Zuviel Luft unter der Corsage? „Kein Brautkleid passt auf Anhieb“, sagt Maßschneiderin Johanna Beerweerth (oben, Mitte) und sorgt für den perfekten Sitz. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Romantisch mit Rüschen und Blüten? Prunkvoll glitzernd? Klassisch streng oder frech und sexy? Aus Satin, Taft, Spitze, Tüll, Organza oder Chiffon? Die Entscheidung für Mr. Right, den Mann fürs Leben, ist ein Kinderspiel gegen die Wahl des ultimativen Traums von einem Brautkleid.

Stuttgart - Komm, Schatz, wir heiraten. Liebende, die sich von Maienlust und Fliederduft zum spontanen Gang zu Standesamt und Altar hinreißen lassen, brauchen einen ausgeprägten Hang zur Improvisation. „Hochzeiten werden wieder sehr aufwendig und groß zelebriert“, weiß Michaela Rena Meinert, Inhaberin des Fachgeschäftes Rena Sposa Hochzeitsmode. Und das erfordere eine generalstabsmäßige und vor allem rechtzeitige Planung, bei dem die Ausstattung der Brautleute genauso bedeutend ist wie das Fest und die Gästeliste.

Früh einen Knopf dranmachen

Mindestens ein halbes Jahr vor dem großen Tag, der bekanntlich als der schönste im Leben gilt, sollen sich die Bräute ernsthaft mit der Anschaffung des Kleides beschäftigen, raten alle Expertinnen. „Das Brautkleid ist doch eines der wichtigsten Kleider im Leben einer Frau und soll sie so schön und attraktiv wie nie aussehen lassen“, bekräftigt Frau Meinert. Muss es bestellt werden, können bis zur Lieferung fünf Monate vergehen.

Ganz in Weiß eingerichtet und strahlend wie ein Sahnebaiser versetzen die Geschäftsräume mit viel Platz und Separées für die Anproben schon auf den ersten Blick in Hochzeitsstimmung. Und dann erst die meterlang aufgereihten Wolken und Wogen von Roben! Wie findet man unter den 450 Modellen das einzig richtige? Assistiert von Müttern, Schwestern oder der liebsten Freundin wird probiert. Bis zu zehn Modelle, verrät Meinert, die beratend zur Seite steht, nie überreden will und auch schon mal abrät, „aber ganz dezent“. Sie empfiehlt, Fotos zu machen (falls erlaubt) und zu Hause noch mal in Ruhe zu überlegen.

Angesagte Trends

Zum Beispiel Vintage-Kleider, wie es sich das Model Kate Moss für die Hochzeit mit Jamie Hince von John Galliano entwerfen und schneidern ließ: aus Organza, schmal geschnitten, fast so simpel wie ein Unterkleid, aber kostbar bestickt. Kaskaden von Spitzen, Perlenschnüre oder Glitzereffekte machen die Vintage-Modelle bei Rena Sposa zum Inbegriff von verspielter Romantik mit einem Hauch Nostalgie. Und Tattoo-Kleider. Was mit diesem Begriff gemeint ist, konnte man an Veronica Ferres als Braut bewundern: Oberteile aus Spitze, die scheinbar wie ein Hauch auf der Haut liegen, aber durch ein hautfarbenes Netzgewebe unterlegt sind.

Daneben immer aktuell: die Empire-Form mit hochgerutschter Taille, die ausgestellte A-Linie, Prinzess-Kleider, Carmen-Kleider mit dramatisch drapiertem Dekolleté, gesehen an Fürstin Charlene von Monaco, und die Meermaid-Linie, ganz eng auf Figur und zum Boden hin ausschwingend wie ein Nixenschwanz. Toll für Frauen mit einer Figur wie eine Sanduhr. Corsagen-Kleider würden gerade etwas weniger, beobachtet Frau Meinert, kann aber den Wunsch danach mit opulenten Modellen mit Strass- und Perlenstickerei und ausladendem Tüllgewoge erfüllen. Denn es sei, meint der Wedding-Planer Froonck, eine neue Üppigkeit angesagt: in Roben mit Wespentaille und Reifrock im Sissi-Stil oder glamourös mit Sex-Appeal.

Kein Frackzwang

Werden die Herzbuben zum Kauf des Brautkleides mitgenommen? „Ja“, sagt Michaela Rena Meinert, „dann aber in eigener Sache und für die eigene Ausstattung.“ Zum Beispiel mit einem Frack mit angedeuteten Elementen alter Uniformen. Sehr exzentrisch. Meist entschließen sich die Herren für Smoking oder Anzug aus besonders edlem Stoff mit Schmuckknöpfen. Beliebt sei derzeit die Farbe Blau. Anprobiert wird in streng getrennten Separées, denn es soll ja Unglück bringen, wenn der Bräutigam das Kleid schon vor der Hochzeit sieht.

Finish bei der Schneiderin

Sogar ein Jahr Zeit für Planung und Kauf empfiehlt die Maßschneiderin Johanna Beerwerth. Denn kein Kleid von der Stange passt auf Anhieb. Also muss (teuer) geändert werden. „Bis es wie ein Maßkleid perfekt auf Figur sitzt und genügend Bewegungsfreiheit für den Tanz ins Glück lässt“, sagt die Schneidermeisterin, in deren Atelier viele Roben auf dieses Finish warten.

Warum nicht auf Maß?

Mit Begeisterung und dem Anspruch auf Perfektion geht Johanna Beerwerth bei einem Brautkleid nach Maß auf alle Wünsche nach Stoff, Stil und Ausstattung ein. Genau wie die Stuttgarter Modedesignerin Anne Fentker oder das Couture-Atelier von Bettina Haslboeck und Martina Walz in Tübingen: für Kundinnen, die trotz des großen Angebotes von der Stange ihr Traumkleid nicht gefunden haben, eine schlichte Eleganz bevorzugen oder einfach „nicht haben wollen, was alle anderen auch tragen“, wie Martina Walz meint. Das Einmalige, Be-sondere, nie Dagewesene. Den ultimativen Traum.