Seit diesem Jahr gibt es auf der Rems eine offizielle Kanuroute, die sich auch für Familien eignet. Foto: Gottfried Stoppel

Seit diesem Jahr gibt es die Möglichkeit, auf der Rems zu paddeln. Die offizielle Kanutour zwischen Endersbach und Waiblingen soll den Fluss erlebbarer machen. Tatsächlich ermöglicht sie neue Perspektiven und aufregende Tierbegegnungen – eine Testfahrt.

Kanufahren - Die Rollen sind fest verteilt: Die Mutter muss vorne paddeln, der Vater hinten lenken, sonst würde das Kanu im Gebüsch landen. Die Kinder belegen die mittlere Bank und streiten sich wie immer darüber, wer jetzt genau wen nass gespritzt hat.

Die Tour auf der Rems ist nicht der erste Familienausflug auf dem Wasser. In Frankreich und auf der mecklenburgischen Seenplatte haben wir schon Erfahrung mit dem Kanufahren gesammelt. Der Ehemann ist skeptisch: Ob die Rems mit dem wildromantischen Herault in Südfrankreich mithalten kann?

Bisher hat der Fluss sich nicht gerade als Kanuparadies aufgedrängt. Auch als Remstal-Bewohner kommt man nicht zwangsläufig in Berührung mit dem Fluss, der oft zwischen hohen Dämmen verschwindet und kaum zu sehen ist. In weiten Teilen ist die Rems unzugänglich und damit auch irgendwie unattraktiv.

Zwei Wehre müssen umtragen werden

Mit der Gartenschau hat die Rems zum ersten Mal eine offizielle Kanuroute bekommen – mit dem Ziel, den Fluss erlebbarer zu machen. Die Strecke führt von Weinstadt-Endersbach nach Waiblingen, um zwei Wehre müssen die Kanus unterwegs getragen werden. Beziehungsweise gerollt: Der Kanuverleih „Die Zugvögel“ gibt kleine Wagen mit, die dabei behilflich sind. Es ist aber auch möglich, eine Rundtour zu buchen, bis zum ersten Wehr zu fahren und dort wieder umzudrehen. Wir entscheiden uns für diese Variante, „allerdings haben wir schon von vielen Familien gehört, dass es einfacher als gedacht ist, die Boote um die Wehre zu rollen“, erzählt Anna Bröll, die Inhaberin der Zugvögel.

Bereits seit vielen Jahren haben die Kanuten die Rems als Ziel im Blick gehabt. Wenig Strömung machen sie zu einem guten Fluss für Anfänger. „Sie ist ein lieblicher Nebenfluss des Neckars, es fahren keine Motorboote, und sie ist sogar mit der S-Bahn zu erreichen“, zählt Anna Bröll auf. Sie freut sich darüber, dass zur Gartenschau die nötige Infrastruktur mit Ein- und Ausstiegsstellen geschaffen wurde. Die Zugvögel sind der einzige Verleiher, ihre Station befindet sich im Endersbacher Wohngebiet Trappeler, wenige Meter von der Rems entfernt.

Wir besteigen unser Kanu nach einer Einweisung an der Birkel-Brücke und sind ganz dankbar, dass uns Kanuguide Jörg noch ein paar Tipps mit auf den Weg gibt: „Haltet euch zuerst links und nach der Brücke rechts, sonst wird es zu flach.“ Am Anfang müssen wir kaum paddeln, das Wasser hat eine gute Strömung. Unter uns sind Steine und Wasserpflanzen zu sehen, wir müssen aufpassen, dass wir nicht stranden. Es geht unter der Stuttgarter Holzbrücke durch, am Kaminhaus vorbei, und dann schippern wir schon aus dem Ort hinaus. Eine Jugendgruppe hinter uns auf dem Fluss lässt sich Zeit, und wir sind tatsächlich ganz allein unterwegs.

Der blaue Flitzer entpuppt sich als Eisvogel

Libellen und Schmetterlinge tanzen über dem mittlerweile sehr ruhigen und tiefen Wasser. Hohe Bäume werfen ihre Schatten, vom Steilufer ragen Büsche in den Fluss. Aus einem zischt plötzlich ein blauer Umriss hervor und verschwindet einige Meter weiter wieder im Geäst. Leise paddeln wir dorthin, doch der Eisvogel ist schneller. Immer wieder bekommen wir das blaue Glitzern zu sehen, wenig später entdecken wir sogar zwei der schillernden Vögel. Etwas weniger flink sind dagegen einige huhnartige Geschöpfe, die unter den Büschen an der Uferkante des Flusses sitzen und uns nebenbei auch ihre Jungvögel zeigen.

Immer mal wieder ist die Bundesstraße zu hören, hinwegsehen muss man auch über den Plastikmüll, der sich vermutlich beim letzten Hochwasser in den Ästen verfangen hat. „Wir befinden uns nun einmal mitten im Ballungsgebiet und nicht in der Wildnis“, sagt Anna Bröll. Doch dafür ist die Fahrt wirklich sehr idyllisch. Wo wir sind, ist vom Fluss aus gar nicht einmal so leicht herauszufinden – durch die Dämme ist von der Außenwelt kaum etwas zu sehen. Dafür: grün, soweit das Auge reicht. Bei der Rialtobrücke wissen wir, dass der Ort auf der rechten Seite wohl Beinstein ist.

Wenig später ist in der Ferne das erste Wehr zu erspähen. Wir drehen nach etwa 30 Minuten um und stärken uns mit einer Brezel für die Rückfahrt. Dort begegnen wir der Jugendgruppe, ansonsten haben wir den Fluss immer noch für uns. Das dürfte in diesem Sommer allerdings Seltenheitswert haben: „Es läuft viel besser als geplant. Wir freuen uns, dass die Leute so begeistert sind“, sagt Anna Bröll und erzählt, dass die Kanustation über die Gartenschau hinaus bestehen bleiben wird. „Vielleicht können wir die Strecke ja irgendwann bis Winterbach erweitern und noch mehr Strecken anbieten“, hofft die Tourismusmanagerin.

Was ihr selbst am Kanufahren gefällt? „Die sanfte Bewegung über dem Wasser, das schöne Naturerlebnis. Und nebenher betätigt man sich noch ein bisschen sportlich“, erzählt sie. Sportlich wird es für uns am Ende der Tour. Die Strömung ist stärker, wir müssen kräftig paddeln, um vorwärtszukommen. Und dann heißt es, das schwere Kanu wieder zur Verleihstation zu tragen. Das nächste Mal greifen wir vielleicht doch zum Bootswagen. Und dann darf es auch bis Waiblingen gehen.

Kanuverleih

Die Station befindet sich an der Birkelstraße in Weinstadt. Eine Buchung über das Internet ist aufgrund der großen Nachfrage empfohlen. Die Station ist in der Regel von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Je nach Witterung ist das Kanufahren bis in den Oktober hinein möglich.

Mehr Informationen auf der Webseite der „Zugvögel“.