Foto: dpa

Offenbar hat Michael Schumacher beim Formel-1-Team Mercedes-GP unterschrieben. Für Marketing-Fachmann Manfred Bruhn birgt die Partnerschaft auch Gefahren.

Stuttgart - Damit Michael Schumacher beim Formel-1-Team Mercedes-GP unterschreibt, ist anscheinend nur noch das Bestehen des Fitnesstests notwendig. Für Marketing-Fachmann Manfred Bruhn, Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Basel, birgt die Partnerschaft auch Gefahren für den Autohersteller.

Herr Bruhn, lohnt sich für Mercedes nach Marketing-Gesichtspunkten die Verpflichtung von Michael Schumacher?

Das kann ich Ihnen heute nicht beantworten, das hängt vor allem davon ab, wie sich Michael Schumacher - sollte er überhaupt bei Mercedes unterschreiben - in der kommenden Saison präsentiert.

Gute Resultate sind wichtig. Aber einen Werbenutzen verspricht sich Mercedes doch in jedem Fall von ihm.

Ich würde nicht Werbenutzen sagen, sondern PR-Nutzen. Und der wäre meiner Meinung nach riesig - diese Partnerschaft hätte eine sehr starke Öffentlichkeitswirkung. Denn sowohl Michael Schumacher als auch Mercedes sind weltweit eine Institution - und daraus lässt sich eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit schließen.

Das würde klar dafür sprechen, dass Mercedes den Rekordweltmeister in jedem Fall an Bord holen muss.

Mercedes erhofft sich dadurch auch einen Imagetransfer; Werte wie Sympathie, Erfolgsorientiertheit, Durchsetzungsvermögen sollen von den Fans miteinander in Verbindung gebracht werden. Der Sportler wird zu einer Eigenmarke, was bei Schumacher ja fraglos vorhanden ist.

Überstrahlt er sogar die Marke Mercedes?

Das ist schwer zu sagen, die Menschen werden dies unterschiedlich wahrnehmen. Wichtig ist bei diesem Imagetransfer aber, dass die Partnerschaft auf Dauer angelegt ist. Mit einem halben Jahr kommen Sie nicht weit, das wäre sinnlos.

"Bei Nico Rosberg ist die Kontinuität gegeben"

Es ist wohl nur ein Einjahresvertrag geplant.

Das wäre zu kurz. Es hat sich gezeigt, dass ein nachhaltiger PR-Effekt erst bei einer Dauer von mindestens drei Jahren beginnt.

Schumacher wird am 3. Januar schon 41 Jahre alt, er müsste dann bis knapp 44 fahren.

Das muss sich Mercedes überlegen. In aller Regel bauen Unternehmen solche Partnerschaften mit jüngeren Personen auf.

Wie mit dem bereits verpflichteten Mercedes-Piloten Nico Rosberg, der ist erst 24.

Exakt, dabei ist die Kontinuität gegeben.

Ich sehe eine Gefahr: Wenn Schumacher nicht in der Spitze mitfährt, könnten viele Zuschauer sofort einen nicht konkurrenzfähigen Silberpfeil von Mercedes unterstellen.

Die Verpflichtung von Schumacher wäre auch ein Risiko für Mercedes, fraglos. Sie erreichen die Effekte dadurch, dass sich die Person positiv positioniert und dass sie eine gute Leistung bringt. Das Verhalten in der Öffentlichkeit von Schumacher, wie er wahrgenommen wird, das kann Mercedes kaum beeinflussen. Und es ist heute auch noch nicht abzusehen, wie die Resultate in der nächsten Saison ausfallen werden.

Ist es statthaft für ein Unternehmen, trotz Wirtschaftskrise Millionen Euro in eine einzige Person zu investieren?

Sie sprechen einen sehr sensiblen Bereich an. Auf der einen Seite wird überall gespart, auf der Seite wird in einen internationalen Spitzensportler investiert, der eine Menge Geld verdient. Das ist nicht einfach, dies den Beschäftigten glaubhaft zu vermitteln - schließlich sollen sich nicht nur die Kunden und Motorsport-Fans mit Schumacher und Mercedes identifizieren, sondern selbstverständlich auch die eigenen Mitarbeiter. Auch dabei geht Mercedes ins Risiko.

Nun war zu hören, Schumacher solle sieben Millionen Euro pro Jahr verdienen. Eigentlich ein Schnäppchen - Lewis Hamilton verdient bei McLaren mehr als das Doppelte.

Über den Wert lässt sich vorab nicht seriös diskutieren, eine objektive Bewertung wird erst im Rückblick sinnvoll. Ich gehe doch stark davon aus, dass man sich bei Mercedes überlegt, welchen Gegenwert Schumacher für das Unternehmen bringen soll. Und es gibt ja noch eine alte Marketing-Faustregel.

Die besagt...

...dass für jeden Euro, der in einen Imageträger investiert wird, noch mindestens der doppelte Betrag für begleitende Marketing-Maßnahmen aufgewendet werden muss - Veranstaltungen, Werbespots, Plakate, Fanartikel sowie publikumswirksame Aktionen für die Motorsport- und Mercedes-Anhänger. Also wären es im Fall von Michael Schumacher nicht nur sieben, sondern insgesamt mindestens 20 Millionen Euro, die Mercedes in die Hand nehmen müsste.