Die Leistungsumfänge der gesetzlichen Krankenkassen werden oft unterschätzt. Foto: dpa/Jens Kalaene

Privat oder gesetzlich krankenversichert zu sein, ist keine Entscheidung, die man schnell und unüberlegt treffen sollte. Das Für und Wieder muss sorgfältig bedacht werden. Hier einige Tipps, auf die Sie unbedingt achten sollten.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach rechnet angesichts des Milliardenlochs bei den gesetzlichen Krankenversicherungen mit leicht steigenden Beiträgen.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen erwarten nach abgesicherten Finanzen 2023 wieder ein Defizit im nächsten Jahr. Der Spitzenverband rechnet mit einer Lücke zwischen 3,5 Milliarden und 7 Milliarden Euro. Ohne Maßnahmen zum Gegensteuern würde daraus rechnerisch ein Anstieg beim durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 0,2 bis 0,4 Prozentpunkten resultieren.

Für wen lohnt sich eine private Krankenversicherung?

Angestellte mit einem Brutto-Gehalt von mehr als 64 350 Euro im Jahr (monatlich 5 362,50 Euro) können häufig wählen, ob sie freiwillig in der gesetzlichen Krankenkassenversicherung (GKV) bleiben oder eine private Krankenvollversicherung (PKV) abschließen.

Selbstständige und Beihilfeberechtigte (wie Beamte) können unabhängig von der Einkommenshöhe in die private Krankenversicherung (PKV) wechseln.

Haben Beamte bei der Krankenversicherung eine Sonderstellung?

Ja. „Wirklich sinnvoll“ sei eine PKV „nur für Beamte und ihre Familien, weil sie von ihrem Dienstherrn Beihilfe bekommen“, sagt Harald Peschken, Präsident des Bundesverbands der Versicherungsberater.

Das bedeutet: Beamte erhalten als sogenannte Beihilfeberechtigte einen Zuschuss von mindestens 50 Prozent zu den Krankheitskosten wie etwa Behandlungen, Medikamente oder Krankenhausaufenthalte. Die Krankenversicherung muss also nur für den restlichen Teil der Ausgaben aufkommen. Dadurch sind ihre Beiträge sehr günstig und bleiben das auch, wenn die Beamten in Pension gehen. Denn im Alter zahlt der Dienstherr weiterhin die Beihilfe.

Alle anderen sollten sich einen Wechsel in die private Krankenversicherung gut überlegen, rät Peschken. „Im ersten Moment wirkt die Absicherung in der PKV oft billiger als bei den Krankenkassen. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt im Leben ist die private Krankenversicherung eigentlich immer teurer als die gesetzliche.“

Was macht die Entscheidung für einen Wechsel so schwierig?

Die Entscheidung, ob GKV oder PKV ist eine Entscheidung auf sehr lange Sicht. Die Entscheidung hängt von vielen individuellen Faktoren ab:

  • Will man eine Familie haben?
  • Will man Single bleiben?
  • Hat man Kinder?
  • Liegen chronische Erkrankungen vor?
  • Will man beim Beitrag Geld sparen?
  • Der wichtigste Tipp lautet: Keine vorschnellen Entscheidungen treffen! Lassen Sie sich ausführlich beraten!

Was sind mögliche Nachteile einer privaten Krankenversicherung?

Privatpatient zu sein, ist bei Arztbesuchen und bei Klinikaufenthalten sicher von Vorteil. Aber man sollte auch die potenziellen Risiken einer solchen Entscheidung bedenken:

  • Alter: Wer jung ist und sehr gut verdient, kann in der privaten Krankenversicherung viel Geld sparen. Mit zunehmendem Alter aber steigen die Beiträge oftmals stark an.
  • Einkommen/Beiträge: In der gesetzlichen Krankenkasse richtet sich die Beitragshöhe prozentual nach dem Einkommen. Verdient man wenig, zahlt man wenig. In der privaten Krankenversicherung hingegen spielt die Höhe des Einkommens bei der Beitragsberechnung keine Rolle. Hier wird die Höhe der sogenannten Prämie (der Beitrag) im jeweiligen Tarif auf Basis der entstandenen Kosten berechnet. Je älter und kränker die Versicherten im jeweiligen Tarif sind, desto höher fällt auch der Beitrag aus.
  • Familie: In der privaten Krankenversicherung müssen sich Kinder und der nicht erwerbstätige Ehepartner extra versichern. Das heißt: Es werden mehrere Beiträge für die Familienmitglieder fällig – und das kann richtig teuer werden. In der gesetzlichen Krankenversicherung hingegen sind Ehepartner und Kinder mitversichert.
  • Kosten: Wer in jungen Jahren in die private Krankenversicherung wechselt, um beim Beitrag zu sparen, hat ab dem 55. Lebensjahr kaum noch eine Chance, in die dann kostengünstigere GKV zu wechseln.

Wie ist es mit Selbstständigen?

Viele Erwerbstätige, die als Selbstständige arbeiten, können sich privat krankenversichern. Wer allerdings als Selbstständiger nur durchschnittlich verdient oder mit starken Einkommensschwankungen rechnen muss, sollte sich die Entscheidung gut überlegen.

Im Übrigen können auch gesetzlich Krankenversicherte eine Zusatzversicherung abschließen und etwa im Krankenhaus ein 1-Bett-Zimmer oder eine Behandlung durch den Chefarzt mit einer privaten Zusatzversicherung hinzubuchen.

Wie lautet das Fazit?

Wer sich privat versichern möchte, sollte keine Kinder planen und ein dauerhaft hohes Einkommen oder Vermögen haben. Nur so lassen sich auch die hohen Beiträge im Alter noch finanzieren. Für alle anderen ist die gesetzliche Krankenversicherung in der Regel besser geeignet.

Info: Vor- und Nachteile einer privaten und gesetzlichen Krankenversicherung

Beiträge Bei GKV richtet sich der Beitrag nach dem Bruttoeinkommen, bei der PKV sind allein Alter und Gesundheitszustand ausschlaggebend. Wer mehr verdient, zahlt auch mehr bis zur Beitragsbemessungsgrenze, die seit 1. Januar 2023 bei 59 850 Euro jährlich liegt. Alles darüber ist beitragsfrei.

Wechsel Wer sich für die PKV entscheidet, ist oft lebenslang an sie gebunden. Eine Rückkehr in die gesetzliche Kasse ist meist ausgeschlossen oder nur schwer möglich.

Familienstand Für Alleinstehende und kinderlose Eheleute, die beide berufstätig sind, kann es unter finanziellen Gesichtspunkten sinnvoll sein, in eine private Krankenversicherung zu wechseln.

Erkrankungen Vorerkrankungen oder auch ein bestimmtes Alter können zu Risikozuschlägen und -ausschlüssen oder einem höheren Beitrag führen.

Einsparungen Das Geld, das man in jungen Jahren durch die PKV-Beiträge spart, sollte man fürs Rentenalter zurückgelegen. Denn dann steigen die Beiträge definitiv deutlich – auch mit Eintritt ins Rentenalter.