieger von 1976 Chef der bedeutendsten Sportorganisation der Welt. Und beteuerte auch am Montag in der baden-württembergischen Landeshauptstadt: „Der Sport kann und darf nicht unpolitisch sein – aber er muss politisch neutral sein.“

Die Welt, ergänzte Thomas Bach, werde von der Politik regiert, „nicht vom Sport“. Und er warnte davor, dieses Prinzip zu verändern: „Wenn er zu jedem Konflikt eine Schiedsrichterrolle einnimmt, ist es das Ende des internationalen Sports.“ Dennoch rückt eine Entscheidung zur Teilnahme von russischen und belarussischen Sportlerinnen und Sportlern in Paris näher. Diese, sagte Bach, liege aber derzeit bei den Fachverbänden und deren Qualifikationskriterien.

Über das Verhältnis des IOC zu Russland sagte der 69-Jährige: „Die Beziehungen zwischen Russland und dem IOC sind seit dem Dopingskandal sehr abgekühlt.“ Der staatsgesteuerte Betrug war nach den Winterspielen von Sotschi aufgeflogen. Das russische Nationale Olympische Komitee (ROC) ist derzeit vom IOC suspendiert. Weil es die Annexion ukrainischer Gebiete übernommen hat. Am Montag gab der Internationale Sportgerichtshof in Lausanne (Cas) bekannt, dass die Russen dagegen Einspruch eingelegt haben. Wann hierzu eine Entscheidung folgen wird, ist offen.

Dritte Amtszeit ab 2025?

Thomas Bach betonte derweil: „Wir haben viele Kriege zwischen Regierungen und Ländern gehabt, dennoch haben die Athleten immer an den Spielen teilgenommen. Das entspricht der olympischen Mission.“ Ansonsten, sagte er, „kollabiert der globale Sport, die Menschen brauchen etwas, das sie verbindet“. Eine Absage der Spiele 2024 aufgrund der weltpolitischen Lage schloss er aus: „Zu sagen, wir opfern die Spiele, wäre der völlig falsche Weg. Man darf nicht den Grundgedanken des Sports verraten.“ Solidarität mit den Sportlerinnen und Sportlern der Ukraine bestehe aber nach wie vor.

Abseits der politischen Konflikte sieht Thomas Bach die Spiele 2024 als die ersten, die nach den Reformen im Anschluss an seine Wahl 2013 veranstaltet werden. Sie seien „nachhaltiger, urbaner und jünger“. Innerhalb des IOC genießt der Jurist große Wertschätzung. Zuletzt bei der Session in Mumbai gab es sogar einen Vorstoß, er möge eine dritte Amtszeit nach 2025 anstreben. Das Problem: Die aktuelle Olympische Charta schließt das aus.

„Ich bin auch nur ein Mensch, ich habe mich gefreut über den Zuspruch, der von verschiedenen Kontinenten kam“, sagte Bach am Montag dazu – und ergänzte: „Wenn von Mitgliedern der Vorschlag gemacht wird, die Satzung zu ändern, dann gebietet es der Respekt, dass man sich mit diesen Menschen auseinandersetzt.“ Die Einheit des IOC hält er für „überlebenswichtig“. Begrüßen würde er eine deutsche Bewerbung.