Viele Menschen werden 70. Wenn Erwin Teufel das Alter erreicht, ist das aber etwas anderes. Am Freitag hat der ehemalige Ministerpräsident seinen runden Geburtstag gefeiert - wie erwartet auf seine ganz eigene Art.

SPAICHINGEN. Viele Menschen werden 70. Wenn Erwin Teufel das Alter erreicht, ist das aber etwas anderes. Am Freitag hat der ehemalige Ministerpräsident seinen runden Geburtstag gefeiert - wie erwartet auf seine ganz eigene Art.

Der Tag beginnt so, wie man das von Erwin Teufel erwartet. Nicht mit Fernsehinterviews, sondern mit dem Kirchgang. Spaichingen, Freitagvormittag: Der Jubilar hat einen kleinen Kreis an früheren Vertrauten eingeladen, darunter seinen ehemaligen Staatsminister Christoph Palmer, seinen damaligen CDU-Schatzmeister und heutigen Sparkassenpräsidenten Heinrich Haasis, Bundestagspräsident Norbert Lammert, Kultusminister Helmut Rau und Umweltministerin Tanja Gönner, seinen ehemaligen CDU-Generalsekretär Volker Kauder, den amtierenden CDU-Landtagsfraktionschef Stefan Mappus. Ihnen hat er einst vertraut, sie haben ihm vertraut. Sie alle kommen auf den Dreifaltigkeitsberg, sozusagen Teufels Heimathügel. Erst trifft man sich zum Gottesdienst in der Kapelle. Später geht's zum Mittagessen in den Klostersaal. Es gibt Flädlesuppe, gemischten Braten mit Spätzle. Bodenständig eben.

So wie Teufel ist und so wie er in seinen 14 Jahren als Ministerpräsident gerne Politik gemacht hat. Teufel ist ganz bei sich, das spüren die geladenen Gäste schon am Morgen. Dieser Tag, so sagt er, sei der Moment, um Danke zu sagen - an alle, die ihn stets unterstützt haben, die seine Arbeit und sein So-Sein schätzen. "Es war wunderschön", meint später einer der handverlesenen Besucher, "wir haben viel gesungen."

Seit Wochen war klar: Der 70. von Teufel, das wird kein rauschendes Fest, eher ein Treffen mit und unter Freunden. Und so hat er die Gäste, die den Tag mit ihm feiern (dürfen), eben selbst ausgewählt. Sein ehemaliger Widersacher, der amtierende Ministerpräsident Günther Oettinger, gehört nicht dazu. Ursprünglich wollte Oettinger - wie vor zwei Jahren beim 70. Geburtstag des früheren Ministerpräsidenten Lothar Späth - auch für Teufel in Stuttgart einen Empfang geben. Doch Teufel lehnte ab. So wie er es auch abgelehnt hatte, Ehrenvorsitzender der Südwest-CDU zu werden. "Er wollte sich nicht von denen feiern lassen, die ihn damals aus dem Amt gejagt haben", sagt ein Weggefährte Teufels, der am Freitag mitfeiern darf. Zur Erinnerung: Auf Druck einzelner Teile der Südwest-CDU um den damaligen Landtagsfraktionsvorsitzenden Oettinger hatte Teufel im Oktober 2004 seinen Rückzug angekündigt. In einer parteiinternen Mitgliederbefragung um seine Nachfolge setzte sich Oettinger dann gegen Teufels Favoritin Annette Schavan durch und wurde 2005 neuer Ministerpräsident.

Allein, so lange das auch her ist, die Wunden sind nicht verheilt. Am Freitag sagt das niemand offiziell, aber es ist spürbar. Nicht nur, weil Nachfolger Oettinger nicht eingeladen ist und sein Staatssekretär Hubert Wicker sowie Wirtschaftsminister Ernst Pfister die Landesregierung am Abend beim offiziellen Festakt vertreten. Es sind auch die Zwischentöne, die deutlich machen, dass hier ein Politiker einer anderen Generation gefeiert wird, einer, den viele als Landesvater noch heute gerne im Amt in Stuttgart sehen würden. Spaichingens Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher nennt Teufel "einen Ehrenmann im Sinne des Wortes", einen Menschen, "der Sensationen anderen überlässt und lieber arbeitet", einen, "der sich nicht in Stuttgart, sondern hier in seiner Heimat feiern lässt". Auch Emil Maser, Bürgermeister in Teufels Geburtsstadt Zimmern ob Rottweil, hebt das hervor. Teufel gebührten "Respekt und hohe Anerkennung" für seine Lebensleistung. Und Franz Schuhmacher, Teufels enger Freund seit dessen Zeit als damals 25-jähriger Bürgermeister von Spaichingen, macht in nur wenigen Worten klar, was den Politiker und Menschen Teufel auszeichnet - nämlich Klugheit und Verlässlichkeit, Gerechtigkeit und die Fähigkeit maßzuhalten. "Wenn es diese Tugenden nicht gebe, man müsste sie für Erwin Teufel erfinden."

Und der Jubilar? "Mein Herz ist mit Freude und Dankbarkeit erfüllt", sagt er, als er zum Abschluss des langen Geburtstages in der Stadthalle vor 300 Gästen ans Mikrofon tritt. Ja, er habe sich bewusst dazu entschieden, in Spaichingen zu feiern, auch wenn er sich als Weltbürger empfinde. "Aber hier sind meine Wurzeln." Und gerade in Zeiten der Globalisierung brauche "jeder Mensch eine Heimat". Wer will, mag darin die versteckte Mahnung an die Regierenden in Stuttgart und Berlin hören, nicht die Bodenhaftung zu verlieren, sondern darauf zu achten, wie der Bürger tickt. Teufel jedenfalls scheint mit sich im Reinen. "Ich liebe unser Land", sagt er und wird mit rauschendem Beifall, schmissiger Blasmusik und wenig später, als es draußen schon dunkel ist, von den Bürgerwehren Baden-Württembergs gefeiert. Er ist ihr Ehrenkommandant, an diesem Abend aber ehren sie ihn - mit einem Großen Zapfenstreich, ganz bodenständig also. So wie Teufel eben ist.