Die 650-Jahr-Feier wird jeden Euro an städtischen Ausgaben wert sein, ist Bürgermeister Michael Lutz überzeugt Foto: Claudia Barner

Für Waldenbuch wird 2013 ein Festjahr. Das 650-jährige Bestehen prägt das kleinstädtische Leben.Doch nicht in jedem Bereich der Kommune herrscht Feierlaune.

Waldenbuch – Bürgermeister Michael Lutz ist sich bewusst: In den nächsten Monaten sind wichtige Entscheidungen gefordert, damit die Stadt als Einkaufsstadt und Lebensraum attraktiv bleibt.
Am 11. Januar startet Waldenbuch offiziell ins Jubiläumsjahr. Werfen wir zuvor einen Blick zurück. Welches Ereignis hat Sie 2012 am meisten beeindruckt?
Da muss ich nicht lange überlegen. Zu den Höhepunkten zählt für mich das 100-Jahr-Jubiläum der Firma Ritter. Während des Festwochenendes herrschte in der Stadt eine ganz besondere Atmosphäre der Begegnung und des Miteinanders, die mich sehr berührt und beeindruckt hat.

Und worüber haben Sie sich 2012 geärgert?
Ärgern ist nicht der richtige Ausdruck. Es gibt aber durchaus Dinge, die nicht so laufen, wie man es sich wünscht. Dazu gehört vor allem die Entwicklung in der Innenstadt. Die Schließung der Schlecker-Filiale hat eine weitere schmerzhafte Lücke in der Nahversorgung hinterlassen. Sich zu ärgern bringt aber nichts. Wir nehmen das zur Kenntnis und müssen reagieren.

Die Schließung des Drogeriemarkts war nicht der einzige Rückschlag. Die Postfiliale reduziert die Öffnungszeiten, der Freitagsmarkt mutiert erneut zum Sorgenkind. Haben Sie die richtigen Rezepte gegen das Ladensterben?
Wir müssen uns mit der Marktentwicklung ernsthaft auseinandersetzen und tun das seit Jahren. Es gibt durchaus auch Positives zu berichten. Drei neue Geschäfte haben in den vergangenen Wochen in der Innenstadt eröffnet. Die neue Büchereizweigstelle wird angenommen. Natürlich ist es schade, wenn man sich Mühe gibt und dann feststellt, dass der Bürger die Angebote in dieser Form nicht wahrnimmt. Letztlich muss man aber akzeptieren: Wir können nur die Rahmenbedingungen schaffen. Über den Erfolg entscheidet der Kunde.

Die Konkurrenz schläft nicht. In Weil im Schönbuch hat ein Drogeriemarkt eröffnet, in Dettenhausen entsteht ein Vollsortimenter. Können Sie den Vorsprung überhaupt noch aufholen?
Ich bin weit davon entfernt, den Kopf in den Sand zu stecken. Diese Entwicklung fordert uns dazu heraus, den eingeschlagenen Weg konsequent weiter zu verfolgen. Jede Kommune hat eigene Strukturen. So macht es beispielsweise in Waldenbuch aufgrund der Topografie keinen Sinn, einen Drogeriemarkt ins Gewerbegebiet zu verpflanzen. Wir brauchen die Nähe zur Innenstadt. Priorität hat für uns deshalb die Ansiedlung eines Drogisten auf dem Areal des Parkhofs Neuer Weg. Diese Lösung ist wegen der bestehenden baulichen Vorgaben natürlich viel schwieriger umzusetzen. Aber auch hier gilt: Wir bleiben am Ball. Mit dieser Strategie waren wir schon oft erfolgreich. Das konnte man bei der Erschließung des neuen Gewerbegebiets Bonholz III beobachten und so ist es trotz aller Probleme auch gelungen, eine Arztpraxis im Haus an der Aich zu integrieren.

Was in Waldenbuch geschieht, entscheiden künftig noch stärker die Bürger. Bei der Aufstellung des Haushaltsplans für 2013 konnten erstmals Wünsche geäußert werden. 100 Personen meldeten sich zu Wort. Sind Sie mit der Resonanz zufrieden?
Eine größere Beteiligung wäre natürlich schön gewesen. Ich hatte aber von vornherein nicht erwartet, dass die Bürger uns die Türen einrennen. Zum einen ist Finanzpolitik eine extrem schwierige und trockene Materie. Zum anderen müssen die Menschen erst lernen, dass sie zur Mitgestaltung aufgerufen sind. In finanziell guten Zeiten war es einfach, zu sagen: Liebe Stadt, mach Du mal. Heute geht es darum, dass man Projekte nicht nur fordert, sondern gemeinsam darüber redet, wie man sie finanzieren kann. Unser Verfahren ist gut, hat aber noch Schwachstellen. Die Gruppe der unter 40-Jährigen haben wir nicht erreicht. Beim nächsten Mal setzten wir stärker auf das Internet.

Apropos Finanzen. 2013 werden 4,6 Millionen Euro investiert, dann sind die Rücklagen aufgebraucht. Lebt die Kommune bei künftigen Vorhaben auf Pump?
Aus meiner Sicht ist klar: Es wird keinen finanzpolitischen Blindflug geben. Wir haben bei den Infrastrukturmaßnahmen in den vergangenen Jahren durchgängig ein hohes Niveau geschaffen und können uns hier auch mal eine kurze Verschnaufpause gönnen. Sicher aber werden wir in den nächsten Jahren die Diskussion darüber intensivieren, was zu den Pflichtaufgaben der Gemeinde gehört und welche Leistungen freiwillig sind.

Zu den Preistreibern im Jahr 2013 gehört die 650-Jahr-Feier. 30 000 Euro waren zunächst eingeplant. Kurz vor der Jahreswende musste der Gemeinderat die Zahl auf 100 000 Euro korrigieren. Trübt das die Feierlaune?
Wenn wir das, was wir uns vorgenommen haben umsetzen können, sind die Ausgaben jeden Euro wert. Die Bürger haben sich mit Enthusiasmus und Begeisterung in die Vorbereitungen gestürzt und damit ein Wir-Gefühl erzeugt, das sicher auch über das Jahr 2013 hinaus wirken wird.