Die Streuobstwiese bleibt unangetastet. Ob und wie es ansonsten im Dittlau weitergeht, bleibt vorerst noch offen. Foto: Horst Rudel

Am Donnerstag hätte der Göppinger Gemeinderat über weitergehende Untersuchungen für das geplante Großbaugebiet Dittlau entscheiden sollen. Beim Bürgerforum der Schutzgemeinschaft erklärt OB Till, warum das Thema von der Tagesordnung genommen wird.

Göppingen - Das Aufatmen im Alten Farrenstall in Faurndau ist so groß gewesen, dass noch ein paar Leute mehr in den proppevollen Saal passten. Gleich zu Beginn des ersten Bürgerforums der Schutzgemeinschaft Dittlau (SGD) verkündete der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till, dass der Gemeinderat an diesem Donnerstag nun doch nicht über weiterführende Untersuchungen für das geplante Großbaugebiet abstimmt. „Wir behandeln die Vorlage in der Sitzung nicht, weil wir festgestellt haben, dass es bei der Baulandentwicklung noch starke Differenzen gibt.“ Vielmehr solle der Dialog gerade mit der Faurndauer Bevölkerung fortgeführt werden. „Wir werden nicht nur, aber auch über das Dittlau reden“, erklärte Till.

So überraschend diese Aussage kam, so beeindruckend war das Interesse an dem Abend, bei dem die Pro- und Kontra-Positionen zu dem Projekt aufgezeigt wurden. Auf 250 000 Quadratmeter Grünfläche sollen rund 2000 Bewohner in 800 neuen Wohneinheiten Platz finden. Gut und gerne 150 Menschen drängten aber zuerst einmal in den Farrenstall, und obwohl viele zusätzliche Stühle herangeschafft wurden, mussten etliche Besucher die gut zweistündige Veranstaltung im Stehen zubringen. Für den Moderator Rolf Wehaus war die große Resonanz ein deutliches Zeichen dafür, „dass dieses Thema vielen auf den Nägeln brennt“.

Deutlich wurde überdies, dass genau die Fragen, die auch für die Stadträte noch unbeantwortet sind, die Bürgerinnen und Bürger umtreiben. So bedürfen die Zahlen zum Wohnraumbedarf, die das Bonner Institut Empirica prognostiziert hat, einer verständlichen Erläuterung. 2910 neue Wohneinheiten würden demnach in Göppingen benötigt, wobei zwischen einer quantitativen und einer qualitativen Nachfrage unterschieden wird. Empirica sollte aufzeigen, was hinter diesen Begriffen steckt, ob etwa die „qualitative Nachfrage“ ausschließlich in neuen Baugebieten befriedigt werden kann. Während die Stadt dies so sieht und mit Zahlenpaketen untermauerte, ist Jörg Krauß von der SGD anderer Meinung und wartete seinerseits mit entsprechenden Statistiken auf.

Kritiker äußern Zweifel zu etlichen Punkten

Den aktuellen Planungsstand des Projekts Dittlau und dessen Perspektiven stellte die Göppinger Stadtplanerin Susanne Mehlis vor. Sie sprach von der guten Bahnanbindung in Faurndau, der fußläufigen Erreichbarkeit vom Dittlau aus und einer Stärkung der Infrastruktur im Ortskern. Tobias Jauß als SGD-Vertreter zeigte sich völlig anderer Meinung und sprach von rund 30 Minuten Fußweg zum Bahnhof. Eine Ansicht, die weite Teile des Publikums offenkundig teilten. Jauß forderte zudem, dass vor weiteren Schritten erst alle Voruntersuchungen abgeschlossen und veröffentlicht werden müssten, mit genügend Zeit für eine anschließende Prüfung.

Auch was die angedachte Entlastungsstraße angeht, äußerten die Kritiker ihre Zweifel. Der weite Umweg über die Öde und die Stuttgarter Straße sei nun wahrlich keine Alternative. Im Gegenteil ziehe diese Trasse den Verkehr in umgekehrter Richtung eher noch nach Faurndau hinein. Da half es auch nichts, dass Susanne Mehlis erklärte, dass die Planungen für die Straße ja noch nicht abgeschlossen seien. Auch Tills Einwand, „dass wir beim Thema Dittlau noch ganz am Anfang stehen“, wurde von einer Zuhörerin direkt gekontert. „Wenn dem so ist, warum werben Sie dann schon mit einer Fahne am Bezirksamt, mit Kugelschreibern und Meterstäben für dieses sogenannte Familienwohngebiet?“

OB Till verspricht „volle Transparenz“

Zum Verbrauch der landwirtschaftlich genutzten Flächen sprach Professor Martin Dieterich, Agrarökologe an der Uni Hohenheim. Er unterstrich die hohe Qualität der Böden auf dem Plateau bei Faurndau und stellte klar, „dass wir es uns in Deutschland nicht leisten können, weitere solcher Flächen zu verlieren“. Dieterich forderte von Kommunen eine Entwicklung im Innenbereich. Der Baubürgermeister Helmut Renftle versicherte zwar, dass Göppingen diesen Weg gehe. Einige Besucher, die sich für innerörtliche Grundstücke etwa im Faurndauer Freihof interessiert haben, beklagten indes, dass sie von der Stadt „wegen anderer Prioritäten“ für mindestens zwei Jahre vertröstet worden seien.

Zum Abschluss wurden die Auswirkungen, die eine Dittlau-Bebauung auf Faurndau hat, zusammengefasst: Eine Zuhörerin bedankte sich dabei zunächst einmal für die vielen Informationen, die sie jetzt dank der SGD bekommen habe. Ein anderer Redner appellierte an die Stadträte, bei ihrer nunmehr verschobenen Entscheidung fortschrittlich und an nachfolgende Generationen zu denken. Jörg Krauß von der Schutzgemeinschaft wiederum bat darum – wie im Übrigen fast 400 Unterzeichner einer entsprechenden Anzeige in der Göppinger Lokalzeitung: „Stoppen Sie die Dittlau-Planung, und ergreifen Sie stattdessen Maßnahmen, um die Attraktivität der Innenbereiche zu stärken.“

Dies sagte der OB zwar spontan nicht zu, er versprach aber „volle Transparenz“ und „weitere Treffen in dieser Angelegenheit“.