Nicht Volleyball-Netze sind derzeit in der Sporthalle in Esslingen-Zell gespannt, sondern Wäscheleinen. Die Asylbewerber, die momentan dort untergebracht sind, sollen nun länger bleiben Foto: Horst Rudel

Die Diskussion um den ausfallenden Sportunterricht am Berufsschulzentrum Zell gerät zur Abrechnung mit der Stadt Esslingen. Diese verfehlt nach Einschätzung des Landratsamts ihre Quote bei der Unterbringung von Asylbewerbern bei weitem.

Esslingen - Es ist schlecht, dass in der Sporthalle des beruflichen Schulzentrums in Esslingen-Zell seit Monaten Asylbewerber untergebracht sind. Schlecht für die 700 Schüler, die seit Beginn des Schuljahrs auf den Sportunterricht verzichten müssen, und noch schlechter für die 100 Flüchtlinge, die dort unter beengten Verhältnissen leben. Am schlechtesten aber für alle Akteure sind die Aussichten: An der Situation wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern.

„Wir lassen uns nicht auf verbindliche Termine festnageln, angesichts der täglichen Unwägbarkeiten bei der Zuweisung von neuen Asylbewerbern“, sagte der Esslinger Landrat Heinz Eininger vor dem Kultur- und Sozialausschuss des Kreistags. In dessen Sitzung am Donnerstag hatte die SPD-Fraktion das Thema auf die Tagesordnung gebracht. Die Sozialdemokraten wollten einen „Sachstandsbericht zur aktuellen Situation des Pflichtfachs Sport an den beruflichen Schulen in Esslingen-Zell“.

Der Hintergrund war die Befürchtung, die schon vor der Belegung sanierungsbedürftige Sporthalle müsse nach dem zweckfremden Einsatz endgültig abgerissen und ersetzt werden. „Weil so ein Planungsprozess dauert, sollten wir uns schon parallel zur Belegung Gedanken über einen möglichen Neubau machen“, begründete der SPD-Fraktionssprecher Michael Medla den Vorstoß. Dass auch die Freien Wähler die Frage Sanierung oder Neubau so schnell wie möglich geklärt haben wollten, provozierte den Widerspruch des Landrats. „Es gibt andere Notwendigkeiten“, sagte Eininger unter Hinweis auf die marode Sporthalle an der Philipp-Matthäus- Hahn-Schule in Nürtingen und das sanierungsbedürftige Esslinger Landratsamt.

Noch weiter in den Hintergrund rückte das ursprüngliche Ansinnen „Situation des Pflichtfachs Sport“, als die Rede auf die Ersatzstandorte kam, die die Stadt Esslingen für die in der Halle untergebrachten Asylbewerber in Aussicht gestellt hat. Der Hinweis darauf war Wasser auf die Mühlen des Landrats. „Die Stadt Esslingen erfüllt ihre Quote bei der Unterbringung schon jetzt bei weitem nicht“, grummelte Eininger.

Standortvorschläge halten einer Prüfung nicht stand

Inklusive der Plätze in der Sporthalle stünden für das Jahr 2015 bisher lediglich 277 Plätze zur Verfügung. „Das Aufnahmesoll jedoch beträgt rund 680 Plätze. Da muss man mal deutlich darauf hinweisen, dass kleinere Gemeinden wesentlich kooperativer sind“, so der Landrat. Was dagegen aus dem Esslinger Rathaus bisher an Standorten gemeldet worden sei, halte einer Prüfung in den seltensten Fällen stand.

Unterstützung bekam Eininger von Ellen Sturm, der Sachgebietsleiterin Bau im Landratsamt. Sie zerpflückte die vom SPD-Stadt- und Kreisrat Richard Kramartschik vorgelegte Liste der laut der Esslinger Stadtverwaltung „zeitnah zu realisierenden Vorschläge“ Punkt für Punkt.

Altlasten, Naturschutz, Bodendenkmal, Standfestigkeit, ungeklärte Zuständigkeiten, zu wenig Platz – nach dem Stegreif-Vortrag der Fachfrau waren von den ursprünglich sieben Esslinger Standortvorschlägen nur noch kleinteilige Bruchstücke übrig geblieben. Das Fazit von Ellen Sturm, „wir bekommen von der Stadt Esslingen in der Hauptsache Angebote, die nicht realisierbar sind“, kommentierte Eininger süffisant: „Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie das Thema angesprochen haben, Herr Kramartschik.“

Mühsam schaffte der Ausschuss daraufhin den Weg zurück zum eigentlichen Thema, ohne einer Lösung näher zu kommen. Wie es mit der Halle weitergeht, wird nun im Rahmen der Schulentwicklungsplanung diskutiert. Bis dahin werden statt der Volleyball-Netze weiterhin Wäscheleinen das Bild in der Sporthalle bestimmen.