Der Anwalt Roland Kugler hat für seine Mandanten, die am Neckartor von Feinstaub betroffen sind, bereits Verbesserungen durchgesetzt Foto: Leif Piechowski

Die Ankündigung von Verkehrsminister Winfried Hermann und OB Fritz Kuhn (beide Grüne), in Stuttgart erst bis 2021 die bereits seit 2005 gesetzlich gültigen Feinstaub-Grenzwerte einhalten zu wollen enttäuscht Betroffene.

Stuttgart - Die Ankündigung von Verkehrsminister Winfried Hermann und OB Fritz Kuhn (beide Grüne), in Stuttgart erst bis 2021 die bereits seit 2005 gesetzlich gültigen Feinstaub-Grenzwerte einhalten zu wollen enttäuscht Betroffene. Der Anwalt Roland Kugler, selbst Mitglied der Grünen und Vertreter von Feinstaub-Klägern am Neckartor, nennt die Ankündigung „nicht akzeptabel“. Kugler: „Ich habe ein anderes Verständnis von grüner Politik.“

Die EU-Kommission, die eine Klage angedroht und die Bundesrepublik für den Fall Stuttgart zu einer Stellungnahme aufgefordert hat, „kann angesichts dieser Ankündigung gar nichts anderes tun, als zu klagen“, sagt Kugler, „denn die Verwaltung hält sich nicht an Gesetze“. Kugler empfiehlt seinen Parteifreunden, „die Schrittgeschwindigkeit zu erhöhen“. Ohne Verkehrsbeschränkungen seien die Grenzwerte nicht einzuhalten. Um täglich auf den Autoverkehr einwirken zu können müsse eine gesetzliche Grundlage wie die alte Smogverordnung geschaffen und müssten tagesaktuelle Messungen vorgenommen werden. Die Luftfilter zur Messung werden jetzt nur alle zwei Wochen ausgewertet. Das wolle man auch nicht ändern, hatte Rudolf Uricher, Abteilungspräsident für Umweltschutz aus dem Regierungspräsidium, am Montag auf die Frage unserer Zeitung geantwortet.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz hat weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung am Dienstag begrüßt, auf Freiwilligkeit zu setzen werde aber „nie und nimmer funktionieren“, sagt Bund-Regionalgeschäftsführer Gerhard Pfeifer. Nur wenn die Straßenkapazität für Autos bei hohen Luftschadstoffwerten reduziert werde trete ein Effekt ein. „Sonst könnte sogar das Gegenteil geschehen, dass nämlich Menschen mit dem Auto nach Stuttgart einfahren, weil sie denken, auf den Straßen sei bei einer Warnmeldung und der Bitte zum Umstieg auf Bus und Bahn mehr Platz.“ Wenn Hermann und Kuhn nicht mehr unternähmen, dann würden die Grenzwerte nicht vor 2030 eingehalten, so der Umweltverband.

In Hermanns Ministerium wird geprüft, ob Landesbeschäftigte, die in Umweltzonen arbeiten, einen Zuschuss zu einem der von Bahn und Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) angebotenen Jobtickets erhalten könnten. Stuttgarts Verwaltung hatte 2014 einen Zuschuss von je nach Zonenzahl 15 und 29 Euro pro Monat eingeführt und rund damit rund 4000 neue Fahrgäste für den öffentlichen Nahverkehr gewonnen.

In Stuttgart rollten 2014 mit behördlicher Ausnahmegenehmigung noch 419 Fahrzeuge ohne grüne Umweltplakette, davon 237 aus anderen Landkreisen. Insgesamt 303 waren Nutzfahrzeuge. Die Ausnahmen sind teils nur kurzfristig gültig, zum Beispiel um Handwerkeraufträge zu erledigen. 2010 waren 4200 Genehmigungen erteilt worden.

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