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Raubritter gelten bis heute als eine Geißel des Mittelalters. Wir stellen einige der bekanntesten Vertreter ihrer Art vor, die es im Mittelalter wild in Schwaben und Franken trieben.

Stuttgart - Deftig geht’s zu im Lied der Münchener Komikerlegende Karl Valentin (1882-1948) „Ja so warns, die alten Rittersleut’“ von 1939/40. Berühmt wurde der Song durch die Münchener Dixieland-Jazzband Hot Dogs, die damit 1966 ihren ersten großen Erfolg feierten.

Angehörige des niederen Adels

Die alten Rittersleut’ gehörten zum niederen Adel. Der landläufigen Meinung nach verloren sie im Spätmittelter durch das Aufkommen von Schießpulver, Kanonen und Söldnern sowie infolge des tiefgreifenden Wandels in Gesellschaft und Wirtschaft ihre Privilegien, militärische Bedeutung und wirtschaftliche Basis. Was blieb den Geharnischten anders übrig als ihr Auskommen durch Straßenraub und Beutemachen in mutwillig vom Zaun gebrochenen Fehden und Überfällen auf Kaufleute, Städter und Bauern zu sichern.

Die Sache ist allerdings sehr viel komplizierter. „Natürlich gab es Ritter, die in der Bredouille waren. Es gab aber mindestens genauso so viele wirtschaftlich Erfolgreiche und ein breites Mittelfeld. Das war bei der städtischen und bäuerlichen Bevölkerung nicht viel anders“, sagt der Historiker Kurt Andermann, der an der Universität Freiburg mittelalterliche Geschichte und Landesgeschichte lehrt.

Raubritter – ein ideologisierter Begriff

Raubritter ist ein ideologisch besetzter Begriff. Er stammt nicht aus dem Mittelalter, sondern aus dem 18. Jahrhundert und zeugt von einer weitverbreiteten Unkenntnis der mittelalterlichen Gesellschaft und des Rechtssystems. Im Gegensatz zum Raubritterunwesen war das Austragen von Fehden fester Bestandteil der ritterlichen Lebensweise und war grundsätzlich zulässig.

„Die Fehde war in legitimes und ultimatives Rechtsmittel. Ordentlich zugesprochenes Recht konnte oft nicht durchgesetzt werden. Da blieb nichts anderes übrig, als den Leuten die Selbsthilfe zuzugestehen“, erklärt Andermann. Die Ritter hätten die Fehde als ihr ureigenstes Recht angesehen. Kaufleute zu überfallen, um der gegnerischen Seite zu schaden, sei völlig normal gewesen.

Fehde und Raubritter

Auch wenn das Fehderecht vielfach missbraucht wurde und es zahlreiche Räuber und Kriminelle in der Ritterschaft gab, war das Waffenklirren ein anerkanntes Mittel, um seine Interessen durchzusetzen. Andermann: „Wer von Raubrittern spricht, muss auch von Raubfürsten und Raubbürgern sprechen. Fürsten und Städte haben ganz genauso Fehden geführt. Sie waren dabei nicht zimperlicher als der Ritteradel.“ Seit dem 1495 auf dem Wormser Reichstag beschlossenen Ewigen Landfrieden waren Fehden verboten. Es dauerte aber noch bis weit ins 16. Jahrhundert, bis die Räubereien der Vergangenheit angehörten.

Geschichte der gepanzerten Reiterkrieger

Ritterlich-höfische Kultur

Thomas von Absberg

Thomas von Absberg (1477-1531) entstammte dem alten fränkischen Adelsgeschlecht derer zu Absbserg. Sein ganzes Leben widmete der Geharnischte seinen Fehden gegen Städte, vor allem Nürnberg und andere Ritter. Sein Ruf als der „Schrecken Frankens“ lief ihm voraus.

Durch sein besonders grausames und wenig ritterliches Verhalten (seinen Geiseln hackte Absberg eine Hand ab und schickte sie zur Untermauerung seiner Lösegeldforderung an deren Verwandtschaft) wurde er zum Inbegriff des unritterlichen Leuteschinders. Er neigte zum Fluchen, kannte weder Reue noch Skrupel. Ritter, die wie Absberg ihren Lebensunterhalt durch Straßenraub und Überfälle bestritten, nannte man Placker, Schnapphähne oder Stauchritter.

Die Entführung Nürnberger Kaufleute führte 1523 im Fränkischen Krieg zur Zerstörung vieler kleiner Burgen im Schwäbisch-Fränkischen, deren Besitzer mit Absberg sympathisierten, durch den Schwäbischen Bund. 1531 wurde Absberg von einem Kumpan ermordet.

Götz von Berlichingen

Der 1480 geborene fränkische Reichsritter war ein Haudegen, der stets seine eigenen Standesinteressen verfolgte. In den Mitteln seiner Wahl war er nicht zimperlich, – weder als Anführer des Odenwälder Haufens im Bauernkrieg 1525 noch bei seinen Fehden gegen die Städte Köln und Nürnberg oder gegen den Erzbischof von Mainz.

In seiner Autobiografie nennt Götz zahlreiche Kriegs- und Fehdeereignisse, an denen er beteiligt war. Wegelagerei, Plünderungen und Brandschatzungen gehörten zur üblichen Praxis des Fehdewesens. Sehr erfolgreich war er als Finanzmakler. Götz starb 1562 auf seiner Burg Hornberg. Unsterblichen Ruhm erlangte er durch Johann Wolfgang von Goethes Schauspiel „Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand.“

Wilhelm von Grumbach

Der fränkische Reichsritter Wilhelm von Grumbach (1503-1567) gilt als der letzte Raubritter. Ihm gehörten zahlreiche Güter rund um Würzburg, was ihn zwangsläufig in Konflikt mit den dortigen Bischöfen brachte.

Im Laufe einer Fehde mit Bischof Melchior Zobel von Giebelstadt ermordete er diesen und wurde geächtet. Als Grumbach in seine letzten Lebensjahren politische Ränke zwischen den europäischen Landesherrn schürte, wurde es dem Kaiser und den Fürsten zu viel. Nach verlorener Schlacht wurde er am 18. April 1567 auf dem Marktplatz von Gotha gevierteilt.

Franz von Sickingen

Der Condottiere und Kriegsunternehmer Franz von Sickingen lebte von 1481 bis 1523. Mit Heeren von bis zu 20 000 Mann diente er dem Kaiser, dem König von Frankreich und anderen Fürsten an – je nachdem, von wem er sich den größten Vorteil versprach.

Trotz des Landfriedens von 1495 führte er ab 1515 Fehden nach dem althergebrachten Faustrecht. Als sein Versuch das Kurfürstentum Trier 1522 zu erobern scheiterte, verlor sein vorheriger Förderer, der Kurfürst von der Pfalz, die Geduld mit ihm. Bei der Belagerung seiner Burg Nanstein starb Fran z von Sickingen am 7. Mai 1523 aufgrund einer schweren Verwundung, die er bei der Beschießung durch feindliche Kanoniere erlitten hatte.

Eppelein von Gailingen

Eppelein von Gailingen (1320-1381) war ein fränkischer Ritter, der wie viele seines Standes der Räuberei verfiel und die Handelswege um Nürnberg unsicher machte. Um 1360 begann er Kaufleute zu überfallen, was dazu führte, dass 1369 die Reichsacht über ihn verhängt wurde.

1372 zerstörten Truppen der Reichsstadt seine Burg Dramaus beim oberfränkischen Trainmeusel (Bayern) und nahmen ihn gefangen. Dem Galgen entkam er nur durch eine tollkühnen Sprung mit seinem Pferd über die Mauer des Nürnberger Burggrabens. Weitere neun Jahre zog er durch Franken bis Söldner ihn und seine Räuberbande gefangen nahmen. Am 15. Mai 1381 wurde er in Neumarkt in der Oberpfalz qualvoll gerädert.

Hans von Rechberg

Hans von Rechberg (1410-1464) war ein gefürchteter Fehde-Unternehmer, der an zahllosen Fehden, Kriegs- und Raubzügen im schweizerischen und schwäbischen Raum beteiligt war. Schon mit 20 Jahren stand er seinen Kriegsmann. Er focht gegen die Hussiten und den Konstanzer Bischof, unterstützte Fehde-Ritter gegen die Kaufleute von Ulm und Ravensburg, zog als Hauptmann für die Stadt Zürich in den Kampf.

Gewalt und Metzeleien waren das Metier dieses Adeligen. Mit dem Geld aus seinen Räubereien und Fehdezügen ließ er ab 1457 die Burg Hohenschramberg errichten. Während einer Fehde gegen den Grafen von Werdenberg wurde die Burg belagert. Auf seinem letzten Raubzug wurde der räuberische Ritter so schwer verwundet, dass er am 13. November 1464 in Villingen starb.

Hans Jakob von Massenbach

Einer der gefürchtesten Vertreter des Adelsgeschlechts der Massenbach, einem alten Rittergeschlecht aus dem Kraichgau war Hans Jakob von Massenbach, genannt Talacker. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts machte er sich einen Namen als berüchtigter Wegelagerer und Brandschatzer.

1462 kämpfte er in der Schlacht bei Seckenheim im Badisch-Pfälzischen Krieg. Später führte er Fehden gegen die Reichsstadt Heilbronn, die Markgrafen von Baden und das Haus Württemberg. Bekannt wurde er vor allem als Lehrmeister des jungen Götz von Berlichingen, den er auf seinen Beutezügen das Plündern und Rauben lehrte.