Polizeibeamte eines Spezialeinsatzkommandos bei einer Übung im vergangenen Jahr Foto: IMAGO/Björn Trotzki/IMAGO/Björn Trotzki

Terroristen eines Ablegers des „Islamischen Staats“ töten mehr als 130 Menschen nahe Moskau. Auch in Deutschland haben Behörden die Gruppe im Visier.

Nach dem Terroranschlag mit mehr als 130 Toten auf eine Konzerthalle bei Moskau sorgen sich auch Behörden hierzulande um die Sicherheit. Denn der Verantwortliche Ableger des „Islamischen Staates“ (IS) hat auch Deutschland im Blick. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wie groß ist die Gefahr durch islamistischen Terror in Deutschland?

„Die Gefahr durch islamistischen Terrorismus bleibt akut“, hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der „Süddeutschen Zeitung“ am Wochenende gesagt. Tatsächlich zeigen sich Sicherheitsbehörden seit den Anschlägen der Hamas in Israel am 7. Oktober besorgt über eine erhöhte Terrorgefahr. In Deutschland leben laut Bundeskriminalamt rund 500 „Gefährder“ aus dem radikal-islamistischen Spektrum. Als Gefährder bezeichnen Behörden Personen, denen „politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung“ zugetraut werden. Im Klartext: Terroranschläge.

Anders als etwa in Frankreich gibt es hierzulande kein Terror-Warnsystem mit verschiedenen Stufen. Dort wurde am Sonntagabend die höchste Warnstufe ausgerufen. Das Bundesinnenministerium hält von einem solchen System nichts, weil sich die Gefährdungslage je nach Region stark unterscheiden könne und ein solches System ein Gefühl der Unsicherheit verstärken könne.

Ist die Splittergruppe „Khorasan“ auch in Deutschland aktiv?

Zu dem Anschlag in Moskau hat sich der IS-Ableger „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) bekannt. „Khorasan“ bezieht sich auf eine historische Region, zu der Teile von Afghanistan, des Iran und anderer Teile Zentralasiens gehörten. Heute ist die Gruppe vor allem in Afghanistan aktiv, wo sie sich als Gegengewicht zu den regierenden Taliban versteht. Der ISPK ist auch in Deutschland aktiv.

Erst am vergangenen Dienstag hatte die Bundesanwaltschaft in Thüringen zwei mutmaßlichen ISPK-Terroristen festnehmen lassen. Sie sollen einen Anschlag in Stockholm geplant haben. Waffen für möglich Terroranschläge werden laut Experten vor allem in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens beschafft und über Österreich und die Schweiz nach Westeuropa geschmuggelt.

Wie blicken Innenpolitiker auf die Fußball-EM im Sommer?

Am 14. Juni wird in München das Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland angepfiffen. Zu dem Turnier werden Millionen Fans erwartet. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass Islamisten volle Fußballstadien und Public Viewings längst als potenzielle Anschlagsziele ausmachen“, sagt Alexander Throm (CDU), innenpolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion. Hier gelte höchste Wachsamkeit. „Islamistische Terroristen sind nach wie vor da, sie sind bestens vernetzt und genauso fanatisch wie früher“, so Throm. Der entsetzliche Anschlag bei Moskau zeige diese Gefahr.

Welche Lücken sehen Polizeivertreter bei der Terrorabwehr?

Alexander Poitz, stellvertretender Vorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP, sagt, es gebe zwar ein ausgefeiltes Sicherheitssystem für die Europameisterschaft, allerdings sehe er auch Mängel bei der Terrorabwehr: „Deutschland hat bei der Terrorabwehr massiven Nachholbedarf. Wir müssen Polizei und Verfassungsschutz endlich in die Lage versetzen, drohende Terroranschläge zu verhindern.“ Dazu bräuchten die Behörden nicht nur deutlich mehr Personal und eine moderne IT-Technik, sondern auch Eingriffsbefugnisse, die im Digitalzeitalter greifen. „Sonst ist es nur eine Frage der Zeit, bis es auch bei uns zu einem Terroranschlag kommt“, sagte Poitz.

Welche Maßnahmen werden zum Schutz der Bevölkerung getroffen?

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Montag, zusätzliche Maßnahmen werde es im Lichte des Anschlags bei Moskau nicht geben, da es sich um eine bekannte Bedrohung handle. „Mit unseren bislang ergriffenen Maßnahmen haben wir dies im Blick“, sagte er. Die Sicherheitsmaßnahmen seien gleichbleibend hoch. Mit Blick auf die Europameisterschaft ist allerdings bereits bekannt, dass Grenzkontrollen geplant sind. Damit sollen nicht nur islamistische Terroristen, sondern auch gewaltbereite Hooligans an der Einreise gehindert werden.