Schon vor der Eröffnung hat sich am Woolworth in der Wilhelm-Galerie eine Schlange gebildet. Foto: Simon Granville

An kaum einem Ort in der Ludwigsburger Innenstadt wechseln die Händler derzeit so oft wie in der Kirchstraße. Aber auch andernorts eröffnen neue Geschäfte – etwa in der Wilhelm-Galerie.

Die ersten Kunden stehen am Donnerstag bereits um 8.45 Uhr vor dem Eingang der neuen Woolworth-Filiale im Obergeschoss der Wilhelm-Galerie. Wenige Minuten später, ist die Schlange doppelt so lang. Die Mitarbeiter warten bereits drinnen oder vor dem Eingang. Neben ihnen steht ein Moderator, der die Woolworth-Eröffnung begleitet. Um 8.50 Uhr ruft er ins Mikrofon: „Gleich ist es so weit. Gleich eröffnet die Woolworth-Filiale in Ludwigsburg.“ Obwohl die Eröffnung offiziell um 9 Uhr stattfinden sollte, schneidet eine Mitarbeiterin das Band bereits acht Minuten vorher durch – und eröffnet damit den neuen Laden.

Ärzte sind für Apotheken überlebenswichtig

Ganz so groß wie vor wenigen Wochen in Backnang ist der Ansturm auf den neuen Einzelhändler nicht, trotzdem erhofft sich die Stadt einiges von ihm. „Es gibt definitiv viele Kunden, die sich auf dieses Angebot freuen“, so Citymanager Markus Fischer vom Ludwigsburger Innenstadtverein (Luis). „Grundsätzlich gehören auch große Ketten zu einer abwechslungsreichen Innenstadt dazu.“ Neben dem Discounter kann die Wilhelm-Galerie demnächst einen weiteren Neuankömmling begrüßen. Voraussichtlich Anfang April zieht die Mylius-Apotheke aus der Kirchstraße in die Räumlichkeiten der Gesundhaus-Apotheke im Erdgeschoss.

„Wir erwarten in der Wilhelm-Galerie eine Kundenfrequenz, die fast doppelt so hoch ist wie in der Kirchstraße“, sagt der Apotheker Alexander Meyer. „Dazu hat die Apotheke in der Galerie einen erstklassigen Standort direkt am Eingang.“ 18 Jahre lang war die Mylius-Apotheke fester Bestandteil des Angebots in der Kirchstraße. Die Kundenzahlen seien immer konstant gewesen, aber eben auch immer niedriger als etwa am Standort Schillerplatz. „In der Kirchstraße laufen viele Menschen einfach vorbei“, sagt Fischer. „Außerdem sind dort die Apotheken am Marktplatz sehr nahe.“

Und noch ein weiterer Faktor bereitet der Apotheke in der Kirchstraße Probleme: Es haben sich dort kaum Ärzte niedergelassen. Die aber sind für die Apotheken überlebenswichtig. Etwa 70 Prozent des Umsatzes machen rezeptpflichtige Medikamente aus. Und weil es in der Kirchstraße nur wenige Mediziner gibt, kämen dort auch nur wenige Rezepte an. „Den Leuten sind kurze Wege wichtig“, erklärt Meyer. „Viele haben ihre typischen Laufwege durch die Innenstadt und weichen davon nur ungern ab.“

„Wir hatten längere Leerstände, die wir alle schließen konnten“

Auch bei der Stadt ist man sich dessen bewusst. „In Stadtteilen oder Orten mit nur einem Arzt, gibt es oft überhaupt keine Apotheken mehr“, sagt Frank Steinert, der Leiter der städtischen Wirtschaftsförderung. „Es rechnet sich dann einfach nicht mehr.“ Generell seien Ärzte eine elementare Grundlage für das Angebot in jeder Innenstadt. „Aber wir nehmen auch da eine gewisse Konzentration wahr. Die Ärzte sind auf dem Rückzug.“ Dass die Mylius-Apotheke aus der Kirchstraße in die Wilhelm-Galerie umziehe, sei schade, stand sie dort doch fast zwei Jahrzehnte wie ein Fels in der Brandung. „Dennoch ist unsere Versorgung mit Apotheken im Stadtgebiet weiter sehr gut.“

Die Kirchstraße ist einer der Orte in Ludwigsburg, an dem es in jüngster Zeit generell viel Bewegung gibt. Aus Sicht der Stadt aber in erster Linie solche von positiver Natur. „Wir hatten längere Leerstände, die wir alle schließen konnten“, sagt Steinert. Denn auch, wenn es momentan nicht so aussieht, und einzelne Räumlichkeiten unverändert leer wirken – vermietet sind sie nach Auskunft der Stadt alle. „Es wirkt nur sehr geballt, weil sich fast alles im westlichen Abschnitt der Kirchstraße abspielt.“

In den ehemaligen Verkaufsräumen der Optikerkette Smarteyes soll beispielsweise demnächst ein Café eröffnen. Und auch dort, wo Umzüge anstehen, ob nun in der Mylius-Apotheke oder beim Atelier Zierde, liefen mindestens schon Gespräche über mögliche Nachfolger.

Noch stehen in der Kirchstraße Geschäfte leer, vermietet seien sie aber alle. Foto: avanti/Ralf Poller

„Es gibt immer Bewegung in Innenstädten“, weiß der Leiter der Wirtschaftsförderung. „Oft ist das gut, es bedeutet, dass etwas Neues entsteht.“ Andererseits registriere auch er, dass nach der Pandemie einige Händler mit steigenden Kosten und anderen Herausforderungen zu kämpfen hätten. „Das beschränkt sich aber nicht auf die Kirchstraße, auch in der Eberhardstraße oder der Myliusstraße gibt es Wechsel.“ So zieht beispielsweise der Alnatura ins neue Sparkassen-Areal in der Schillerstraße.

Das erste Quartal im neuen Jahr ist bald vorbei, der Januar gelte dabei generell als der ruhigste Monat im Geschäftsjahr, erklärt der Citymanager Markus Fischer. „Das ist aber nicht so schlimm, das Weihnachtsgeschäft wurde insgesamt sehr positiv wahrgenommen und so kann man mal durchatmen.“ Im Moment profitierten die Händler außerdem davon, dass es ungewöhnlich warm sei. Eigentlich eine Binse, für Einzelhandel und Gastronomie einer Stadt aber wichtig: Je besser das Wetter wird und je wärmer die Temperaturen, desto voller wird auch wieder die Innenstadt. „Das können wir jetzt schon an den Sonnentagen deutlich sehen.“