Die EU will die Führerscheinregeln reformieren. Zu einschneidenden Änderungen wird es aber nicht kommen. Foto: dpa/Sina Schuldt

Das Europaparlament entkernt eine geplante Reform der Führerscheinregeln.

Aus der geplanten Reform der EU-Führerscheinregeln wird ein Reförmchen. Das Europaparlament legte am Mittwoch in Straßburg seine Position fest. So sollen etwa über verpflichtende Gesundheitstests für Autofahrer weiter die einzelnen Mitgliedstaaten entscheiden. Die EU-Kommission hatte zuvor vorgeschlagen, dass Autofahrerinnen und -fahrer ihren Führerschein alle 15 Jahre neu beantragen und dafür ärztliche Hör- und Sehtests oder eine Selbstauskunft über ihre Gesundheit vorlegen müssen. Dieses Ansinnen hatte in den Augen der Parlamentarier allerdings keine Chance, obwohl es in vielen EU-Staaten bereits erfolgreich umgesetzt wird. Befürwortet wird vom Parlament, dass in Zukunft das begleitete Fahren ab 17 EU-weit möglich sein soll.

Kritik an verpflichtenden Gesundheitstests

Zufrieden äußerte sich nach der Abstimmung Jan-Christoph Oetjen, verkehrspolitischer Sprecher der FDP im Europaparlament. Er glaubt, dass verpflichtende Gesundheitstest „unser Gesundheitssystem überlastet und eine Bürokratielawine losgetreten“ hätten. Die Grünen-Abgeordnete Karima Delli kritisiert dagegen, dass das Parlament eine Chance verpasst habe, die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Sie beklagt, dass zu viele „Fakenews“ über die Reform im Umlauf gewesen seien.

Dabei hatte die Französin als Vorsitzende im Verkehrsausschuss mit einigen Vorschlägen im Vorfeld selbst für größte Irritationen gesorgt. Sie wollte nicht nur verpflichtende medizinischen Checks, sondern auch deutliche Einschränkungen für Fahranfänger und wesentlich strengeren Geschwindigkeitsbegrenzungen durchsetzt. Der FDP-Mann Jan-Christoph Oetjen spottete aus diesem Grund über „Kontrollfantasien“ der Grünen.

Zahl der Verkehrstoten nimmt wieder zu

Ziel der neuen Vorgaben ist es eigentlich, den Straßenverkehr sicherer zu machen, damit weniger Menschen bei Unfällen sterben. EU-Angaben zufolge kommen jedes Jahr mehr als 20 000 Menschen auf den Straßen in der Europäischen Union ums Leben. Eigentlich soll die Zahl der Verkehrstoten bis 2030 halbiert werden. Die Entwicklung sieht aber derzeit nicht danach aus: Nach einem deutlichen Rückgang während der Corona-Pandemie stieg die Zahl der Toten jüngst wieder an.

Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) war in den vergangenen Monaten in Brüssel mehrere Male vorstellig geworden und erteilte etwa den Gesundheitschecks für ältere Autofahrer eine rigorose Absage. Verschiedene Ansichten herrschte vor allem auch über die unterschiedliche Auslegung einer Statistik zu Unfällen im Straßenverkehr. Wie aus jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden hervorgeht, haben ältere Autofahrer häufiger die Hauptschuld als jüngere, wenn sie an Unfällen mit Personenschaden beteiligt sind. Der Statistik zufolge waren Menschen ab 65 im Jahr 2022 in mehr als zwei Dritteln dieser Fälle (69 Prozent) die Hauptverursachenden.

Unterschiedliche Interpretation einer Statistik

Gleichzeitig belegt die Statistik, dass ältere Menschen gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung seltener in Verkehrsunfälle verstrickt sind als jüngere. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass Menschen im Alter schlicht seltener mit dem Auto unterwegs sind, weil sie etwa nicht mehr zur Arbeit fahren müssen. So können sich beide Seiten in ihrer Argumentation auf dieselbe Statistik berufen. Das tat auch Verkehrsminister Wissing, als er jüngst seine eigene Haltung begründete: „Wir haben bei den älteren Autofahrern keine signifikanten Unfallzahlen und damit keinen Grund für einen Generalverdacht.“ Das Gesetz geht nun in die Beratungen zwischen Europaparlament und Mitgliedstaaten, die allerdings erst nach den Europawahlen im Juni aufgenommen werden können.